Ein Trinkwasserreservoir ist nicht einfach ein Bau, der Wasser speichert. Es ist eine Investition in die Gesundheit und in die Zukunft. Eine Brücke zwischen Dargebot und Nachfrage, wie Rolf Meier, Leiter Bereich Wasser vom SVGW, die Funktion eines Reservoirs metaphorisch auf den Punkt brachte in seiner Begrüssung zur Reservoir-Fachtagung in Biel. Diese fand am 10. September mit einer rekordverdächtigen Teilnehmerzahl von über 300 statt.
Ein Reservoir ist gebaut für Generationen, wenn nicht Jahrhunderte, denkt man an den Säulenwald der berühmten Basilika-Zisterne in Istanbul aus dem 4. Jahrhundert. Mit einer Fotografie dieses imposanten Bauwerks startete Adrian Rieder von der Wasserversorgung Zürich WVZ die Tagung. Diese war thematisch entlang des Lebenszyklus eines Reservoirs aufgebaut – so wie auch der Inhalt der aktualisierten SVGW-Richtlinie W6 für Trinkwasserreservoirs. Rieder gab einen umfassenden Einblick in die Neuerungen und Änderungen der W6, die nach dreijähriger intensiver Teamarbeit im März publiziert wurde.
Gemäss W6 beträgt die Nutzungsdauer eines Reservoirs rund 90 Jahre, nach etwa 55 Jahren ist eine Gesamtsanierung angezeigt. Damit diese auch einmalig und nicht eine von mehreren Zwischensanierungen ist, braucht es erst eine detaillierte Zustandsanalyse. Und noch davor eine Gesamtsicht, betonte Patrick Naef, Wälli AG Ingenieure. Damit meinte er die strategische Planung gemäss GWP (Generelle Wasserversorgungsplanung), Druckverhältnisse, Lage, Speichervolumen, Synergien mit Nachbarversorgungen. Erst nach dieser Auslegeordnung könne ein Reservoir beurteilt und Massnahmen geplant werden.
Ob Sanierung oder Neubau ist keine einfach zu beantwortende Frage, wie Simon Haag, IWB und Hardwasser AG, am Beispiel des Reservoirs Wenkenköpfli eindrücklich illustrierte. Nicht nur gibt es einen ganzen Variantenfächer (Neubau, Sanierung, Aufhebung etc.), dieser ist auch anhand bestimmter Messkriterien zu bewerten. Dabei spielen mit einer Gewichtung von 27% die Betriebskriterien die entscheidendste Rolle, gefolgt von Kostenkriterien mit 25%. Im Falle des Reservoirs Wenkenköpfli schnitt die Variante «Bestand», also Neubau an gleicher Lage, am besten ab.
Daniel Urfer, RWB Groupe SA, verschaffte den Anwesenden einen schnellen und fundierten Überblick über die verschiedenen Sanierungsverfahren. Anhand einer Reihe von Reservoirs in der Westschweiz führte er aus, welche Schäden vorlagen und welche Sanierungsverfahren angewandt wurden. Als präventive Massnahme empfahl er bei Neubauten auf wasserdichte und glatte Betone zu setzen und das Auftragen von Beschichtungen zu vermeiden.
Jochen Deuerlein, 3SConsult GmbH, brachte dem Publikum das Potenzial eines Prognose-Tools für eine energieeffiziente Reservoirbewirtschaftung näher. Erst wird ein hydraulisches Simulationsmodell erstellt, und die unterschiedlichen Datenquellen werden zusammengeführt. Daraus entsteht ein digitaler Zwilling. Zusammen mit Prognosemodellen zu Verbrauch, Strompreis und Quellschüttung können Pumpenenergiekosten gesenkt werden. Anhand konkreter Anwendungsbeispiele zeigte Deuerlein, dass mit dem Tool Kosteneinsparungen im zweistelligen Prozentbereich möglich sind.
Die nachfolgenden Referate gewährten viel Einblick in die Praxis. Den Auftakt machte Mohamed Slama von Service de l’eau Lausanne. Er schilderte sämtliche Etappen der äusserst komplexen Sanierung des Reservoirs Montalègre mitten im dichten Wohngebiet.
Dass Unterhaltsarbeiten sich nicht nur positiv auf die Trinkwasserqualität auswirken können, davon wusste Oliver Köster von der Wasserversorgung Zürich sehr anschaulich zu berichten. So wurden zum Beispiel produktionsbedingte kleine Löcher im Uetlibergstollen, entgegen den WVZ-Vorgaben, mit einem nicht zugelassenen Stoff aufgefüllt. Auf den kleinen Flächen entwickelten sich Biofilme, was letztlich zu einer wochenlangen Überschreitung der AMK-Höchstwerte führte. Deswegen empfahl Köster, dass der Einsatz von Materialien bei Reparaturen von Oberflächen, die in direktem Kontakt mit Trinkwasser stehen, noch enger begleitet und dokumentiert werden sollten.
Im Schnellzugtempo nahm Tuija Kosonen, suicorr AG, sämtliche Korrosionsaspekte beim Reservoirbau und Unterhalt ins Visier und stellte dazu diverse Lösungen vor – auch im Sinne der Arbeitssicherheit.
Mit viel Bildmaterial zeigte Pascal Ramaciotti, Services Industriels de Genève, wie das 1896 erbaute Reservoir von Bessinge innen mit HDPE-Platten ausgekleidet wurde. Insgesamt dauerten die Sanierungsarbeiten neun Monate. Der nächste Eingriff ist vor dem 200. Geburtstag des Reservoirs nicht geplant. Anders in den Reservoirs von Dailles und Montalègre. Dort setzte man auf eine Behälterbeschichtung mit mineralischem Zementmörtel.
Sébastien Ramelet von Service de l’eau Lausanne beschrieb die Vorbereitungsarbeiten. Nicht nur musste der alte Belag vollständig entfernt werden, es galt auch, eine raue Haftfläche für den neuen Mörtel zu schaffen.
PE-Folien sind eine weitere Sanierungsvariante. Wieso das Oensinger Reservoir damit und nicht mit Platten oder Edelstahl ausgekleidet wurde, erklärte Brunnenmeister Marcel Kämpfer: Für dieses Projekt war es die beste und kostengünstigste Variante, zudem war die Montage einfach und rasch. Und nun sei das Reservoir sehr blau, schloss Kämpfer verschmitzt sein Referat.
Ugo Fenati von etertub stellte Fertigreservoirs vor, ihre Vorzüge und ihr Einsatzgebiet. Genau genommen seien es keine Fertigreservoirs, sondern Bauwerke nach Mass, betonte Fenati. Schliesslich liessen sich individuelle Lösungen für unterschiedlichste Anforderungen realisieren. Ursprünglich wurden Fertigreservoirs wegen ihrer kurzen Bauzeit und kompakten Bauweise vor allem im alpinen Gelände eingesetzt. Heute schätzt man sie aus den gleichen Gründen auch im Flachland.
Im Reservoir Gantenstein in Liechtenstein stehen zwei Trinkwasserbehälter aus Edelstahl in einen Holzbau. Georg Matt, Geschäftsführer Wasserversorgung Liechtensteiner Unterland WLU, zeigt mit Fotos und Film, mit welcher Präzision die Stahlplatten vor Ort verschweisst wurden.
Die facettenreiche Tour d'Horizon durch Reservoirs und ihre Sanierungsvarianten klang mit einem Apéro aus, bei dem Netzwerken nicht zu kurz kam. Ank
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