In Fernwärmenetzen werden häufig fossile Brennstoffe für die Deckung der Spitzenlast verwendet. Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie der ZHAW wäre dies eigentlich nicht nötig. In einem Vergleich zwischen Wärmenetzen mit und ohne fossile Energieträger hat sich laut der Studie ergeben, dass die Kosten bei den analysierten schon existierenden fossilfreien Netzen im Durchschnitt zwar rund 20 Prozent höher liegen, es aber eine grosse Überlappung der Kostenbandbreiten gibt. Bei tiefen Strompreisen kann die fossilfreie Variante sogar kostengünstiger sein, schreibt die ZHAW in der Medienmitteilung. Die im Rahmen der Studie durchgeführte Branchenumfrage soll gezeigt haben, dass nur bei jedem vierten Projekt eine fossilfreie Lösung überhaupt ins Auge gefasst werde. Als Hauptargument gegen eine fossilfreie Spitzenlastabdeckung werde in 75 Prozent der Fälle die Wirtschaftlichkeit genannt – jedoch meist, ohne dies abzuklären.
In der Schweiz existieren bereits heute Fernwärmenetze, die vollständig ohne fossile Energien und ohne Biomasse auskommen. Sie nutzen vor allem Umweltwärme oder Abwärme in Kombination mit Wärmepumpen. Biomasse (Holz, Biogas) wurde in der Studie aber bewusst ausgeschlossen, da diese Ressource nur begrenzt vorhanden ist und gemäss den Autoren sinnvollerweise nur in Sektoren mit hohen Temperaturen, zum Beispiel in der Industrie, eingesetzt werden sollte. Laut Studie fällt der Blick auf Alternativen wie synthetische Brennstoffe und Carbon Capture and Storage (CCS) kritisch aus: Synthetische Brennstoffe werden voraussichtlich 2050 noch immer deutlich teurer sein als fossile Brennstoffe, womit auch die Wärmegestehungskosten für die Spitzenlast wesentlich höher als bei einer Strategie mit erneuerbaren Wärmequellen und Wärmepumpen wären. Zudem hängt die Klimabilanz der synthetischen Brennstoffe stark vom eingesetzten Strommix ab.
Beim heutigen Strommix ist sie beinahe so hoch wie bei fossilen Brennstoffen, so die Autoren der Studie. CCS und Direct Air Capture (DAC) seien für die dezentralen Wärmeerzeuger in Fernwärmenetzen praktisch nicht umsetzbar. Die Studie kommt diesbezüglich zum Schluss, dass das Hoffen auf synthetische Brennstoffe oder spätere CO2-Abscheidung mit hohen Kosten, grossen Unsicherheiten und anhaltender Abhängigkeit von fossilen Infrastrukturen verbunden sei – und damit faktisch einem «Weiter-wie-bisher» entsprechen würde.
Publizierte Studie «DecaTherm: fossilfreie thermische Netze – Lösungsbeispiele und Wirtschaftlichkeit»Â
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