Sportböden in Freianlagen bestehen meist aus elastischen Kunststoffflächen oder -rasenplätzen. Die Funktion und der Aufbau der Flächen werden durch die ausgeübte Sportart bestimmt. Kunststoffrasensysteme für Fussball bestehen beispielsweise aus mehreren Einzelkomponenten, zu denen ein verfüllter oder unverfüllter Kunststoffrasen sowie die Elastik- und Tragschicht zählen.
Durch die Abnutzung, Verwitterung und Alterung gelangen Kunststoffpartikel, Faserbruchstücke und Einstreugranulate aus den Sportbodenbelägen in die Umgebung der Anlagen [1-3]. Ausserdem besteht durch die Auswaschung verschiedener Stoffe die Gefahr einer Belastung des Sickerwassers, sowohl bei Regenwetter als auch bei der Bewässerung der Plätze [4, 5]. Bekannt sind beispielsweise die Vulkanisationsmittel Zinkoxid und Benzothiazol (BZT), die in gummiartigen Materialien der Verfüllung und Elastikschicht vorkommen. Darüber hinaus können weitere spezifische Additive wie Antioxidantien, Tenside und Flammschutzmittel enthalten sein. Die Datenlage hierzu ist jedoch lückenhaft und lässt Fragen hinsichtlich der Auswirkungen auf Gewässer oder der Bewilligungsfähigkeit solcher Anlagen offen. Die Qualität des Sickerwassers ist von grosser Bedeutung, da die meisten Fussballplätze mit Kunststoffrasen in den Gewässerschutzbereich Au (54%) und einige sogar in Grundwasserschutzzonen liegen [3]. Aufgrund der stark steigenden Bedeutung von Kunststoffflächen oder -rasenplätzen ist es umso wichtiger, die Stofffreisetzung ins Sickerwasser zu kennen.
In den DIN-Normen [6, 7], der RAL-Norm 943 [8], der FLL-Richtlinie [9] sowie demBASPO-Merkblatt 112 [10] sind technische Anforderungen an die Einzelkomponenten, deren Umweltverträglichkeit und mögliche Massnahmen festgelegt. In den DIN-Normen ist ein Eluattest beschrieben, mit dem der Hersteller das Auswaschverhalten der Materialien nachweisen muss, indem er die analysierten Parameter mit Umweltempfehlungen vergleicht. Aus Sicht des Gewässerschutzes sind der Eluattest und das Bewertungsverfahren jedoch eher unzureichend: Die Relevanz der ausgewählten Stoffe ist unklar und ein Abgleich mit den tatsächlichen Belastungen im Sickerwasser fehlt. Zudem wird der zeitliche Verlauf der Stofffreisetzung nicht berücksichtigt [4].
Der Aufbau von Kunststoffrasenplätzen folgt primär sportfunktionellen Anforderungen, wobei verschiedene Umweltaspekte berücksichtigt werden [11–14]. Ein Rasenteppich besteht aus einer Trägermatte mit Kunststofffasern (Polschicht), die aus Polypropylen (PP), Polyethylen (PE), Polyamid (PA) oder einer Kombination dieser Materialien bestehen. Er kann mit oder ohne Verfüllung ausgeführt werden. Als Einstreugranulat können synthetische Materialien (Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR), Ethylen-Propylen-Dien-(Monomer)-Kautschuk (EPDM), thermoplastische Elastomere (TPE) etc.) oder organische Materialien (Kork, Olivenkerne etc.) verwendet werden. Das Einstreugranulat soll naturrasenähnliche Spieleigenschaften (Ballrollverhalten, Dämpfung etc.) gewährleisten, insbesondere im Winter. In der Regel wird bei verfüllten Kunststoffrasenplätzen zusätzlich Sand zum Beschweren verwendet.
Die ca. 3 cm starke Elastikschicht zur Dämpfung wird in der Regel vor Ort aus SBR- oder EPDM-Granulat verklebt. Es sind aber auch vorgefertigte Platten erhältlich. Die ca. 5 cm starke Tragschicht darunter sorgt für einen stabilen, wasserdurchlässigen und ebenen Belag. Sie besteht aus bituminösem Drainageasphalt oder ungebundenem Kies. Die Entwässerung erfolgt meistens über eine versickerungsfähige Kiesfundation mit Drainage. Am häufigsten wird das Sickerwasser über die Drainagen in oberirdische Gewässer, in Abwasserreinigungsanlagen oder in Versickerungsanlagen eingeleitet [3].
