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Fachartikel
29. März 2022

Gewässerrevitalisierung

Die Inn-Wiederbelebung im Oberengadin

Die ökologische Situation der Schweizer Fliessgewässer ist dramatisch. Der mangelnde Raum für die Gewässer spielt dabei eine grosse Rolle. Erfolge ergeben sich vor allem dann, wenn alle Akteure zusammenarbeiten. Am Inn im Oberengadin wurden bisher zwei Revitalisierungsetappen im Bereich Samedan-Bever ausgeführt, eine dritte direkt anschliessend bis La Punt steht an. Das vorbildliche Werk wird aus einer ganzheitlichen ökologischen Sicht gewürdigt.
Mario F. Broggi 

Viele Fliessgewässer der Schweiz sind in den letzten 150 Jahren durch wasserbauliche Eingriffe in verarmte Gerinne verwandelt worden. Vor allem zum Schutz von Siedlungen und Infrastruktur vor Hochwasser wurden die Fliessgewässer umfassend verbaut. Ebenso wurden grosse Flächen für die Landwirtschaft mit nachfolgenden Meliorationen nutzbar gemacht. Die Fliessgewässer wurden meist in Dämme gelegt und boten nur mehr wenig Raum für natürliche dynamische Veränderungen. Um Eintiefungen der Gewässersohle zu vermeiden, wurden landesweit über 100'000 künstliche Querbauten mit einer Höhe von über 50 cm in die Fliessgewässer eingebaut. Damit wurden Wanderhindernisse für die Wasserfauna erstellt und die Vernetzungen der Fliessgewässer massiv beeinträchtigt.

Warum Flussrevitalisierungen?

Fliessgewässer gehören mit ihren benachbarten Auen zu den besonders gefährdeten Ökosystemen. Die überflutbaren Auenflächen gingen seit 1850 zu 90% verloren. Dadurch wurden vielfältige Uferstrukturen zerstört, die Hochwasserereignisse häuften sich. Nicht nur ist ein grösserer Gewässerraum häufig die Voraussetzung für einen effektiven Hochwasserschutz, er ermöglicht auch eine ökologische Aufwertung der Fliessgewässer [1].

Zusätzlich wird das Abflussregime der Flüsse durch die Wasserkraftnutzung massiv beeinträchtigt, und damit überlagern sich die Probleme mit dem «harten» Wasserbau. An rund 1400 Stellen leiten Kraftwerke Wasser aus Fliessgewässern ab. Es resultieren 2700 Kilometer Restwasserstrecke mit kaum Wasserführung, weitere 1000 Kilometer besitzen massive Abflussschwankungen. Die Restwasserstrecken ohne Dotation beeinträchtigen den landschaftlichen Wert sowie die ökologische Funktionsfähigkeit im gesamten Einzugsgebiet. Bei der Rückgabe des Wassers in die Fliessgewässer führt dies zu künstlichen Abflussspitzen (Schwall-Sunk). Sonst seltene Hochwasserereignisse werden so täglich geschaffen. Wasserkraftwerke beeinflussen auch den Geschiebehaushalt von Fliessgewässern. Eine intakte Flusslandschaft ist sowohl auf einen natürlichen Abfluss als auch auf einen dynamischen Geschiebehaushalt angewiesen [2].

Neuorientierung im Hochwasserschutz

Die Häufung von Extremereignissen Ende des 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts zwang die zuständige Behörde, die Nutzung der Fliessgewässer zu überdenken und neue Strategien des Hochwasserschutzes zu entwickeln. Für einen effizienteren Hochwasserschutz ist ein grösserer Gewässerraum eine Voraussetzung. In den letzten drei Jahrzehnten ging deshalb der Hochwasserschutz vermehrt mit Revitalisierungen einher. Dies führte zu Ausweitungen des Gewässerraumes. Hierfür wurden im Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer 1991 wie auch im Bundesgesetz über den Wasserbau 1991 festgehalten, dass wasserbauliche Eingriffe naturnah zu erfolgen haben. Es bestehen somit solide gesetzliche Grundlagen. Für den Vollzug dieser Bestimmungen sind die Kantone verantwortlich. Sie sollen Revitalisierungsprogramme erstellen und umsetzen. Die Kantone sind verpflichtet, den Gewässerraum auszuscheiden, der benötigt wird, um die natürlichen Funktionen der Gewässer und den Hochwasserschutz zu gewährleisten.

