Verfahren zur CO2-Abscheidung sind in der Industrie seit Jahrzehnten etabliert – etwa in der Synthesegas-, Erdgas- und Biogasaufbereitung. Je nach Anwendungsfall können unterschiedliche Verfahren zum Einsatz kommen. Die wichtigsten Verfahren werden im Folgenden kurz beschrieben.
Zu den chemischen Gaswäschen gehören die Aminwäsche und die Pottasche-Wäsche. CO2 wird dabei in einer Waschlösung chemisch gebunden, und zwar als Carbamat (R2NCOO-) , Carbonat (CO32-) und Hydrogencarbonat (HCO3-). Bei erhöhter Temperatur wird das CO2 wieder freigesetzt und somit die Waschlösung regeneriert (Fig. 1).
Unter den chemischen Gaswäschen hat sich die Aminwäsche inzwischen weitgehend als Standardverfahren durchgesetzt. Sie ermöglicht eine hohe Reinheit des abgeschiedenen CO2 von deutlich höher als 99 Vol.-% nach der Trocknung [1] und ist für die meisten Anwendungsfälle gut einsetzbar – auch dort, wo CO2 bei relativ niedrigen Partialdrücken abgetrennt werden muss. Dies ist beispielsweise bei der CO2-Abtrennung aus Rauchgas der Fall.
Bei der physikalischen Gaswäsche wird CO2 in einer Flüssigkeit gelöst, ohne dass dabei eine chemische Reaktion erfolgt. Zumeist erfolgt die Absorption unter Druck und die Desorption durch Druckabsenkung. Geeignete Waschmittel sind z. B. Polyethylenglycoldimethylether. Im Fall der Biogasaufbereitung ist auch die Druckwasserwäsche weit verbreitet. Da das CO2 in physikalischen Gaswäschen relativ schwach gebunden wird, sind diese Verfahren vor allem dort gut einsetzbar, wo ein hoher CO2-Partialdruck im Rohgas vorliegt, z. B. in der Synthesegastechnik und bei der Biogasaufbereitung.
Das Verfahren der DruckwechselÂadsorption ist auch unter der AbkĂĽrzung PSA von der englischen Bezeichnung Pressure Swing Adsorption bekannt. CO2 wird an porösen Materialien mit hoher spezifischer Oberfläche unter Druck adsorbiert und im zyklischen Betrieb durch Druckabsenkung wieder freigesetzt. Durch das unterschiedliche Adsorptionsvermögen der verschiedenen Gaskomponenten kann ein Gastrenneffekt realisiert werden. In einstufigen Anlagen lässt sich nur eine relativ geringe Trennleistung erzielen; um hohe Abscheideleistungen bei gleichzeitig hoher CO2-Reinheit zu ermöglichen, sind mehrstufige Anlagen erforderlich.
CO2 diffundiert bevorzugt durch spezielle Membranen, während andere Gase zurückgehalten werden. Die Trennung erfolgt durch eine Druckdifferenz zwischen den beiden Seiten der Membran. Üblicherweise kommen Hohlfasermembranen zum Einsatz. Membranverfahren eignen sich gut für kleine modularisierte Anlagen und werden insbesondere bei der Biogasaufbereitung häufig eingesetzt. Wie bei PSA-Verfahren können hohe Trennleistungen nur in mehrstufigen Anlagen realisiert werden.
Bei diesen Verfahren wird CO2 bei niedrigen Temperaturen und erhöhtem Druck auskondensiert. Hierzu ist es nötig, den CO2-Strom zunächst durch andere Verfahren (z. B. Druckwechseladsorption oder Membranverfahren) aufzukonzentrieren, da CO2 erst ab einem Partialdruck von 5,2 bar verflüssigt werden kann. Bei niedrigeren Drücken kann durch Abkühlung nur Trockeneis, aber kein flüssiges CO2 erzeugt werden. Da in einstufigen Membran- oder PSA-Verfahren nur eine geringe CO2-Reinheit erreicht werden kann, lassen sich in solchen Kombinationsverfahren Synergie-Effekte erzielen. Insbesondere an Standorten, an denen nur elektrische Energie und keine thermische Energie aus Prozessabwärme zur Verfügung steht, können diese Verfahren vorteilhaft sein.
