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25. Juli 2018

Bestandesaufnahme

Kommt die grosse Dürre auch in der Schweiz?

Was bedeutet die derzeitige Trockenheit für Gewässer in der Schweiz? Müssen wir jetzt richtig Wasser sparen? Eine Bestandesaufnahme von Ende Juli 2018 vom Nordosten bis in den Südwesten der Schweiz zeigt, die Lage ist regional sehr unterschiedlich, aber die Versorgung mit Trinkwasser ist weiterhin gewährleistet.

Nach Auskunft des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) ist der Pegelstand der Flüsse derzeit stark unterdurchschnittlich. Eine Ausnahme bilden die Einzugsgebiete mit Gletscherschmelze. Insbesondere in der Zentral- und Ostschweiz registriert man derzeit sehr tiefe Abflüsse. An einigen kleineren und mittleren Flüssen misst man gar Niedrigwasserabflüsse, wie sie nur alle fünf Jahre auftreten, teilweise auch seltener. Und auch die grösseren Flüsse führen derzeit sehr wenig Wasser: In der Aare, der Reuss, der Limmat und im Hochrhein liegen die Abflussmengen nahe am saisonalen Tiefststand.

Bei den Seen werden derzeit am Genfer- und Thunersee, an den Jurarandseen sowie am Lago Maggiore derzeit durchschnittliche Wasserstände gemessen. Demgegenüber liegen die Pegel von Boden-, Vierwaldstätter-, Walen-, Zürich- und Zugersee derzeit auf sehr tiefem Niveau. Bei einigen Seen wurde im Juli ein neuer monatlicher Tiefststand registriert.

Infolge von Gewittern können kleine und mittlere Flüsse lokal und kurzzeitig stark ansteigen. Und in Kombination mit der Gletscherschmelze könnten diese Anstiege sogar sehr markant sein, so etwa in den stark vergletscherten Einzugsgebieten des Wallis. Die prognostizierten Niederschläge werden hier sogar die Niedrigwassersituation lokal vorübergehend ganz leicht entschärfen. Da bis Ende Juli oder gar Anfang August aber meist trockenes Wetter vorhergesagt ist, werden die Abflussmengen weiter sinken. Die Niedrigwassersituation wird sich akzentuieren.

Lokale Aufrufe zum Wasser sparen

Eine Kurzanalyse des SVGW von Ende Juli zeigt nun, dass die Situation punkto Wasser derzeit vor allem in der Ostschweiz prekär ist: Im Kanton Thurgau gilt aufgrund des fehlenden Niederschlags seit Mitte Juli ein Wasserentnahmeverbot für Oberflächengewässer. Vom Verbot ausgenommen sind der Bodensee, der Rhein sowie das Grund- und Quellwasser. Seit Beginn des Jahres habe es zu wenig geregnet, und in den vergangenen Wochen habe sich das Wasserdefizit im Kanton Thurgau noch verschärft. Deshalb habe das Departement für Bau und Umwelt entschieden, Wasserentnahmen aus Oberflächengewässern zu verbieten. Zur Normalisierung der Abflussverhältnisse in den Oberflächengewässern, so heisst es im Kanton Thurgau, seien in den kommenden Wochen «ausgiebige und lang andauernde Niederschläge» notwendig. Für die zweite Jahreshälfte sei sonst mit einer kritischen Situation für Quellerträge und für die Oberflächengewässer zu rechnen. 

Im Kanton St. Gallen sind mittlerweile mehrere kleine Bäche ausgetrocknet und die Fische wurden abgefischt. In weiten Teilen des Kantons sind die Wasserstände der Fliessgewässer und die Grundwasserstände dabei «so tief wie seit Jahren nicht mehr», heisst es in einer Mitteilung des Kantons.  Das heisse, trockene Wetter von Mitte Juli habe die Lage zudem weiter verschärft. Einige Abschnitte von Bächen sind bereits gänzlich ausgetrocknet. Die Versorgung mit Trinkwasser sei in der Ostschweiz jedoch sichergestellt. Das Amt für Wasser und Energie, das AWE in St. Gallen, bittet die Bevölkerung jedoch, das Wasser sorgsam zu nutzen. Vor allem in den Hang- und Berggebieten, die oft Wasser von kleineren Quellen bekommen, sollte das Wasser bewusst eingesetzt werden.

Im Kanton Graubünden profitierte die Landschaft vom ausreichenden Regen, regnete es doch Mitte Juli in weiten Teilen des Kantons anhaltend, aber nicht zu intensiv. Das Wasser hatte so Zeit, im Boden zu versickern und nicht gleich an der Oberfläche abzufliessen.