Die Bezeichnung SBR bezieht sich sowohl auf synthetisches Neugranulat als auch auf Material aus recycelten Altreifen (End-of-Life Tyre, ELT). Unterschieden wird zwischen Post-Industrial Rezyklaten (PIR) und Post-Consumer Rezyklaten (PCR). In der Schweiz wird vor allem PCR-Granulat für die Elastikschicht verwendet, während als Einstreugranulat eher primäres SBR oder EPDM zum Einsatz kommt [3].
Aufgrund offener Fragen bestehen bei Planern und Genehmigungsbehörden Unsicherheiten darüber, wie Systemaufbauten produktdifferenziert und gewässerschutzrechtlich einzustufen sind. Zudem ist unklar, welche Kriterien für eine geringe Belastung erfüllt werden müssen.
Der geplante Bau eines Kunststoffrasenplatzes muss auf seine gewässerschutzrechtliche Zulässigkeit geprüft werden. Für den Schutz der Gewässer sind das Gewässerschutzgesetz (GSchG, SR 814.20) und die Gewässerschutzverordnung (GSchV, 814.201) in der jeweils aktuellen Fassung massgebend. Laut Art. 7 Abs. 1und Abs. 2 GSchG muss verschmutztes Abwasser behandelt und nicht verschmutztes Abwasser versickert werden. Die Abgrenzung zwischen verschmutztem und nicht verschmutztem Abwasser wird nach Art. 3, Abs. 1 und Abs. 2, der GSchV getroffen.
Niederschlagsabwasser von Kunststoffrasenplätzen gehört gemäss GSchV (Anhang 3.3, Ziff. 1, Abs. 1) zu «anderem verschmutztem Abwasser». Dafür legt die Behörde die Anforderungen an die Einleitung aufgrund der Eigenschaften des Abwassers, des Standes der Technik und des Zustandes des Gewässers fest. Sie berücksichtigt dabei internationale oder nationale Normen, vom Bundesamt für Umwelt BAFU veröffentlichte Richtlinien oder von der betroffenen Branche in Zusammenarbeit mit dem BAFU erarbeitete Grundlagen. Da die GSchV stoffspezifischer wird, sind bei der Beurteilung des Abwassers auch die Inhaltsstoffe der verwendeten Materialien zu berücksichtigen.
Das Sickerwasser wird meist mittels Drainagen im Unterbau gefasst und über einen Schlammsammler zur Versickerung oder ins Oberflächengewässer geleitet ( . 1). Um Gewässer vor Verunreinigungen zu schützen, ist abhängig vom Einbauort und den Entwässerungswegen die Zulässigkeit des Baus sowie der Behandlungsbedarf für das Niederschlagsabwasser festzulegen. Aktuell wird die Belastung unabhängig von der Bauart der Plätze und den verwendeten Produkten mit der Belastungsklasse «mittel» abgedeckt [15].
Die besonderen Belange des Grundwasserschutzes für den Bereich «Freizeit und Sportanlagen» sind in zwei Vollzugshilfen des BAFU beschrieben [16, 17].
Auf Grundlage von Untersuchungen des Sickerwassers auf Kunststoffrasenplätzen für Fussball und im Labor sollten eine neue Datengrundlage sowie Empfehlungen für die Planung und den Betrieb solcher Plätze erarbeitet werden [18, 19].
Folgende Schwerpunkte wurden gesetzt:
Die erarbeiteten Erkenntnisse sollen eine Verbesserung der Umweltverträglichkeit in der Bau- und Betriebsphase von Kunststoffrasenplätzen und elastischen Kunststoffbelägen ermöglichen, wie sie vorzugsweise für Fussball-, Kleinspielfelder und Leichtathletikanlagen verwendet werden. Die Empfehlungen zielen darauf ab, Schadstoffeinträge in die Umwelt zu vermeiden bzw. zu vermindern, damit die Anforderungen des Gewässerschutzes erfüllt werden.
Das Vorgehen umfasste Untersuchungen im Feld und im Labor sowie die Entwicklung eines Bewertungskonzepts.