Rund 30 Jahre nach Inkraftsetzung droht dieser Erfolg zu verblassen, weil die Vollzugsdefizite enorm sind. Besonders deutlich wird dies bei der Gewässerraumausscheidung, wo dies bis 2018 vollständig hätte umgesetzt werden sollen. Diese Vorgabe wurde bis 2019 bei knapp 15 Prozent aller Gemeinden erfüllt, es wird mit einer Zielerreichung bis 2035 gerechnet [2]. Bis 2090 sollen rund 4000 der 15 000 km verbauten Wasserläufe revitalisiert werden, zwischen 2011 und 2019 wurden erst 160 Kilometer umgesetzt. Der Bund übernimmt dabei durchschnittlich 65% der Kosten, was derzeit rund 40 Millionen Franken pro Jahr entspricht.

Die Kantone haben überdies bei bestehenden wie neuen Wasserkraftanlagen innert 20 Jahren eine Reihe von Sanierungsmassnahmen umzusetzen. Dazu gehört die Beseitigung der Beeinträchtigungen durch Schwall-Sunk mit der Verbesserung der Durchgängigkeit und des Geschiebehaushaltes. Diese Sanierungskosten werden jährlich auf weitere 50 Mio. Franken geschätzt, und dies wird durch einen Zuschlag von 0,1 Rappen pro kWh auf die Übertragungskosten der Hochspannungsleitungen finanziert.

Die Forschung unterstützt den Handlungsbedarf im Gewässerschutz. Interdisziplinäre Projekte werden durch Forschende verschiedener Fachrichtungen (Wasserbau, Natur- und Umweltwissenschaften, Soziologie) erarbeitet, um Grundlagen für die Verbesserungen im Gewässerschutz zu erreichen.

Inzwischen sind vielerorts vor allem kleinere Wiederbelebungen an Fliessgewässern durchgeführt worden, die aufzeigen, wie attraktiv diese sein können. Sie finden auch eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung. Noch fehlen die grossen «Hausnummern» an Alpenrhein und Rhone, wo seit vielen Jahren diesbezüglich geplant wird. Das Schweizer Vorzeigeprojekt war bisher die Thur. Nun kam mit der Wiederbelebung des Inn im Oberengadin ein weiteres Grossobjekt dazu, das besondere
Beachtung verdient.

Revitalisierung von Flaz und Inn in mehreren Etappen

Wie in vielen Alpentälern wurde im 19. Jahrhundert mit der Eindämmung der Talhauptgewässer Inn und Flaz begonnen, um den Talboden in Samedan zu nutzen. Hochwasserereignisse mit Dammbrüchen in den Jahren 1951, 1954 und 1956 führten zur Anpassung der Verbauungen. Der benachbarte Siedlungsraum in seiner rasanten Entwicklung verlangte jeweils nach einer Erhöhung des Schutzes.

Erste Etappe: Flazverlegung bei Samedan – ein kühner Schritt

Im Juli 1987 entging Samedan nur ganz knapp einem katastrophalen Hochwasserereignis. Die Hochwasserprobleme wurden praktisch alleine vom Flaz verursacht. Das Ereignis festigte die Einsicht, dass der Hochwasserschutz eine vielseitige Aufgabe sei. Weiter wurde festgestellt, dass die über 100 Jahre alten Erddämme inmitten des dicht besiedelten Wohngebiets von Samedan bei einer Überflutung nicht mehr sicher waren. Mit rechnerischen Simulationen von Überflutungsszenarien konnten die bestehende Gefahrensituation wie auch das Schadenspotenzial nachgewiesen werden. Das führte zum zukunftsweisenden Projekt mit umfassendem Lösungsansatz. Die gewählte Projektvariante beinhaltete eine Verlegung des Flazbaches mit seinem hohen Schadenspotenzial in ein weniger sensibles Gebiet ausserhalb des Siedlungsbereiches [3, 4].

Mit der Realisierung dieses Grossprojektes war eine rege Informationspolitik verbunden, wobei die Gemeinde am 15. Juni 2000 ihren Grundsatzentscheid für diese wasserbauliche Grossübung fasste. Die Projektkosten wurden mit 29 Mio. Franken beziffert. Der Flaz wurde noch vor der Hochwassersaison 2004 um Samedan herum ins neue Bett geleitet. Der Gerinneanfang war am Strassenkreisel Punt Muragl festgelegt. Der Fluss wurde durch die Champagna entlang des rechten Hangfusses in möglichst niedrigen Wuhrdämmen geführt. Das neue Gerinne brauchte eine Landfläche von 24 ha. Es handelte sich dabei um extensiv genutzte Landwirtschaftsflächen. Ein Statement der Landwirtschaft zur Flussverlegung lautete: Lieber eine klare und definitive Lösung als eine periodische Überschwemmung von nutzbarem Land mit notwendiger Räumung.

