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06. Juni 2018

Wasseraufbereitung

Neues Verfahren eliminiert hormonelle Mikroschadstoffe aus Abwasser

Hormone und andere Mikroschadstoffe gefährden die Gesundheit, wenn ihre Rückstände über das Trinkwasser in den Körper gelangen. Breit einsetzbare Lösungen zu ihrer Beseitigung gibt es bislang aber nicht. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat nun, wie es in einer Medieninformation schreibt. ein Verfahren entwickelt, mit dem Hormone schnell und energieeffizient aus dem Abwasser eliminiert werden können.

„Die Verunreinigung des kommunalen Trinkwassers mit Mikroschadstoffen könnte sich zu einer der grössten Herausforderungen für den Schutz unserer Gesundheit und Umwelt entwickeln“, erklärt Professorin Andrea Schäfer von der Membrantechnologie am Institut für funktionelle Grenzflächen (IFG). Die Expertin und ihr Team führen Studien zur Beseitigung der Hormone Estrone, Estradiol, Progesteron und Testosteron durch. Ihr Anteil in einem Liter Wasser, in das behandelte Abwässer eingeleitet werden, beträgt rund 100 Nanogramm. „Das gleicht der Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen,“ sagt Andrea Schäfer: „Und doch sind diese Hormone in solchen Konzentrationen wirksam“. Die geringe Konzentration und Grösse der Hormon-Moleküle erschweren nicht nur ihren Nachweis mittels analytischer Verfahren, sondern vor allem auch ihre Beseitigung.

Ein neues, in der Membrantechnologie entwickeltes Verfahren verbindet die Vorteile der Bindung (Adsorption) von Mikroschadstoffen durch eine von einem Industriepartner gefertigte Aktivkohle mit denen der Ultrafiltration von Schadstoffpartikeln durch eine semipermeable Membran. In einem integrierten System wird das Abwasser zunächst durch eine Polymermembran „gedrückt“, die Mikroorganismen und grössere Verunreinigungen herausfiltert. Dahinter liegt eine Schicht aus spezieller Aktivkohle, die ursprünglich für Luftfilter entwickelt wurde. Ihre Oberfläche hat nicht nur eine besondere Affinität gegenüber Hormonen, das heisst die Kohlenstoff- und Hormonmoleküle gehen leicht Verbindungen ein, sondern sie bietet auch die Kapazitäten, um grosse Wassermengen durchfliessen zu lassen und viele Moleküle zu binden. Dies alles geschieht mit sehr viel weniger Energie als bei Alternativverfahren wie der Umkehrosmose.

«Die spezielle Konfiguration aus aktiviertem Kohlenstoff und einer Polymermembran ist wasserabweisend, erlaubt dank der grossen spezifischen Oberfläche der eingesetzten Kohlenstoffpartikel einen hohen Wasserdurchfluss und sie arbeitet schnell und energiesparsam,» fasst Andrea Schäfer die Vorteile zusammen. Die Adsorptionsschicht ist mit rund zwei Millimetern extrem dünn, sorgt aber für eine Beseitigung von Hormonmolekülen in einer realistischen Grössenordnung. In Laborversuchen hat sich gezeigt, dass mit diesem Verfahren bei einem Inhalt von neun Litern Wasser und einer sehr kleinen Membranfläche von 38 Quadratzentimetern 60 Prozent der hormonellen Schadstoffe eliminiert werden können. Abhängig von der Dicke der Adsorptionsschicht kann dieser Wert auf bis zu 90 Prozent steigen.

„Wir glauben, dass wir eine vielversprechende Technologie entwickelt haben, mit der wir bei der Elimination von hormonellen Mikroschadstoffen aus Wasser einen grossen Schritt weite kommen,“ betont Matteo Tagliavini, Doktorand in Schäfers Gruppe und Mitautor der aktuellen Publikation. Die Kompositmembran ist flexibel und in unterschiedlichen Modulen einsetzbar. Damit eignet sie sich sowohl für industrielle Grossanlagen als auch für Anwendungen in kleinerem Massstab bis hin zum häuslichen Wasserhahn. Dass das eingesetzte Material bereits zugelassen ist, erleichtert die Überführung des neuen Verfahrens in die Praxis. Ein erstes Industrieprojekt ist bereits in Planung.

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