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Fachartikel
26. November 2021

Fernwärme

Wärmerückgewinnung aus Rauchgasreinigung

IWB betreibt das grösste Fernwärmenetz der Schweiz. Bis ins Jahr 2035 wird IWB das Netz massiv ausbauen und parallel dazu das Gasnetz schrittweise zum Teil stilllegen. Heute liefern die KVA Basel sowie zwei Holzheizkraftwerke jährlich rund 670 GWh klimafreundliche Energie. Mit der Wärmerückgewinnung aus den Rauchgasreinigungen wird der heute bei 73% liegende CO₂-neutrale Anteil der Wärmeproduktion weiter gesteigert.
Andres Kronenberg, Florian Lüthy, Mathias Hauser, 

IWB Industrielle Werke Basel versorgt die Kunden im Kanton Basel-Stadt mit Energie, Wasser und Telekom. In der Region Nordwestschweiz erbringt IWB zudem Dienstleistungen im Bereich erneuerbare Energie, Elektromobilität und stellt die umweltgerechte Abfallverwertung sicher.
Das Energiegesetz des Kantons Basel-Stadt erlaubt keine neuen fossilen Heizungen und fordert von der Fernwärme eine CO2-Neutralität von mindestens 80 Prozent. Bereits seit längerem verfolgt IWB eine klare Dekarbonisierungsstrategie und baut entsprechend massiv das Fernwärmenetz aus: Bis 2035 soll das heute 118 km lange Netz um weitere 60 km wachsen.
IWB betreibt schon heute das grösste Fernwärmenetz der Schweiz. So sind ca. 7000 Gebäude an die Fernwärme (FW) angeschlossen, im Jahr 2020 wurden diese mit insgesamt 934 GWh Wärme versorgt. Die Wärmeproduktion erfolgt an vier Standorten in Basel.  Aktuell stehen folgende Produktionsanlagen zur Verfügung:

 

 

Dekarbonisierung der Heizenergie in Basel

Im Zeitraum 2005‒2010 stand der Ersatz eines gasbefeuerten Heisswasserkessels an. Anstelle eines 1:1-Ersatzes wurde zusammen mit der Waldwirtschaft der Region das erste Holzkraftwerk, das so genannte HKW1 (Holzkraftwerk Basel AG), gebaut und Ende 2008 in Betrieb genommen. Damit war ein wichtiger erster Schritt auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Fernwärme getan: Die CO2-Neutralität konnte um rund 12% auf rund 54% gesteigert werden.
Mit der Inbetriebnahme des HKW2 2019 konnten dank ersten Energiemengen aus der Rauchgaskondensation und dem Einsatz von Biogas die CO2-Neutralität im Jahre 2020 auf 73,1% gesteigert werden. IWB arbeitet daran, diese bis 2035 auf über 80% zu steigern.
Am Standort Hagenau wurden 2020 mit der Kehrichtverwertungsanlage KVA Basel sowie den beiden HKW total 667 GWh erneuerbare Energie produziert.

Potenzialanalyse

Um das Ziel «80% CO2-neutrale FW-Produktion» zu erreichen, braucht es mehr ökologische Wärme. Daher werden weitere Quellen für erneuerbare Energie evaluiert, zum Beispiel die Nutzung der Rauchgaswärme.
2016 entschied IWB, die Fernwärme-Vorlauftemperatur in einem ersten Schritt von 170 auf 150 °C abzusenken. Daraus ergaben sich neue Möglichkeiten, um vorhandene Abwärmequellen (u. a. Direktkondensation) zu nutzen. Zusammen mit der Firma Ramboll AG startete IWB noch während der Planungsarbeiten für das HKW2 ein Projekt zur Nutzung der Rauchgaswärme (WRG) aus den vier mit Feststoff befeuerten Ofenlinien (zwei Abfall-Verbrennungslinien [der KVA] und den zwei Holz-Verbrennungslinien) am Standort Hagenau.