Der Flaz mündet neu nach rund 4 km oberhalb Gravatscha in den Inn. Die alten bestehenden Flazdämme zwischen Punt Muragl und Ochsenbrücke wurden zurückgebaut und rekultiviert sowie der Inn bis zum neuen Zusammenfluss mit dem Flaz bei Cravatscha naturnah gestaltet. Der Bereich des ehemaligen Flaz-Verlaufes heisst nun Flaz vegl und wird als Altlauf mit einer geringen Wassermenge gespiesen. Das hier erforderliche Wasser fliesst in einem mäandrierenden Gerinne und ist von einem beliebten Spazierweg flankiert. Die Baugenehmigung war gestützt auf einen Umweltverträglichkeitsbericht, eine gewässerökologische Beurteilung der Planung sowie auf die Stellungnahmen kantonaler und nationaler Behörden. Die Detailplanung wurde rollend während der Bauphase ständig weiter optimiert, was sogar zu einer teilweisen Neuauflage des Projektes führte. Die Abweichung vom ursprünglichen Auflageprojekt betraf die Verlegung des Inn auf einer Länge von 900 Metern im Bereich des Flugfeldes. An dieser Stelle wurde der Inn in sein ursprüngliches Bett zwischen Strasse und Flugplatz zurückverlegt, um dadurch mehr Flussraum zu gewinnen und einen bedeutend grösseren ökologischen Wert zu erzielen. Eine ökologische Planungskommission begleitete diese Bauphase. Damit wurden insgesamt mehr als 11 km Fliessgewässerstrecke in ihrem Lauf, ihrer Struktur und ihrer Wasserführung verändert. Zur Gewährleistung der Hochwassersicherheit war eigentlich nur die Verlegung des Flaz von Bedeutung. Alle anderen Massnahmen dienten der Revitalisierung und der landschaftlichen Aufwertung des hydrologischen Systems. Alle getätigten Massnahmen wurden so umgesetzt, dass sich die neuen und umgestalteten Gewässerläufe harmonisch in das Landschaftsbild einfügen und Unterhaltsarbeiten weitgehend überflüssig machen. Die ökologische Begleitplanung griff seit 2002 in entscheidendem Mass in die Massnahmenumsetzung ein. Die Erprobung und Erfahrungssammlung direkt am auszuführenden Projekt hat sich bewährt. Das setzt die Bereitschaft voraus, neue Lösungen zu wagen und aus gewohnten Denkmustern auszubrechen.

Was verbleibt hier zur ersten Revitalisierungsetappe zu sagen? Durch mutige, rollende Planung und vorbildliche Zusammenarbeit der Fachbereiche und eine engagierte Öffentlichkeitsarbeit ist die kostenintensivere Bauvariante mit besserer ökologischer Aufwertung des Gewässersystems erreicht worden. Die Flazverlegung und die Revitalisierungsarbeiten am Inn erhielten den Gewässerpreis Schweiz des Jahres 2005.

Zweite Etappe: rund um Bever

Abklärungen ergaben einen erheblichen Sanierungsbedarf der Inndämme rund um Bever. Zudem bestand eine monotone Kanalstruktur mit fehlender Dynamik und Vernetzung. Der Inn floss begradigt zwischen Dämmen, die auf der gesamten Dammhöhe mit einer Pflästerung vor Erosion geschützt waren. Gemäss alten Darstellungen dürfte der Inn ursprünglich eine mittlere aktive Bettbreite von 100 m beansprucht und im Talboden mäandriert haben. Er bildete Schwemmlandschaften, Schotterbänke, ausgedehnte Auen und kleine Weiher. Er wurde dann auf rund 17 m Breite massiv eingeengt. Gegenüber der mittleren Sohle waren die Dämme 4,5 m hoch, das Innbett lag im Mittel 50 cm tiefer als die Talebene. Im eingeengten Kanal erzeugte der Kraftwerksbetrieb des EW St. Moritz zusätzlich Schwall-Sunk-Probleme. Ausserhalb der Inndämme bestehen hier noch Auen von nationaler Bedeutung, die nicht mehr mit dem Fluss verbunden sind. Die massiven ökologischen Defizite im kanalisierten Inn wurden durch die parallel führenden Seitengewässer (Giessen) und grösseren offenen Stillgewässer teils kompensiert, drohten aber mangels Dynamik zu verlanden. Im Gebiet finden sich auch noch zwei ehemalige Baggerseen, die Flachwasserzonen besitzen.

