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07. Mai 2024

Wenig naturnaher Zustand

Defizite im ökologischen Zustand Schweizer Bäche

Die Untersuchung von 99 Schweizer Bächen zeigt: Die Mehrheit weist wesentliche Defizite beim ökologischen Zustand auf und kann ihre Funktion als Lebensraum für Tiere nur eingeschränkt erfüllen. In über 70% der untersuchten Gewässer fehlen Insektenlarven und andere Kleinlebewesen, die empfindlich auf Pestizide reagieren. Statistische Auswertungen deuten darauf hin, dass diese Organismen insbesondere dann beeinträchtigt werden, wenn die Struktur und Morphologie des Bachbetts verändert wurde oder wenn der Anteil an Landwirtschaftsflächen im Einzugsgebiet hoch ist.

Kleine Bäche und Flüsse bilden den grössten Teil des 65'000 km langen Gewässernetzes der Schweiz, und sie beherbergen eine vielfältige Fauna. Um ein differenziertes Bild über den ökologischen Zustand der Schweizer Bäche zu erhalten, wurden in einer Studie der VSA-Plattform Wasserqualität und der Universität Zürich wurden 99 Bäche des Mittellandes, Teilen des Juras und der Talebenen grösserer Täler beprobt. Die Untersuchung zeigte: Viele dieser Gewässer sind stark von menschgemachten Beeinträchtigungen betroffen. Fast ein Viertel, so die Studie, ist eingedolt oder es wurden andere Veränderungen an der Struktur der Bachbetten vorgenommen. Zudem sind die Bäche in stark landwirtschaftlich genutzten Einzugsgebieten oft durch Pestizide belastet.

Nur etwa 20 Prozent in naturnahem Zustand

Die Untersuchungen des Makrozoobenthos und der Fische zeigen, dass die in früheren Studien dokumentierten grossen Belastungen kleiner Fliessgewässer mit Pestiziden aus der Landwirtschaft zum Fehlen von empfindlichen Insekten in den Gewässern führen. Die Mehrheit der untersuchten Bäche soll deswegen ihre Funktion als Lebensraum für Tiere nur eingeschränkt erfüllen können. An knapp 80% der Stellen sei eine Beeinträchtigung dieser Wasserlebewesen durch menschliche Einflüsse sichtbar. Nur an etwa 20% der Stellen ist die Lebensgemeinschaft naturnah und standortgerecht.

Insektenbestand stark gestört

Die Studie bestätige somit, so die Autoren Christiane Ilg und Roman Alther, dass die Insektengemeinschaften in einem grossen Teil der Schweizer Bäche mit einer zu hohen Pestizidbelastung und einem schlechten ökomorphologischen Zustand stark gestört sind. Sie unterstreiche damit die Dringlichkeit von Massnahmen zum Schutz und zur Aufwertung dieser Gewässer. Eine Reduzierung der menschlichen Einflüsse sei entscheidend, um die Lebensräume für Tiere zu erhalten und die Biodiversität zu schützen.

Auswahl der Bäche und Indikatoren

Die Auswahl der Bäche für die Studie sollte ein möglichst unterschiedliches Ausmass menschlicher Einflüsse abdecken. Als Indikatoren für die Beurteilung wurden Fische und Makrozoobenthos gewählt. Unter Makrozoobenthos werden mit blossem Auge sichtbare, wirbellose Organismen am Gewässergrund zusammengefasst. Einzelne Arten dieser Gemeinschaft reagieren sehr empfindlich gegenüber Veränderungen in ihrer Umwelt, zum Beispiel auf Schadstoffe oder Verbauungen im und am Gewässer oder auf die Landnutzung im Einzugsgebiet. Die Diversität der kleinen Tiere ermöglicht daher wichtige Rückschlüsse auf die Wasser- und Gewässerqualität.

Autoren:
  • Christiane Ilg, VSA-Plattform «Wasserqualität»
  • Roman Alther, Universität ZĂĽrich und Eawag
Originalpublikation:

Ilg, C.; Alther, R. (2024) Ökologischer Zustand von Schweizer Bächen. Die meisten der untersuchten Bäche erfüllen ihre Rolle als Lebensraum für Tiere nur eingeschränkt, Aqua & Gas, 104(4), 46-52.

Links:

Nationale Beobachtung Oberflächengewässerqualität (NAWA)

Quelle:

Medienmitteilung der Eawag

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