Verstecktes Potenzial im Rauchgas

Pro Jahr werden gut 220'000 t Abfall in der Kehrichtverwertungsanlage (KVA) Basel behandelt. Die Energie aus dem Abfall wird in Form von Strom, Dampf und Fernwärme genutzt. Die energetische Effizienz von Kehrichtverwertungsanlagen in der Schweiz wird jährlich nach einem standardisierten Verfahren ermittelt. Dieser Vergleich zeigt, dass die KVA Basel bereits vor der Umsetzung dieses Projektes eine exzellente energetische Nettoeffizienz (ENE) aufwies. Die Anlage liegt auf Rang 2 der insgesamt 29 KVA des Landes.
Um zusätzliche Energie nutzen zu können, mussten daher neue Wege begangen werden. Eine Konzeptstudie der Ramboll AG empfahl die Nutzung der latenten Wärme des feuchten Abgases. Die Abgase der KVA Basel enthalten rund 13% Wasserdampf, diejenige der Holzheizkraftwerke sogar 20%. Ein Teil stammt aus der im Brennstoff enthaltenen Feuchte, der andere Teil ist das Verbrennungsprodukt des unter anderem in Holz und Zellulose enthaltenen Wasserstoffs. Um die latente Wärme zu nutzen, wird das Abgas in einem Wäscher so weit abgekühlt, dass die im Abgas enthaltene Feuchtigkeit kondensiert. Mit der freiwerdenden Kondensationsenergie wird die Fernwärme aufgeheizt.

Rauchgasdaten

Die Rauchgasdaten sind eine zentrale Grundlage für die Berechnungen zur Wärmeauskoppelung (s. Tabelle). Aus der Verbrennung von Holz in den zwei Holzheizkraftwerken wird in etwa gleich viel Rauchgas produziert wie in jeder Ofenlinie (OL) der Kehrichtverwertungsanlage. Die Temperatur der HKW-Rauchgase ist etwas tiefer als die der KVA-Rauchgase, der Wassergehalt ist jedoch deutlich höher.

Rauchgasdaten HKW I & II KVA OL2 KVA OL3
Volumenstrom [Nm3/h] 94'000 100'000 100'000
Temperatur vor Wäscher [°C] 150 162 162
Wassergehalt [%] 20 13 13

Rauchgasdaten der beiden HKW und der Ofenlinien (OL) der KVA.

Optimierung des Fernwärmenetzes

Aktuell betreibt die IWB das FW-System mit einer Vorlauftemperatur von 170 °C. Mit dem FW-Wasser werden Industrie und Haushalte mit Wärme versorgt. Je nach kundenseitigem Wärmebedarf fliesst das FW-Wasser mit unterschiedlichen Rücklauftemperaturen zurück zur KVA. Ein entscheidender Aspekt für die technische Machbarkeit und Rentabilität der Wärmerückgewinnung aus den Rauchgasen ist die Höhe der Rücklauftemperatur des FW-Wassers. Je niedriger die Rücklauftemperatur des FW-Wassers, desto einfacher ist die Wärmerückgewinnung. Um die Abwärme der KVA und der Holzheizkraftwerke besser nutzen zu können, wurde ein Konzept entwickelt, um die Vor- und vor allem die Rücklauftemperatur absenken zu können.

Konzeptverfahren
Umkehrung des Wäschers

Die KVA und die HKW verfügen über Wäscher, in denen die Rauchgase unter Zugabe von Wasser in mehreren Stufen gewaschen werden. In einer ersten Stufe, der Quench, werden die Rauchgase mit Wasser schlagartig abgekühlt. Dabei wird so viel Wasser verdampft, bis das Gas mit Wasser gesättigt ist. Es stellt sich eine Temperatur von ca. 65 °C ein. Darauffolgend wird das gesättigte Rauchgas in Füllkörperstufen weiter gereinigt. Die Verdampfungsenergie, die dem Rauchgas entzogen wurde, konnte bisher nicht weiter genutzt werden.
Wenn nun die Rauchgase so weit abgekühlt werden, dass die im Abgas enthaltene Feuchtigkeit kondensiert, kehrt sich der Prozess um. Anstatt Wasser dem Prozess zuzugeben, wird nun kondensiertes Wasser aus dem Wäscher abgezogen. Statt Energie zur Verdampfung von Wasser aufzuwenden, wird nun Kondensationsenergie in Form von Fernwärme verwertet.