Die Wahl des passenden Verfahrens hängt von verschiedenen Faktoren ab:
Um in Zukunft grössere Mengen an CO2 zur geologischen Speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS) verfügbar zu machen, muss vor allem die Abscheidung aus Rauchgas industriell weiter etabliert werden. In Nordamerika sind derzeit an zwei Kraftwerken Rauchgas-Aminwäschen im industriellen Massstab in Betrieb. Das CO2 wird dort in der Erdölförderung genutzt (Enhanced Oil Recovery, EOR). In Norwegen wurde Anfang 2025 eine grosstechnische Rauchgas-Aminwäsche am Zementwerk in Brevik fertiggestellt. Des Weiteren existieren zahlreiche Versuchsanlagen an industriellen Standorten. CO2-Abscheideverfahren, die nur elektrische und keine thermische Energie benötigen, müssen für den Anwendungsfall Rauchgas noch industriell etabliert werden.
Die Anpassung etablierter CO2-Abscheideverfahren auf den bisher noch recht seltenen Anwendungsfall der CO2-Rauchgasabscheidung bringt neue Herausforderungen mit sich. Dazu gehört auch die Entwicklung von Verfahren zur anschliessenden CO2-Feinreinigung, um CO2 in einer geeigneten Qualität für den leitungs- und schiffsgebundenen Transport zu erhalten.
Sauerstoff und weitere oxidierende SubÂstanzen aus Rauchgas wie SchwefelÂoxide (SOx) und Stickoxide (NOx) können in CO2-Wäschen zur Degradation von Absorbentien und zu Korrosion fĂĽhren [2]. In Rauchgas-Aminwäschen werden aus diesem Grund ĂĽblicherweise andere Amine eingesetzt als im klassischen Anwendungsfall der CO2-Wäsche aus reduzierenden Gasen.
Auch in nachgeschalteten CO2-Prozessketten und Pipelines können oxidierende Substanzen Schäden verursachen, wenn sie in Spuren im CO2-Strom mitgeschleppt werden [3]. Verantwortlich hierfür sind u. a. komplexe und bislang noch nicht vollständig verstandene Reaktionsmechanismen, die zur Bildung von Schwefelsäure (H2SO4) führen. Diese kann aufgrund der sehr niedrigen Löslichkeit in druckverflüssigtem CO2 leicht als separate Phase ausfallen und Korrosionsschäden verursachen. Bei tiefen Temperaturen, wie sie z. B. im CO2-Schiffstransport üblich sind, kann das besonders leicht passieren, da die Löslichkeit mit sinkender Temperatur abnimmt.
Nicht nur schwefelhaltige Substanzen sind diesbezüglich kritisch, sondern vor allem auch Stickoxide: NO2 kann schwefelhaltige Substanzen (H2S und SO2) oxidieren und dabei zu NO reduziert werden. Dieses kann durch Sauerstoff wieder zu NO2 oxidiert werden [4, 5]. Somit wirken Stickoxide als homogener Katalysator der Schwefelsäure-Bildung. Aktuelle Standards für die CCS-Projekte Northern Lights und Aramis setzen aus diesem Grund ein Limit von 1,5 bis 2,5 ppm NOx im CO2 [6, 7]. Salpetersäure (HNO3) kann ebenfalls gebildet werden, ist jedoch aufgrund der höheren Löslichkeit in druckverflüssigtem CO2 weniger kritisch.
