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04. Juni 2025

Wasserstoffökonomie

Grüner Wasserstoff aus Afrika deutlich teurer als angenommen

Der Kontinent Afrika wird als möglicher Ort für die zukünftige Herstellung von günstigem grünem Wasserstoff angesehen. Eine Studie unter der Leitung der Technischen Universität München zeigt jetzt auf, dass die bisherigen Berechnungen der Produktionskosten in Afrika häufig zu optimistisch sind. Nur 200 von 10 000 untersuchten Standorten können für den Export nach Europa konkurrenzfähig werden, wenn es europäische Abnahme- und Preisgarantien gibt.

Grüner Wasserstoff wird als wichtige Komponente für eine klimafreundliche Industrieproduktion betrachtet. Es werden Hoffnungen auf afrikanische Küstenstaaten mit guten Sonnen- und Windverhältnissen als Produktionsstandorte für den Export gelegt. Forschenden der Technischen Universität München (TUM), der University of Oxford und der ETH Zürich soll bei der Analyse der Projekte aufgefallen sein, dass die Kostenkalkulationen oft sehr unpräzise sind, weil meist mit pauschalen Finanzierungskosten gerechnet wird. Deshalb hat ein Forschungsteam der drei Universitäten eine neue Berechnungsmethode für die Finanzierungskosten von Produktionsanlagen entwickelt. In einer Studie wurden vier Szenarien untersucht, in denen die Leitzinssätze entweder hoch oder niedrig sind und in denen entweder die Betreibenden die Investitionsrisiken vollständig selbst tragen oder die Politik Preis- und Abnahmegarantien für den Grünen Wasserstoff gibt. Im Gegensatz zu den bisherigen üblichen Modellen, die von vier bis acht Prozent Zinsen auf die Finanzierungssumme ausgehen, berechnete das Forschungsteam laut eigenen Angaben eine Spannweite zwischen acht und 27 Prozent beim aktuellen Zinsumfeld. Vor diesem Hintergrund ergab die Studie, dass der Preis pro kg Wasserstoff im besten Fall bei drei Euro liegen könnte. Ein Preis, der auch in Europa schon erreicht werden soll.

Mit oder ohne Garantien aus Europa

In der Studie wurde berechnet, wie viel der in Afrika produzierte grüne Wasserstoff beim Export nach Europa kosten würde. Müssten die Betreibenden beim aktuellen Zinsniveau das Investitionsrisiko selbst tragen, läge der tiefste mögliche Preis auf dem Kontinent bei knapp fünf Euro für ein Kilogramm Wasserstoff. Würden die europäischen Staaten Garantien geben und gleichzeitig das Zinsniveau sinken, so die Studie, würde sich der niedrigste mögliche Preis auf gut drei Euro reduzieren. Laut den Autoren würden afrikanische Staaten selbst unter diesen günstigen Voraussetzungen in harter Konkurrenz zu anderen Regionen stehen, denn selbst in Europa gibt es Projekte, die dieses Preisniveau erreichen könnten.

Rund 200 Standorte mit Potenzial für Wettbewerbsfähigkeit

Das Forschungsteam hat laut eigenen Aussagen sein Modell auf mehr als 10 000 einzelne Standorte angewendet. Vorausgesetzt, es gäbe Preis- und Abnahmegarantien, kämen beim heutigen hohen Zinsniveau lediglich rund 200 Standorte in die Nähe des Preises von drei Euro pro Kilogramm und hätten damit das Potenzial, bis 2030 wettbewerbsfähig zu werden. Diese Standorte liegen in Algerien, Kenia, Mauretanien, Marokko, Namibia und dem Sudan. Allerdings hat die Studie Sicherheitsrisiken nur auf nationaler Ebene mit eingerechnet. Weil viele ansonsten optimale Standorte in unsicheren Regionen liegen, könnte sich die Zahl der infrage kommenden Standorte weiter reduzieren.

Wettbewerbsfähigkeit nur mit Garantien zu erreichen

«Afrikanische Produktionsstandorte können für den Export nach Europa nur dann wettbewerbsfähig werden, wenn die europäischen Staaten garantieren, dass sie bestimmte Mengen grünen Wasserstoffs zu festgelegten Preisen abnehmen», sagt Florian Egli von der TUM. «Darüber hinaus würden Kreditausfallgarantien helfen, die beispielsweise die Weltbank gewähren könnte. Nur mit solchen politischen Instrumenten kann der Afrika-Europa-Handel mit grünem Wasserstoff etabliert werden, sodass im weiteren Verlauf die Kosten möglicherweise sinken.»

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