Möglichkeiten der Wärmerückgewinnung aus Rauchgasen

Um Wärme aus der Abkühlung und Kondensation der Rauchgase in Form von Fernwärme zurückzugewinnen, wurden folgende drei Verfahren untersucht, die auch kombiniert werden können (s. Box unten):

  1. Gas/Wasser-Wärmetauscher
  2. Direktkondensation im Wäscher
  3. Kondensation mit Wärmepumpe im Wäscher

Gewähltes Konzept

Als optimale Lösung zur Nutzung der Kondensationsenergie hat sich eine Kombination von Direktkondensation und Kondensation mit einer Absorptionswärmepumpe ergeben. Die beiden KVA-Wäscher werden um eine zusätzliche Füllkörperstufe erweitert. Die Abgase werden in der Quench mit Wasser gesättigt und treten mit ca. 65 °C von unten in den Waschturm ein. In der bestehenden Füllkörperstufe (Stufe 1) wird die Wärme durch Direktkondensation (DK) aus dem Rauchgas gewonnen. In einer zusätzlichen Füllkörperstufe (Stufe 2) werden die Rauchgase weiter heruntergekühlt und die freiwerdende Wärme mithilfe einer Wärmepumpe (WP) zur Aufwärmung des FW-Wassers genutzt.

Funktionsweise der Wärmepumpe

Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Wärmepumpen unterscheiden:

  • Kompressionswärmepumpen, die mit einem Motor angetrieben werden
  • Absorptionswärmepumpen, welche mit Dampf angetrieben werden


Mit einer Wärmepumpe kann Energie von einem niedrigen Temperaturniveau auf ein höheres Temperaturniveau angehoben werden.

Das Verhältnis von Nutzungsenergie zu Antriebsenergie wird durch die Leistungszahl COP (Coefficient of Performance) beschrieben:


Der COP ist vom Wärmepumpentyp und dem notwendigen Temperaturhub (Temperaturdifferenz zwischen Quelle und Senke) abhängig. Mit dem gewählten Konzept erreicht die Absorptionswärmepumpe einen COP im Bereich von 1,65 bis 1,75.

Funktionsweise der Absorptions-WP

Zur Rauchgaskondensation bei IWB wird eine Lithiumbromid-Absorptionswärmepumpe (AWP) eingesetzt. Eine AWP besteht im Wesentlichen aus den Modulen Verdampfer, Absorber, Generator und Kondensator und verwendet Wasser als Kältemittel. Für den Antrieb des WP-Systems wird Treibdampf auf einem Druckniveau von 4,5 bar eingesetzt.
Das anfangs noch flüssige Kältemittel (Wasser) gelangt zunächst in den Verdampfer. Um die Wärme aus der Wärmequelle (Kühlwasser) auf niedrigem Temperaturniveau aufnehmen zu können, wird im Verdampfer das Kältemittel bei niedrigerem Druck verdampft.
Der vom Verdampfer kommende Wasserdampf wird dann im Absorber von der LiBr-Salzlösung absorbiert. Dadurch kann der Druck trotz der kontinuierlichen Verdampfung im Verdampfer niedrig gehalten werden, die Verdampfung kommt nicht zum Erliegen. Im Absorber wird die zuvor aufgenommene Wärme bei höherer Temperatur wieder abgegeben. Der Absorptionsprozess würde stoppen, sobald die LiBr-Salzlösung mit Wasser gesättigt wäre. Daher muss dem Lösungsmittel das Kältemittel wieder entzogen werden.
Hierfür wird die nun verwässerte/verdünnte LiBr-Salzlösung von einer Pumpe über einen Wärmetauscher in den Generator (Austreiber) befördert. Im Generator wird bei höherem Druck durch Wärmezufuhr mit Treibdampf das Wasser aus der verdünnten LiBr-Salzlösung ausgekocht und wieder verdampft. Dadurch wird die LiBr-Salzlösung konzentriert und kann somit nach Abkühlung in einem Wärmetauscher wieder im Absorber verwendet werden.
Der nun wieder freigesetzte Wasserdampf gelangt in den Kondensator, wo der Wasserdampf an einem Wärmetauscher abkühlt und kondensiert. Dabei wird die Energie an das FW-System übertragen. Das Kondensat wird wieder dem Verdampfer zugeführt.
Sowohl die LiBr-Salzlösung wie auch das Wasser werden in einem geschlossenen Kreislauf im Kreis geführt und gehen nicht verloren.