Die Qualität des Sickerwassers wurde auf 23 Kunststoffrasenplätzen (10 verfüllte und 13 unverfüllte Plätze, n = 52 Proben) bestimmt, von denen acht Plätze mehrfach beprobt wurden (Tab. 1 und 2, Fig. 2). Bei der Auswahl der Standorte wurde auf verschiedene Aufbauten und Alter der Beläge (1–14 Jahre) geachtet, wobei drei Plätze zum Zeitpunkte der Probenahmen weniger als ein Jahr alt waren. Zudem wurden Standorte gewählt, von denen auch die Einzelkomponenten wie Rasenteppich, Einstreugranulat und Elastikschicht untersucht werden konnten. Zwei Plätze sind mit Kork verfüllt, davon war einer weniger als ein Jahr alt.
Nr. | Konstoffrasen | Elution | Baujahr | Alter |
1 | Tisca Tischhauser AG, T-Turf S9 Revolution | x | 2011 | 11 |
2 | Greenfields B.V., Real FT V-slide nf | - | 2015 | 7 |
3 | Tisca Tischhauser AG, T-Turf S6.09 Pro | x | 2016 | 6 |
4 | Lano Sports NV, Profoot 4G | x | 2019 | 3 |
5 | Tisca Tischhauser AG, T-Turf S6.09 Pro | x | 2019 | 3 |
6 | Tisca Tischhauser AG, T-Turf S6.09 Pro | x | 2019 | 3 |
7 | Fieldturf Inc., Purefield Ultra MF 30-18 | x | 2019 | 3 |
8 | Tisca Tischhauser AG, T-Turf S6.09 Pro | x | 2020 | 2 |
9 | Fieldturf Inc., Purefield Ultra MF 30-18 | x | 2021 | 1 |
10 | Tisca Tischhauser AG, T-Turf S6.09 Pro | x | 2021 | 1 |
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Nr. | Teppich | Elution | Einstreugranulat | Elution | Baujahr | Alter |
1 | Polytan GmbH, Monoturf 240 ACS 65 |
- | Melos GmbH, EPDM Eco | x | 2008 | 14 |
2 | Fieldturf Inc., Playfoot XM |
- | Prismi Italien, ECOLGREEN | x | 2009 | 13 |
3 | Greenfields B.V., Real FT 40 Slide pro XT |
- | Melos GmbH, EPDM Eco | x | 2013 | 9 |
4 | Fieldturf Inc., FieldTurf 360 Xl 42-14 |
x | Prismi Italien, ECOLGREEN | x | 2013 | 9 |
5 | Tisca Tischhauser AG, T-Turf SF943 Revolution |
- | Gezolan AG, Gezofill LD 167 | x | 2014 | 8 |
6 | Fieldturf Inc., Fieldturf Core 42-17 |
x | Prismi Italien, TPE ECOLSPORT RUNPLAST EC | - | 2017 | 5 |
7 | Fieldturf Inc., FieldTurf 360 Xl 42-14 |
x | Gezolan AG, Gezofill LD 167 | x | 2017 | 5 |
8 | Fieldturf Inc., Fieldturf 360 XL 42-17 |
x | Prismi Italien, ECOLGREEN | x | 2019 | 3 |
9 | Polytan GmbH, LigaTurf RS+ Cool Plus |
- | Melos GmbH, EPDM Eco und weitere | x | 2019 | 3 |
10 | Fieldturf Inc., FieldTurf 360 Xl 42-14 |
x | Melos GmbH, Infill Bionic Fibre | x | 2020 | 2 |
11 | Fieldturf Inc., Fieldturf Core 42-17 |
x | Amorim Cork Composites S.A., Kork aus Portugal | x | 2020 | 2 |
12 | Fieldturf Inc., Fieldturf Core 42-17 |
x | Amorim Cork Composites S.A., Kork aus Portugal | x | 2020 | 2 |
13 | Fieldturf Inc., FieldTurf 360 Xl 42-14 |
x | Gezolan AG, Gezofill LD 167 | x | 2021 | 1 |
Die Beprobung der Sickerwässer bei Regenwetter spiegelt die realen Bedingungen wider. Der Zeitpunkt ist jedoch schwer planbar und die Konzentrationen können durch den Zufluss von angrenzenden Flächen beeinflusst werden. Deshalb wurden mehrere Plätze beregnet. Diese Vorgehensweise ermöglichte auch Probenahmen nach längeren Trockenperioden. Besonders häufig wurde ein unverfüllter Platz in Magglingen beprobt, da sich dort eine Versuchsfläche befindet.
