Traditionelle Überwachungsmethoden mit Stich- oder Sammelproben stossen an ihre Grenzen, wenn es um die Erfassung von kurzfristigen Konzentrationsspitzen oder die zeitnahe Reaktion auf potenziell kritische Substanzen geht. Eine Forschungsgruppe des Oekotoxzentrums, der Eawag und der Fachhochschule Nordwestschweiz ist überzeugt, dass eine mögliche Lösung biologische Frühwarnsysteme bieten. Diese Systeme setzen Wasserorganismen ein, um die biologische Wirkung von Substanzen im Abwasser kontinuierlich und in Echtzeit zu überwachen. Werden solche Methoden zusätzlich mit einer kontinuierlichen chemischen Analyse gekoppelt, sei laut der Forschungsgruppe eine ganzheitliche Bewertung der Wasserqualität und der potenziellen toxischen Effekte von Mikroverunreinigungen möglich.
Da alle Organismen unterschiedlich auf Mikroverunreinigungen reagieren, gibt es keinen einzelnen Testorganismus, der alle Schadstoffe zuverlässig detektiert. Ideal ist daher eine Reihe aus verschiedenen Systemen. Das Team um Ali Kizgin, der dieses Thema in seiner Doktorarbeit untersucht hat, wählte für eine Versuchsanlage drei Testsysteme aus: Zum einen eine einzellige Grünalge, bei der die Photosyntheseaktivität durch die kontinuierliche Messung der Fluoreszenz betrachtet wird. Zum anderen zwei Süsswasserkrebse, nämlich Wasserflöhe und Bachflohkrebse, bei denen das Schwimmverhalten und die Aktivität durch Kameras und Bewegungssensoren überwacht werden.
«Wenn man die Biomonitore mit einer hochauflösenden chemischen Analytik kombiniert, so wird es möglich, biologische Alarme zu bestätigen und herauszufinden, welche Substanz für die gemessene Reaktion verantwortlich war», so Ali Kizgin. Es sei jedoch nicht einfach, das Auftreten chemischer Stoffe mit Verhaltensreaktionen zu verknüpfen, da auch andere Umweltfaktoren zu falsch positiven Alarmen führen können. Daher müssten parallel dazu einige physikalisch-chemische Parameter im Abwasser überwacht werden.
Die Kombination aus biologischen und chemischen Frühwarnsystemen ist während fünf Wochen in einer Klaranlage im Kanton St. Gallen einem Test unterzogen worden. Im Verlauf des Tests seien bei den biologischen Frühwarnsystemen mehrmals Alarme ausgelöst worden. Laut der Forschungsgruppe hätten die Systeme mit den Wasserflöhen und den Bachflohkrebsen dabei empfindlicher reagiert als das System mit Grünalgen. «Wenn ein Alarm ausgelöst wurde, haben wir beurteilt, ob die nachgewiesenen Mikroverunreinigungen in Konzentrationen vorlagen, die hoch genug waren, um toxisch zu wirken», so Kizgin. War dies der Fall, seien zusätzliche Experimente im Labor durchgeführt worden, um zu überprüfen, ob eine bestimmte Chemikalie für die Reaktion verantwortlich sei.
Im System mit den Bachflohkrebsen wurden während der Versuchsdauer gleich zwei signifikante Alarme ausgelöst:
Die Forscherinnen und Forscher sehen in der Kombination von biologischem Onlinemonitoring und hochauflösender chemischer Überwachung einen wertvollen Ansatz, um in Kläranlagen Spitzenbelastungen durch Mikroverunreinigungen in Echtzeit erkennen zu können. Die Methode soll nun in einer industriellen Abwasserreinigungsanlage getestet werden.
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