Auch in Bever haben sich die Stimmberechtigten der Gemeinde 2010 für eine mustergültige Revitalisierung in zwei Etappen mit Kosten von 10 Mio. Franken entschieden. Das Innkorsett wurde auf rund 4 Kilometer Länge entfernt. Die Revitalisierung des Inn ist mit Gewährung einer ausreichenden Bettbreite und mit Anbindung der Seitengewässer gelungen. Auf den neuen Kiesbänken haben sich bereits Flussuferläufer und Flussregenpfeifer eingefunden und brüten dort. Ein Dammabschnitt mit lockerem Schotter wurde für eine dort heimische starke Kreuzotterpopulation belassen und ist vom Fussgängerpfad ausgeschlossen. Damit wurden die vorbildlichen Arbeiten bei Samedan weitergeführt und ein weiterer Beitrag zur Aufwertung der Oberengadiner Flusslandschaft geleistet. Der Inn wurde somit auf dem ganzen Gemeindegebiet von Bever aufgeweitet und gewinnt wieder an Dynamik, was die Entwicklung vielfältiger Auenlebensräume fördert. Auch werden die beiden Innseiten mit der Umgebung hydrologisch vernetzt. Immerhin haben bereits der Biber und der Fischotter Reviere besetzt. Die weitere Entwicklung wird durch ein zehnjähriges Monitoringprogramm mit verschiedenen Indikatoren untersucht.

Der Gemeindepräsident von Bever, Fadri Guidon, studierte an der ETH Zürich Umweltwissenschaften und ist Dozent an der Höheren Fachschule Tourismus. Er wünscht sich noch ein Informationszentrum für den revitalisierten Inn mit Restaurantbetrieb, wo statt einem «Hamburger» ein «Biberburger» serviert würde. Das Zentrum hätte Baukosten von rund 6 Mio. Franken mit jährlichen Betriebskosten von 400'000 Franken. Das kann die Gemeinde Bever allein nicht stemmen. Ergänzend zur erfolgreichen Innrevitalisierung wurde der Gemeinde Bever für ihren Beverinbach das Label Gewässerperle am 25. Juni 2021 vom WWF Schweiz verliehen. Der Beverin fliesst auf 13,5 km in intakter Struktur, was wohl in der Schweiz höchstens für noch 5% aller Fliessgewässer zutrifft. Die Aufweitung des untersten unter dem Dorf kanalisierten Abschnitt des Beverin bis zum Inn wird derzeit geplant.

Dritte Etappe: Herzstück der Inn-Revitalisierung

Die dritte geplante Revitalisierungsetappe von La Punt mit Chamuerabach dürfte nach Aussage des Bundesamtes für Umwelt «herausragend und wegweisend» sein. In La Punt Chamues-ch liegt ein Vorprojekt vor. Die Fachstellen haben eine im Grundsatz positive Stellungnahme zum Vorprojekt abgegeben. Zurzeit wird das Auflageprojekt ausgearbeitet. Die La-Punt-Etappe dürfte etwas mehr als 40 Mio. Franken kosten und wird damit die mit Abstand teuerste Revitalisierungsetappe. Mit gutem Grund: Die Hauptstrasse wird auf rund eineinhalb Kilometern verlegt und der Inn auf rund zwei Kilometern Länge parallel in sein ursprüngliches Bett zurückgelegt. Allenfalls wird hier auch das Trassee der Rhätischen Bahn verlegt. Ebenso werden Hochspannungsmasten sowie Abwasser- und Werkleitungen zu verschieben sein. Der Chamuerabach wird auf 700 Metern sowie das Binnengewässer revitalisiert. Aktuell wird die Erweiterung des Vorprojektes geprüft. Die Rhätische Bahn beabsichtigt, ihr Angebot für den öffentlichen Verkehr im Oberengadin auszubauen. Zu diesem Zweck wird eine Verlegung des Schienentrassees im Abschnitt der derzeitigen Durchschneidung des Auengebietes in einer Konzeptstudie geprüft, ob dies zusammen mit einer Ausdehnung des Revitalisierungsprojektes verbunden werden kann. Falls dies gelänge, wird die Kantonsstrasse um gesamthaft 2,2 km und die Bahn um rund 1,7 km verlegt. Über knapp 400 Meter sollen beide Verkehrsträger gar in Tunnel oder Galerie geführt werden. Damit könnte eine uneingeschränkte Quervernetzung über den gesamten Talboden und die beiden Talflanken geschaffen werden. Der Inn könnte auf der gesamten Revitalisierungsstrecke seine freie Dynamik in der freigelegten Au entwickeln. Mit dem Entscheid, ob diese Variante weiterverfolgt werden kann, ist bald zu rechnen. Unabhängig von der gewählten Varianten ist der früheste Baubeginn für 2024 vorgesehen. Die Bauarbeiten dürften bis ins Jahr 2030 andauern.