Zur Ermittlung der Auswaschung von Materialien für Kunststoffrasensysteme und -flächen wurde der DIN-Eluattest genutzt [6, 7]. Zudem wurde eine 10-malige Elutionsreihe mit dem Standard-Eluattest und weitere Versuche bei einer Temperatur von +60 °C durchgeführt.
Für die Versuche wurde in Zusammenarbeit mit Herstellern und Planern eine marktrepräsentative Auswahl von Einzelkomponenten (n = 24) festgelegt, die in der Schweiz relevant sind. Dazu gehören elf Kunststoffrasenteppiche (sechs unverfüllt, fünf verfüllt), acht Einstreugranulate (vier EPDM, ein SBR, zwei organisch) und fünf Elastikschichten (Tab. 3 und 4). Die Elastikschichten bestehen aus verklebten SBR-Granulaten und einem PE/PET-Shock-Pad. Die Produkte werden auf verfüllten und unverfüllten Plätzen verwendet und sind auf den untersuchten Anlagen verbaut.
Rasen, unverfĂĽllt | Rasen, verfĂĽllt | ||
Hersteller | Produkt | Hersteller | Produkt |
Tisca Tischhauser | T-Turf S6.09 | Limonta Sport. | Max S P+ 40 mm; ES2840T |
Lano Sports | Profoot 4G | FieldTurf | Fieldturf 360 XL 42-17 |
Tisca Tischhauser | T-Turf S6.09 Pro | Limonta Sport | SoccerPro MaxS 40 mm |
FieldTurf | Purefield Ultra MF 30-18 | FieldTurf | Fieldgreen Core 42-17 |
Tisca Tischhauser | T-Turf S9 Revolution | Lano Sports | Profoot Premier 55 |
XL Turf Int. | XL Turf Pro fix | Â |
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Einstreugranulat | Elastikschicht | ||||
Hersteller | Produkt | Material | Hersteller | Produkt | Material |
Conica | Conipur infill | EPDM | GerberSports | Gerbertan IS25 | SBR |
Gezolan | Gezofill 0.5–2 mm | EPDM | Polytan | Recycling Granulat (ELT), Polytan 2350 PU-Bindemittel, Polytan PU 8200 Kleber |
SBR |
Melos | Infill EPDM Eco | EPDM | Conica | CONIPUR EU (ELT) | SBR |
Melos | Infill Bionic Fibre | EPDM | Walo Bertschinger | RUB TAN WD-ES (ELT) Kias Recycling | SBR |
Prismi | Ecolgreen (pre-consumer) | SBR | Trocellen | T-Pad 9008 XC | PE/PET |
Amorim Cork Composites | Amorim Nature 190 | Kork | |||
Lano Sports | Bionomic | Kork | |||
Limonta Sport | Infill Pro GEO | Gemisch |
In den Sickerwässern und Eluaten wurden ausgewählte Parameter wie der pH-Wert, die Leitfähigkeit, die Trübung, der DOC, der CSB sowie 19 Elemente und fünf Thiazole bestimmt und anschliessend mit den stoffspezifischen Anforderungswerten der Gewässerschutzverordnung (GSchV) oder mit Qualitätskriterien, beispielsweise des Oekotoxzentrums, verglichen. Aus Vorsorgegründen wurde meist das strengere chronische Qualitätskriterium (CQK) beigezogen.
Zu beachten ist, dass die Anforderungswerte gemäss Anhang 2 GSchV nicht direkt für den Niederschlagsabfluss gelten, sondern erst nach vollständiger Durchmischung (vor allem für Oberflächengewässer). Bei der Beurteilung, ob Abwasser bei der Einleitung in ein Gewässer oder bei der Versickerung als verschmutzt oder nicht verschmutzt gilt, ist deshalb immer auch der Zustand des Gewässers zu berücksichtigen. Werden die Zielwerte bereits im Sickerwasser eingehalten, können Überschreitungen im Gewässer ausgeschlossen werden.