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Aus drei Anlagen an Kraftwerken in Nordamerika existieren schon jahrelange Erfahrungen mit leitungsgebundenem Transport von CO2 aus Rauchgas-Aminwäschen: Bellingham/USA (ausser Betrieb), Petra Nova/USA [8] und Boundary Dam/Kanada [9]. Die Mischung von CO2-Strömen aus unterschiedlichen Quellen mit oxidierender und reduzierender Atmosphäre in einem Leitungsnetz ist jedoch ein bisher noch nicht erprobter Anwendungsfall. In diesem Fall sind Reaktionen zwischen den oxidierenden Spurstoffen und Schwefelwasserstoff (H2S) möglich, was nicht nur zur Säurebildung, sondern auch zum Ausfall von festem Schwefel führen kann [5]. Besonders die Einspeisung von CO2 aus Biogas kann in diesem Zusammenhang problematisch sein, da es sowohl Spuren von H2S enthalten kann als auch Spuren von Sauerstoff, der bei biochemischen Entschwefelungsverfahren ins Gas eingebracht und in Spuren in den CO2-Strom übergehen kann.
Die im Rauchgas enthaltenen Verunreinigungen sind nicht nur im Hinblick auf Korrosion relevant, sondern auch im Hinblick auf Umweltbelastungen durch Abwasser, das in der den CO2-Abscheideanlagen vorgeschalteten Rauchgaskondensation entsteht: Insbesondere Sulfite (Salze mit Anion SO32-) und Nitrite (Salze mit Anion NO2-), die bei der Kondensation von SO2- und NOx-haltigem Rauchgas gebildet werden, können schon in relativ niedriger Konzentration im Kondensat kritisch sein, da sie als Sauerstofffänger reagieren und somit eine erhebliche Umweltbelastung darstellen, wenn sie in Gewässer gelangen. Diese Abwasserproblematik muss bei der Entwicklung von Gesamtprozessrouten zur CO2-Rauchgasabscheidung zwingend mitberücksichtigt werden.
DAC bezeichnet die Abscheidung von CO2 direkt aus der Umgebungsluft. Aufgrund der geringen CO2-Konzentration in der Luft (ca. 430 ppm) ist der Prozess energieintensiv: Der reale Energiebedarf der gängigen Verfahren liegt bei ca. 7 bis 13 MJ/kg CO2 [10] – etwas mehr als eine Zehnerpotenz über dem thermodynamisch erforderlichen Minimum (Fig. 2).
Technologisch kommen sowohl thermochemische als auch elektrochemische Verfahren zum Einsatz.
Ein prominentes Beispiel ist die Anlage Orca auf Island, errichtet und betrieben von der Firma Climeworks (siehe Titelfoto). Dort wird das CO2 aus der Luft an funktionalisierten Oberflächen chemisch adsorbiert und bei 80–120 °C unter starkem Unterdruck wieder freigesetzt. Die Anlage ist dafür ausgelegt, bis zu 4000 Tonnen CO2 pro Jahr abzuscheiden [11]. Das abgeschiedene CO2 wird in Basaltgestein verpresst, wo es zu Carbonat-Mineralien reagiert.
Einen anderen thermochemischen Ansatz verfolgt die Firma Carbon Engineering: Das CO2 wird mit Kalilauge (KOH) aus der Luft ausgewaschen und reagiert dabei zu gelöstem Kaliumcarbonat (K2CO3). In einem zweiten Schritt wird dieses mit Calciumhydroxid-Lösung (Ca(OH)2) kontaktiert. Dabei fällt Calciumcarbonat (CaCO3) als Feststoff aus und die Kalilauge wird regeneriert. Das Calciumcarbonat wird anschliessend bei ca. 900 °C kalziniert (Kalkbrennen), wobei das CO2 wieder freigesetzt wird und Calciumoxid gebildet wird. Dieses wird wieder als Calciumhydroxid in Wasser gelöst, womit der Kreislauf geschlossen ist [12] (Fig. 3).
Elektrochemische DAC-Verfahren beruhen in den meisten Fällen auf Ansätzen, bei denen CO2 in basischer Lösung ausgewaschen und durch Ansäuern der Lösung wieder freigesetzt wird. In einem elekÂtrochemischen Stack kann (z. B. durch Bipolarmembran-Elektrodialyse) die dafĂĽr nötige Auftrennung einer Salzlösung in eine saure und eine basische Lösung erfolgen.