Resultat

Die Energiemenge, die aus der Kondensation der Rauchgase in die FW eingespeist werden kann, hängt von der Rücklauftemperatur der Fernwärme ab. In der Grafik wird der Anteil der Direktkondensation, der Anteil der Kondensation mit Wärmepumpe und gestrichelt die Energie aus dem Treibdampf der Wärmepumpe in Abhängigkeit der FW-Rücklauftemperatur angezeigt.

Wärmerückgewinnung mit Rauchgaskondensation bei unterschiedlichen Rücklauftemperaturen.

Aus der Grafik wird ersichtlich, dass die Wärmerückgewinnung mit Wärmepumpe konstant bleibt, während die Direktkondensation bei tieferen Rücklauftemperaturen zunimmt.
Bei einer Rücklauftemperatur von 50 °C beträgt der Netto-Wärmegewinn 27,2 MW. Zusammen mit dem Treibdampf werden total 46,2 MW in die Erwärmung von FW-Wasser übertragen.

Jährliche Wärmerückgewinnung

Die Berechnung der jährlichen Wärmerückgewinnung basiert auf der Jahresganglinie der FW-Rücklauftemperaturen. Zusätzlich wurde angenommen, dass die Wärmerückgewinnung für 2000 h/a im Volllastbetrieb und für 2000 h/a im Teillastbetrieb möglich ist. Im Volllastbetrieb wird das gesamte Potenzial zur Wärmerückgewinnung genutzt, im Teillastbetrieb werden 50% des Potenzials genutzt. Das restliche Jahr wird aufgrund des reduzierten Wärmebedarfs und der hohen Rücklauftemperaturen keine Wärme zurückgewonnen:

Lastfall Jährlicher Betrieb Auslastung WRG
[-] [h/a] [%]
Volllastbetrieb 2000 100
Teillastbetrieb 2000 50
Keine WRG 4760 0


Auf Basis dieser Werte kann die jährlich total zurückgewonnene Wärmemenge berechnet werden:

  RL-Temperatur Dampf WP WRG netto WRG brutto Netto CO2-Einsparung
  [°C] [GWh/a] [GWh/a] [GWh/a] [t CO2 eq./a]
Vollausbau 60 57,0 43,8 100,8 12‘790
Vollausbau 50 57,0 81,6 138,6 23‘830

Jährliche Wärmerückgewinnung durch Rauchgaskondensation.

Die Tabelle zeigt die Netto- und Brutto-Wärmerückgewinnung für den Vollausbau. Die Netto-Wärmerückgewinnung ist die reine Wärmerückgewinnung ohne Berücksichtigung des eingesetzten Treibdampfes. In der Brutto-Wärmerückgewinnung wird der Treibdampf mitgerechnet. Auch hier zeigt sich der Einfluss der Rücklauftemperatur deutlich. Bei einer Rücklauftemperatur von 50 °C können jährlich netto 81,6 GWh Wärme gewonnen werden, also 86% mehr als mit einer Rücklauftemperatur von 60 °C.