Die Stoffauswahl erfolgte nach umfassenden Voruntersuchungen von acht Materialien und zwei Sickerwasserproben, bei denen ein wesentlich grösserer Parameterumfang berücksichtigt wurde:
Zusätzlich wurde jede Probe der Voruntersuchung mittels LC-MS-Screening auf weitere Mikroverunreinigungen analysiert. Beim Non-Target-Screening wurde ein Algorithmus angewendet, der alle Peaks über einem Schwellenwert und mit einer Retentionszeit von 3 bis 20 Minuten berücksichtigt. Im Suspect-Screening wurde eine Liste mit 24 Substanzen vertieft betrachtet. Weder Nonylphenol noch 6PPD wurden im Screening nachgewiesen.
Nachfolgend werden die wichtigsten Resultate der Feld- und Laboruntersuchungen vorgestellt [18]. Die Standorte und Produkte sind anonymisiert.
Bei den DOC-Konzentrationen zeigen sich keine systematischen Unterschiede zwischen verfüllten und unverfüllten Kunststoffrasenplätzen sowie zwischen Beregnungen und Regenereignissen (Fig. 3). In 85% aller Proben liegen die Konzentrationen unter 10 mg/l DOC. Dieser Anforderungswert für die Einleitung von kommunalem Abwasser in Gewässer (GSchV, Anhang 3.1, Ziff. 2, Nr. 3) wird von einigen Kantonen zur Beurteilung von Sickerwässern herangezogen. Auch in Magglingen liegen die DOC-Konzentrationen über den gesamten Beregnungszeitraum deutlich unter diesem Anforderungswert.
Die höchste gemessene DOC-Konzentration (68 mg/l) stammt von einem Platz, der mit Kork verfüllt wurde. DOC kann jedoch auch durch andere Quellen wie Vegetationsrückstände oder Süssstoffe in Sportgetränken beeinflusst sein. Daher ist der DOC als alleiniger Bewertungsparameter für die Sickerwasserqualität und den Behandlungsbedarf nicht spezifisch genug.
Die Messwerte von DOC und CSB korrelieren miteinander. Für den CSB wurde eine maximale Konzentration von 64 mg/l (Median 15 mg/l) ermittelt.
In Figur 4 ist das Vorkommen von gelöstem Zink im Sickerwasser, dem Element mit den höchsten Konzentrationen, zusammen mit dem Anforderungswert für Zink (5 µg/l, gelöst) im Oberflächengewässer nach weitgehender Durchmischung des eingeleiteten Abwassers (GSchV, Anhang 2, Ziffer 11, Absatz 3, Nummer 2) dargestellt. Rund 50% der Proben weisen erhöhte Zink-Konzentrationen (bis maximal um den Faktor 30 erhöht) auf.
Die Daten deuten darauf hin, dass auch von älteren Plätzen Zink ausgewaschen werden kann. Darüber hinaus verbinden sich Beregnungen mit höheren Zink-Konzentrationen im Sickerwasser, vermutlich auch durch das Zink im Beregnungswasser bedingt. Auf dem unverfüllten Platz in Magglingen ändern sich die Konzentrationen über die Abflussdauer kaum und liegen mit rund 30 µg/l im niedrigen Bereich.
Von den untersuchten Thiazolen sind im Sickerwasser nur BZT und MBT regelmässig nachweisbar (Fig. 4). Ein Unterschied zwischen verfüllten und unverfüllten Plätzen ist jedoch nicht erkennbar. Demnach hat die Elastikschicht einen wesentlichen Einfluss auf das Vorkommen der Thiazole. Die maximale Konzentration von BZT (rund 60 µg/l) ist etwa 20-mal höher als die maximale Konzentration von MBT. Es ist davon auszugehen, dass die Auswaschung mit der Zeit abnimmt, da beide Stoffe in Proben von relativ neuen Plätzen, die weniger als drei Jahre alt sind, in höheren Konzentrationen vorkommen als auf älteren Plätzen. Jedoch wurde auf dem unverfüllten, einjährigen Rasenplatz in Magglingen nur BZT in einer geringen Konzentration von 2 bis 10 µg/l nachgewiesen, während MBT sogar unterhalb der Bestimmungsgrenze blieb. Die Art der eingesetzten Produkte ist demnach noch relevanter als das Alter der Materialien.
Bemerkenswert ist die hohe Ökotoxizität von MBT mit CQK von 4,1 µg/l und einem akuten Qualitätskriterium (AQK) von 7,1 µg/l [20]. BZT ist weniger toxisch als MBT (CQK 240 µg/l, AQK 250 µg/l) [21]. In keiner Sickerwasserprobe wurden die Qualitätskriterien überschritten.