Kostbares Trinkwasser sparen

Im Kanton Zürich präsentiert sich die Lage eher angespannt: Wegen der Trockenheit haben bisher mehrere Zürcher Gemeinden ihre Bevölkerung zum Wassersparen aufgefordert. So teilte der Gemeinderat von Fehraltorf mit, dass der Grundwasserspiegel «einen sehr tiefen Stand» aufweise: «Der Trinkwasserbedarf kann daher nicht mehr mit den eigenen Ressourcen gedeckt werden.» Die Wasserversorgung Fehraltorf beziehe nun zusätzliches Trinkwasser aus zwei benachbarten Netzen, um eine ausreichende Wasserversorgung zu garantieren. Und um nicht noch mehr Fremdwasser beziehen zu müssen, seien alle Brunnen ausser Betrieb genommen worden. Zudem soll die Bevölkerung «beim Sparen des kostbaren Trinkwassers helfen». Denselben Appell hatte unter anderem schon der Gemeinderat von Hittnau Mitte Juli an die Einwohnerschaft gerichtet: «Es ist nicht die Meinung, dass Sie weniger duschen - es geht um den Wasserverbrauch im Freien.» Quellwasser zum Autowaschen oder zum Abspritzen des Vorplatzes zu verwenden, sei unter diesen Umständen eine Verschwendung. Grundsätzlich sei die Trinkwasserversorgung im Kanton Zürich aber «stets sichergestellt», meldet die Internetseite des Amtes für Abfall, Wasser, Energie und Luft (Awel). Dies dank einer «guten überregionalen Vernetzung und dem Zürichsee, dem fast unerschöpflichen Trinkwasserreservoir».

Und in Winterthur, der zweitgrössten Stadt des Kantons Zürich, ist der Wasserverbrauch aufgrund anhaltender Hitze und Trockenheit «aktuell stark erhöht». Trotzdem sei die Versorgung von Winterthur und der umliegenden Gemeinden mit Trink- und Brauchwasser gesichert, liest man auf der Internetsite der Stadt Winterthur. Dies sei vor allem «auf den sehr mächtigen Grundwasserstrom der Töss sowie auf kontinuierliche Investitionen in die Versorgungsinfrastruktur» zurückzuführen. Die geologischen Voraussetzungen hinsichtlich einer sicheren Wasserversorgung seien in Winterthur eben günstig: 97 Prozent des Trinkwassers gewinne das Stadtwerk Winterthur aus dem Grundwasserstrom der Töss. Dessen Mächtigkeit nehme «selbst in aussergewöhnlichen Hitzejahren» nur geringfügig ab. So gewährleiste der Grundwasserstrom der Töss trotz der zurzeit anhaltenden Trockenheit und des erhöhten Wasserverbrauchs eine sichere Trink- und Brauchwasserversorgung – sowohl der Stadt Winterthur als auch der neun umliegenden Partnergemeinden und der «Gruppenwasserversorgung Vororte und Glattal».

Etwas besser als in der Ostschweiz, sieht die Situation momentan im Schweizer Mittelland aus: Noch sei die Lage in der Landwirtschaft, zum Beispiel im Kanton Aargau, keine Katastrophe, aber die Trockenheit mache den Bauern Sorgen. Der Klimawandel zwinge sie zum Umdenken. Erstmals würden auch Höfe im Süden des Kantons Aargau in diesem Jahr unter der Trockenheit leiden. Im Freiamt, so war zu vernehmen, falle normalerweise genügend Regen. Schon jetzt habe aber die Weizen-Ernte im Kanton unter der Trockenheit gelitten, und jetzt müssten die Bauern auch noch um den Mais zittern. Noch nicht gefährdet sei die Obst- und Gemüseernte. Obstbäume sind tief in der Erde verwurzelt, und weil es im letzten Winter viel geregnet und geschneit hat, können die Obstbäume die Feuchtigkeit konservieren. Auch auf den Gemüsefeldern könne der wenige Regen noch ausgeglichen werden: Die Felder sind bewässert und bei fehlendem Regen helfen Wassersprenger oder andere Anlagen aus. Das Wasser dafür stamme aus Bächen und Flüssen in der Nähe der Felder. Probleme gäbe es dann, wenn auch die Bäche und Flüsse unter Trockenheit litten und wenig Wasser führten.

Bisher von den negativen Auswirkungen der Trockenheit weitgehend verschont blieb der Kanton Bern. «Hier ist die Situation momentan noch nicht alarmierend», heisst es beim zuständigen Amt für Wald. Und auch der Landwirtschaft macht die anhaltende Trockenperiode – zumindest bislang – noch nicht allzu sehr zu schaffen. Dennoch hat die regenarme Zeit auch im Kanton Bern einige Gewässer praktisch trockengelegt – im Emmental etwa den Röthenbach oder im Berner Oberland einen Zufluss der Zulg. Laut dem zuständigen Inspektorat mussten an beiden Orten Fische umgesiedelt werden, weil vom Gewässer nur noch ein Rinnsal übrigblieb. «Die vereinzelten Gewitter konnten die Lage jeweils etwas entschärfen», heisst es. Abgesehen davon kämen Notabfischungen fast in jeder Trockenperiode vor. Bei der Anzahl betroffener Fische handle es sich zudem nur um eine «tiefe vierstellige Zahl». Zum Vergleich: Im Hitzesommer 2003 mussten im ganzen Kanton Bern ungefähr 50'000 Fische gerettet werden.