CO2-Einsparung

Die jährliche Netto-Wärmerückgewinnung von 81,6 GWh (bei 50 °C Rücklauftemperatur) führt zu einer Einsparung von 23'830 t CO2-Äquivalent pro Jahr verglichen mit einer Wärmeerzeugung durch gasgefeuerte Heizzentralen.

Realisierung

Etappierung Rauchgaskondensation
Die Platzverhältnisse bei der KVA sind äusserst eng. Die Realisierung des Projektes wurde so etappiert, dass bei den KVA-Linien die bestehende Wäscherstufe genutzt werden kann.

Das Projekt besteht damit aus

  • KVA: Kondensation mit Wärmepumpe in den bestehenden KVA-Wäschern beider Linien
  • HKW: 2-stufige Kondensation in einem gemeinsamen Wäscher für beide Linien
  • 1 Wärmepumpe für Kondensationsenergie aus KVA- und HKW-Abgasen

Vollausbau Rauchgaskondensation

Die Erweiterung zum Vollausbau ist in einer zweiten Etappe möglich, wenn die Rücklauftemperatur auf 50 °C oder tiefer gesenkt wird. Dazu werden die KVA-Wäscher um eine zweite Füllkörperstufe erweitert, und auch zweistufig betrieben. Der Rücklauf der Fernwärme wird zuerst parallel in den drei Direktkondensationen erwärmt und dann mit der Wärmepumpe weiter aufgeheizt.


Platzverhältnisse

Die Platzverhältnisse am Standort Hagenau sind sehr knapp. Zur Einbringung der Wärmepumpe mussten bestehende Böden mit Spriessungen in den unteren Stockwerken gestützt werden. Die Register der Wärmepumpe wurden mit Schwerlast-Luftkissen an ihren Standort geschoben. Infolge der beengten Platzverhältnisse mussten die einzelnen bis zu 40 Tonnen schweren Register in die Höhe gehoben und provisorisch aufgehängt werden. Danach wurde die Stahlkonstruktion darunter gebaut und die Register auf die Schwerlast-Stahlkonstruktion aufgelegt.

Optimierung Fernwärmenetz

Um die Rücklauftemperatur so weit wie möglich zu senken, wurden für die Auslegung und Anschliessung neuer Hausanschlüsse Maximalwerte für die Rücklauftemperaturen definiert: Ausserhalb der Brauchwarmwasserladezeit darf sie nun maximal 45 °C betragen, während der Brauchwarmwasserladezeit sind maximal 55 °C erlaubt.

Erfahrung

Der Einbau der Kondensationsstufen mit der Wärmepumpe und der Umbau des thermischen Systems war ein komplexes Unterfangen. Die Wärmepumpe wurde zum Ende der letzten Heizperiode in Betrieb gesetzt, sodass noch keine Auswertungen einer ganzen Saison vorliegen.
Umso grösser war jedoch die Freude aller Projektbeteiligten, als im Frühjahr 2021 gezeigt werden konnte, dass die Verfahrenstechnik wie geplant funktioniert. In den kommenden Monaten folgen weitere Tests und die Einregulierung der Regelstrecken des Wasser-Dampf-Systems.
Die Absenkung der FW-Temperatur verläuft bis jetzt nach Plan. Es hat sich gezeigt, dass die Wärmetauscher der Kundenanlagen ausreichend ausgelegt sind. Durch die gleitende Fahrweise der Vorlauftemperatur konnte die nachgefragte Wärmeleistung jederzeit erbracht werden.
Es gibt auch Themen, die im Rückblick kritisch hinterfragt werden. Mit grossem Aufwand wurde eine Lösung gefunden, um die Anlagenkomponenten in engen Platzverhältnissen anzuordnen und zu montieren. Der Platz bleibt eng, und die Betreiber der Anlage wünschten sich eine bessere Zugänglichkeit. Heute würde das Team den Fokus stärker auf genügend Raum und weniger auf eine kompakte Aufstellung legen.

