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27. Mai 2021

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Wieso fördern, was gesetzlicher Minimalstandard ist? Mehr Lenkungswirkung mit Wasserbaugeldern!

Zwischen 1713 (Kanderdurchstich) und den 1980er Jahren hat der Wasserbau - mit grosser finanzieller Unterstützung des Bundes - enorme Naturwerte und Lebensräume zerstört, viele Tier- und Pflanzenarten aussterben lassen und weitere an den Rand des Aussterbens gebracht. Die laufende Revision des Wasserbaugesetzes bietet die Gelegenheit, Gegensteuer zu geben.
Stefan Hasler 

Der Wasserbau war jahrhundertelang einseitig auf Hochwasserschutz und Landgewinn und damit auf die Kanalisierung oder gar Eindolung der frei fliessenden Gewässer ausgerichtet. Ein Paradigmenwechsel fand erst mit dem Wasserbaugesetz von 1991 statt: Bei Eingriffen in das Gewässer muss dessen natürlicher Verlauf möglichst wiederhergestellt werden. Diese klare Vorgabe wird in der Praxis auf Grund der Konflikte um das benötigte Land oft nur ansatzweise umgesetzt.

Die laufende Revision des Wasserbaugesetzes wäre der geeignete Anlass, mit den Bundessubventionen mehr Lenkungswirkung bez. Wiederherstellung eines Teils der ursprünglichen Naturwerte und Lebensräume zu erzielen. Leider sieht der Bund keinen Richtungswechsel vor: Der «Sockelbeitrag» für Wasserbauprojekte, welche die minimalen Anforderungen erfüllen, beträgt nach wie vor 35%. Warum soll mit öffentlichen Geldern etwas derart stark gefördert werden, was seit 30 Jahren gesetzlich geforderter Minimalstandard ist?

Die Akademie der Naturwissenschaften (scnat) empfiehlt, Subventionen für den Hochwasserschutz konsequent an biodiversitätsfördernde Massnahmen zu knüpfen. Gefragt ist demnach ein Wasserbaugesetz, welches nicht mehr zwischen Hochwasserschutz und Revitalisierung unterscheidet. Subventionen sollen konsequent auf «Mehrleistungen» für Natur und Landschaft, Biodiversität, Lebensraum, Vernetzung und Schadensprävention ausgerichtet werden. Die reine Erfüllung der minimalen Anforderungen wird nicht mehr belohnt.

Damit mustergültige Projekte zur Umsetzung kommen, muss der Bund zudem wasserbaupflichtige Organisationen bei Bedarf fachlich und finanziell bei Planung und Projektierung unterstützen. Es erfordert viel Zeit und Know-how, die Konflikte um das benötigte Land zu lösen, Blockaden zu überwinden und mit den betroffenen Grundeigentümern gute Lösungen zu finden. Beides ist gerade bei kleineren Gemeinden zu wenig vorhanden.

Mit diesen Anreizen gelingt es, im Vergleich zu heute mehr Projekte zur Ausführung zu bringen, welche bezüglich ökologischer Wirkung deutlich über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen. Sie gewährleisten, dass in jedem Wasserbauprojekt ein Optimum für Natur und Biodiversität und selbstverständlich auch weiterhin für die Risikobegrenzung herausgeholt wird.

Dies ist angesichts der erwähnten Zerstörung früherer Biodiversitäts-Hotspots sowie des grossen Artenverlusts auch zwingend nötig: Wir brauchen genügend Raum für naturnahe, resiliente Gewässer mit mannigfaltigen Strukturelementen und Lebensräumen sowie schattenspendenden Ufergehölzen. Nur so können die durch die Klimaerwärmung verstärkten Hochwasserereignisse bewältigt und der Artenverlust eingedämmt werden. Es darf nicht mehr sein, dass Subventionen ohne eine echte Mehrleistung ausbezahlt werden!

P.S.: Die Vernehmlassungsfrist dauert bis zum 14. Juli 2021.

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