Kritisch für Wasserlebewesen

Und weiter südwestlich in der Schweiz? Wie ist die Lage dort? Im Kanton Fribourg hat das Amt für Umwelt (AfU) ein allgemeines Verbot für Wasserentnahmen aus den Oberflächengewässern erlassen. Dieses Verbot trat Mitte Juli in Kraft, soll bis auf Weiteres gelten, wurde aber teilweise wieder aufgehoben. Es betrifft sämtliche Oberflächengewässer des Kantons mit Ausnahme der Saane, des Grand Canal, des Broyekanals sowie des Greyerzer-, Neuenburger- und Murtensees.  Ohne wesentliche Niederschläge in den letzten Sommermonaten und mit Temperaturen über der jahreszeitlichen Norm würden die Fliessgewässer derzeit sehr tiefe Abflüsse mit steigende Wassertemperaturen aufweisen, hiess es. «Die Situation für die Wasserlebewesen», so das Afu, «ist damit kritisch geworden.» Da  in den nächsten Tagen ausserdem keine bedeutenden Niederschläge in Sicht seien, welche die Situation verbessern würden, sehe sich das AfU gezwungen, ein allgemeines Verbot für Wasserentnahmen aus Freiburger Oberflächengewässern zu erlassen. Das Vorgehen sei dabei mit den Kantonen Bern und Waadt abgesprochen.

Erhebliche bis grosse Waldbrandgefahr herrscht zudem im Kanton Wallis. In den nächsten Tagen könnte damit die Feuergefahr und die Wasserknappheit in den kleineren und grösseren Flüssen wie Lonza, Vispa oder Morge noch weiter steigen. Ein Ende der Trockenperiode ist nicht in Sicht. Zwar sind einige lokale Gewitterschauer prognostiziert. Diese Niederschläge dürften aber nur kurzfristig für Abhilfe sorgen.

Verbote und Aufrufe

Und wie sieht das Bundesamt für Umwelt die Situation in der Schweiz? «Aufgrund der momentanen Trockenheit», so das BAFU, «kann es lokal Einschränkungen der Wassernutzung geben, dies vor allem an kleineren und mittleren Fliessgewässern sowie lokalen Grundwasservorkommen.» Kantone und Gemeinden könnten dabei Einschränkungen verfügen, etwa für die landwirtschaftliche Nutzung, oder auch Verbote und Aufrufe zum Wassersparen aussprechen. Dies sei in einigen Kantonen schon geschehen. «Mit einer flächendeckenden Wasserknappheit», so das Bafu, «ist zurzeit aber nicht zu rechnen. Als Wasserschloss Europas verfügt die Schweiz über grosse Wasserreserven.» 80 Prozent des schweizerischen Trinkwassers werde aus Grundwasser gewonnen, das erst mit einer Verzögerung von Wochen bis Monaten und deshalb weniger akut auf Trockenheit reagiere.»

 

Tipps des SVGW zum sorgsamen Wasserverbrauch

Ruft die eigene Gemeinde oder Wasserversorgung zum sorgsamen Wasserverbrauch auf, empfiehlt der SVGW folgende Tipps:

  • Instandhalten der technischen Einrichtungen
  • defekte Dichtungen (tropfender Wasserhahn) und lecke Leitungen ersetzen
  • Geschirrspüler und Waschmaschinen gut füllen
  • kurz Duschen statt Baden
  • auf Autowaschen verzichten
  • Bewässern: möglichst gezielt und dann abends/morgens
  • WC: Spartaste verwenden, wenn immer möglich (benötigt viel Wasser anteilsmässig)

 

«Und nicht vergessen, immer reichlich kühles Trinkwasser trinken!»

 

Einige Kennzahlen von Wasserverbräuchen
  • Wasserverbrauch beim Duschen oder Baden:
    • Sparbrause: 9 Liter/Minute, ca. 40 Liter pro Dusche
    • Maximalbrause: bis 18 Liter/Minute
    • Vollbad: zwischen 160 und 200 Liter

  • Tropfender Wasserhahn: bis 20 Liter pro Tag
  • Waschmaschine: 30-40 Liter pro Waschgang
  • Geschirrspüler: 14-15 Liter pro Waschgang
  • WC-Spülung: Kurzspülung 3 Liter, Vollspülung 9 Liter

 

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