Kleinere Revitalisierungsprojekte im Oberengadin wurden zudem in Madulain und Zuoz ausgeführt, ebenso wurde der Mündungsbereich des Inn in den St. Moritzersee realisiert. An einem Gewässerentwicklungskonzept wird zurzeit in der Ebene zwischen Lej da Segl und Lej da Silvaplauna gearbeitet.

Fazit

Die drei Sanierungsetappen sind in ihrer Abfolge beeindruckend. Für Flussrevitalisierungen handelt es sich um ein Leuchtturmprojekt. Bei der Sanierung wurde an den wichtigen Stellschrauben gedreht und nicht geschräubelt. Die Planungsarbeiten sind aus ökologischer Sicht vorbildlich. Das setzt eine vertrauensvolle Zusammenarbeit der Projektpartner und den zuständigen Behörden voraus. Es verlangt genauso nach einer aufwendigen Kommunikationspolitik im Zusammenwirken mit den Gemeinden, um auch die plebiszitäre Unterstützung zu erlangen.

Bei der Inn-Revitalisierung geht es nicht nur um den ökologisch aufgewerteten Fluss. Bedeutsam ist hier der Einbezug der flankierenden Seitengerinne und stehenden Gewässer, die mit dem Fluss wieder vernetzt wurden. Sie bilden einen hydrologischen Verbund erster Güte. Gegenden mit Revitalisierungsabsichten gehen mit Vorteil vor der Inangriffnahme des Projektes an den Oberengadiner Inn, um sich inspirieren zu lassen. Sie werden hier dem Mut zum Risiko, zum Wurf und der Begeisterung der daran Beteiligten begegnen. Das ist für das anstehende grosse Sanierungswerk der Wiederherstellung unserer Fliessgewässer vorbildlich.
Das i-Tüpfelchen ist die Informationspolitik über das Sanierungswerk vor Ort. Im Gelände werden wenig aufdringlich entsprechende Informationen vermittelt und an Parkplätzen die nötige Orientierung gegeben. Dieses Wissen wird hier den zahlreichen Bikern und Fussgängern vermittelt, die dadurch inspiriert hoffentlich Ähnliches in ihren Regionen auch einfordern.

Bibliographie

[1] Angelone, S. et al. (2012): Flussrevitalisierungen. Eine Übersicht. Merkblatt-Sammlung Wasserbau und Ökologie, Bundesamt für Umwelt, Bern
[2] Munz, M.; Steiner, S. (2021): Der Druck steigt. Aqua viva – Zeitschrift für Gewässerschutz, 3/21, 63: 4–9
[3] Verein für Ingenieurbiologie, Pro Natura, Schweizerischer Wasserwirtschaftsverband (2005): Die Flazverlegung und andere Gewässersanierungen im Kanton Graubünden, Sonderdruck zum Anlass der Verleihung des Gewässerpreises Schweiz vom 10. Juni 2005, Wasser-Energie-Luft, Heft 3/4: 80–14
[4] Rey, P. et al. (2007): Hochwasserschutzprojekt Samedan – Aspekte und Effekte der ökologischen Begleitplanung, Wasser-Energie-Luft, 99 (Heft 3): 199–207

Nachtrag

Ende September 2021 ergab sich die Gelegenheit, mit Andri Bischoff, eh. Abteilungsleiter Wasserbau des Kantons Graubünden, Pio Pitsch, eh. Fischereiaufsicht Amt für Jagd und Fischerei des Kantons Graubünden und Mitinhaber des Büro ecowert gmbh, Georg Ragaz, eh. Verantwortlicher für Naturschutz im Kanton Graubünden, in Begleitung von Christian Göldi, eh. Leiter Wasserbau des Kantons Zürich, die Revitalisierungen am Inn zu besuchen. Weiter wurden wir von Gian Reto Bezzola, langjähriger Dozent für Flussbau an der ETH Zürich, begleitet. Diesen Herren sei auch für die Durchsicht des Manuskriptes ganz herzlich gedankt.

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