DAC ist besonders an Standorten attraktiv, an denen erneuerbare Energie günstig bereitgestellt werden kann, jedoch keine industriellen CO2-Quellen vorhanden sind. Für die Herstellung synthetischer Kraftstoffe oder chemischer Grundstoffe im Rahmen von CCU-Prozessketten (CCU: Carbon Capture and Utilization) kann DAC ein Schlüsselbaustein werden: Wenn der für CCU-Prozesse benötigte Wasserstoff mit preisgünstigem Strom an besonders günstigen Standorten erzeugt wird, kann die daraus resultierende Kosteneinsparung den zusätzlichen Aufwand für die CO2-Bereitstellung durch DAC mehr als kompensieren: Lediglich 10 bis 20% der benötigten Energie in einer DACCU-Prozesskette entfallen auf die DAC-Anlage, der übrige Energiebedarf entfällt nahezu vollständig auf die Wasserstoff-Bereitstellung durch Elektrolyse.
Allerdings steht die DAC-Technologie noch am Anfang der Kommerzialisierung. Derzeit liegt das Technology Readiness Level (TRL) der am weitesten entwickelten Verfahren bei 7. Herausforderungen bestehen insbesondere in der Skalierung, der Kostenreduktion und der Integration in bestehende Energiesysteme.
Trotz etablierter Technologien besteht weiterhin erheblicher Forschungsbedarf:
Die CO2-Abscheidung ist ein dynamisches Forschungs- und Entwicklungsfeld mit hoher Relevanz für Klimaschutz und Energiewende. Während etablierte Verfahren weiter optimiert werden, eröffnen neue Technologien wie DAC zusätzliche Möglichkeiten. Die Herausforderungen – insbesondere im Hinblick auf Spurstoffe, Korrosion, Energieeffizienz und Umweltauswirkungen – sind komplex und erfordern weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeit.
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[1] Porter, R. et al. (2015): The range and level of impurities in CO2 streams from different carbon capture sources. International Journal of Greenhouse Gas Control 36: 161–174
[2] Wardhaugh, L.; Cousins, A. (2017): Process Implications of CO2 Capture Solvent Selection. In: Budzianowski, W. (eds) Energy Efficient Solvents for CO2 Capture by Gas-Liquid Absorption. Green Energy and Technology. Springer, Cham
[3] Barker, R.; Hua,Y.; Neville, A. (2016): Internal corrosion of carbon steel pipelines for dense-phase CO2 transport in carbon capture and storage (CCS) – a review. International Materials Reviews, 62(1): 1–31
[4] Sonke, J. et al. (2024): Corrosion and chemical reactions in impure CO2. International Journal of Greenhouse Gas Control 133: 104075.
[5] Dugstad, A.; Halseid, M.; Morland, B. (2014): Testing of CO2 specifications with respect to corrosion and bulk phase reactions. Energy Procedia 63: 2547–2556
[6] Quality Specifications for the Cargo (liquefied CO2).
[7] Specification for CO2 supplied to Aramis.
[8] Pradoo, P. et al. (2022): Improving the Operating Availability of the Boundary Dam Unit 3 Carbon Capture Facility. 16th International Conference on Greenhouse Gas Control Technologies, GHGT-16, Lyon.
[9] Kennedy, G. (2020): W.A. Parish Post-Combustion CO2 Capture and Sequestration Demonstration Project. Final Scientific/Technical Report.
[10] Ozkan, M. et al. (2022): Current status and pillars of direct air capture technologies. iScience 25(4): 1–23
[11] Beuttler, C.; Charles, L.; Wurzbacher, J. (2019): The Role of Direct Air Capture in Mitigation of Anthropogenic Greenhouse Gas Emissions. Front. Clim. 1(10): 1–7
[12] Keith, D. et al. (2018): A Process for Capturing CO2 from the Atmosphere. Joule 2: 1573–1594
[13] CO2 recovery with ionic liquids – a step towards a CO2 circular economy. RECODE Factsheet.
[14] Kussin, P. et al. (2024): Ein neues Konzept zur CO2-Bereitstellung aus Luft als Gaswäsche mit ionischen Flüssigkeiten. Chem. Ing. Tech. 97(1-2): 32–42
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