Drei Verfahren zur Wärmerückgewinnung
Gas/Wasser-Wärmetauscher


Ein Gas/Wasser-Wärmetauscher wird vor dem Wäscher installiert, wodurch die Rauchgase schon vor Eintritt in den Wäscher abgekühlt werden. Im Wäscher findet dann die Wärmerückgewinnung durch Nutzung der Kondensationsenergie statt. Zuerst wird das FW-Wasser durch Kondensation im Wäscher aufgewärmt. Anschliessend fliesst das FW-Wasser im Gegenstrom durch den Gas/Wasser-Wärmetauscher, wo dieses durch den Wärmeübergang vom heissen, ungesättigten Rauchgas auf das FW-Wasser weiter erhitzt wird.

Vorteil

  • Einfach

Nachteil

  • Der Gas/Wasser-Wärmetauscher ist im Vergleich zu den anderen Verfahren wenig effizient.
  • Verschmutzungsgefahr auf der Gasseite durch das noch nicht vollständig gereinigte Rauchgas.
  • Die latente Wärme kann mit diesem Verfahren nicht zur Erwärmung der FW genutzt werden.

Direktkondensation im Wäscher


Bei der Direktkondensation im Wäscher werden die gesättigten Rauchgase im Wäscher durch das kalte Waschwasser abgekühlt. Durch die Abkühlung der gesättigten Rauchgase kondensiert Wasser daraus, und das Waschwasser wird erwärmt. Das aufgeheizte Waschwasser fliesst über einen Plattenwärmetauscher, der den Wärmeübergang zwischen dem Waschwasser und dem FW-Wasser sicherstellt.

Vorteil

  • Sehr einfach
  • Der Wärmeaustausch von Wasser/Wasser ist wesentlich effizienter als von Gas/Wasser.

Nachteil

  • Der Wärmeaustausch ist nur möglich, wenn der Rücklauf des FW-Wassers kälter ist als die Sättigungstemperatur des Rauchgases.

 

Kondensation mit Wärmepumpe im Wäscher


Bei dieser Variante wird die Wärme ebenfalls durch Kondensation der Rauchgase im Wäscher zurückgewonnen. Der Unterschied zur Direktkondensation liegt darin, dass die Kondensationswärme nicht direkt an das FW-Wasser übertragen wird, sondern an einen Kühlwasserkreislauf, der von einer Wärmepumpe gekühlt wird. Mithilfe der Wärmepumpe wird die aufgenommene Energie auf einem höheren Temperaturniveau an das Fernwärmewasser abgegeben. Da die Temperaturdifferenz von Rauchgas zu Kühlmittel wesentlich grösser ist als die Temperaturdifferenz von Rauchgas zu FW-Wasser, kann mehr Wärme vom Rauchgas auf das Kühlmittel übertragen werden als von Rauchgas auf FW-Wasser.

Vorteil

  • Der Wärmeaustausch von Wasser/Wasser ist wesentlich effizienter als von Gas/Wasser.
  • Funktioniert auch bei höheren Rücklauftemperaturen des FW-Wassers.
  • Maximale Wärmerückgewinnung möglich.

Nachteil

  • Aufwand für Wärmepumpe
  • Antriebsmedium ist für den Wärmepumpenbetrieb notwendig.

 

 

 

Innovationspreis für IWB

Im Juni 2021 erhielt das Projektteam die Anerkennung des Fachverbandes InfraWatt – Dachverband zur Förderung der Energieeffizienz in öffentlicher Infrastruktur – in der Form des jährlich verliehenen Innovationspreises.

Übergabe des InfraWatt-Innovationspreises 2020 (v. l.): InfraWatt-Präsident Filippo Lombardi mit den Projektbeteiligten Martin Brunner, Ramboll AG, Claus Schmidt, Florian Lüthy, Martin Eschle und Benedikt Gratwohl, alle IWB.

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