Die höchsten DOC-Konzentrationen liegen stets in der ersten Probe vor und nehmen über die Eluationen auf weniger als 10 mg/l DOC ab (Fig. 5). Dieser Konzentrationsverlauf deutet auf eine hohe initiale Abwaschung hin. Veranwortlich hierfür könnten Tenside oder Spinnöle aus der Herstellung sein. Abweichend verhalten sich die organischen Granulate (In_5, In_8), deren Konzentrationen um den Faktor 10 höher sind als die aller synthetischen Produkte. Zudem ist wie erwartet zu beobachten, dass bei +60 °C höhere Konzentrationen nachweisbar sind.
Wie der Verlauf der Zink-Konzentration über drei Eluate zeigt, ist der erste Messwert oft um den Faktor 10 höher als der zweite, der den fünften Wasserwechsel repräsentiert (Fig. 6). Danach nehmen die Konzentrationen nur noch wenig ab. Bei Kork sind die Konzentrationen bis zum zehnten Eluat hoch (In_5 von 600 bis 800 µg/l). Bemerkenswert ist, dass die Konzentrationen beim Granulat In_4 mit der Anzahl der Elutionszyklen zunehmen. Bezogen auf den Anforderungswert für Oberflächengewässer (5 µg/l Zink, gelöst nach weitgehender Durchmischung des eingeleiteten Abwassers im Gewässer) liegen alle Messwerte der drei Einstreugranulate (In_4, In_5, In_8) um den Faktor 100 darüber, darunter auch ein Korkprodukt (In_5). Bei den Elastikschichten überschreiten drei von fünf Produkten, darunter vier SBR-Produkte, den Anforderungswert um das Zehn-fache.
Die Zink-Konzentrationen sind bei +60 °C grösstenteils bis zu zehnmal höher als bei +20 °C. Überraschend waren die hohen Aluminiumkonzentrationen bei einem Korkgranulat. BZT wurde in den meisten Produkten nachgewiesen (Bestimmungsgrenze 1 µg/l), mit Ausnahme eines Rasens, einer Elastikschicht (Pad) und beiden Korkproben (Fig. 6). Die Konzentrationen liegen bei Rasenteppichen jedoch etwa 100-mal niedriger als bei Granulaten und Elastikschichten und das Qualitätskriterium CQK wurde in keiner Probe überschritten. Bei den synthetischen Einstreugranulaten und Elastikschichten lagen in rund 85% bzw. 60% der Proben die Konzentrationen dagegen über dem CQK. Im Verlauf der Elutionsreihe nehmen die Konzentrationen jedoch deutlich ab, sodass sie für fast alle Granulate und Elastikschichten im Bereich des Qualitätskriteriums münden.
Die Ergebnisse für MBT zeigen ein ähnliches Bild wie für BZT, jedoch sind die Spannweite der Konzentrationen und die Überschreitungen des Qualitätskriteriums ausgeprägter (Fig. 6). So sind bei allen Rasenprodukten die Konzentrationen nicht nur sehr gering, sondern mehrheitlich nicht nachweisbar. Bei den Elastikschichten ist MBT mit Ausnahme des Shock-Pads eindeutig nachweisbar, wobei es zu maximal zehnfachen Überschreitungen des Qualitätskriteriums kommt.
In den Eluaten der Einstreugranulate treten die höchsten Konzentrationen auf, die über den Verlauf von zehn Eluaten um den Faktor 10 abnehmen. Das Qualitätskriterium wird oft bis zum rund 1000-fachen überschritten. Die höchste MBT-Überschreitung (10 000-fach) liegt im ersten Eluat eines EPDM-Granulats vor. Es gibt jedoch auch ein Granulat (In_1, EPDM Eco), das nur eine zehnfache Überschreitung aufweist und bei dem zudem die Konzentrationen von BZT sehr niedrig sind.
Die Ergebnisse für BZT und MBT zeigen in der Regel nicht nur höhere Konzentrationen bei +60 °C als bei +20 °C, sondern die Konzentrationen von MBT sind teils doppelt so hoch sind.
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In der Regel gelangt das Niederschlagswasser von Kunststoffrasenplätzen und -flächen (Quelle der Emission) nicht direkt, sondern über Drainagen zur Versickerung oder wird direkt ins Gewässer eingeleitet (Orte der Beurteilung). Über diesen Pfad «Emission – Transmission – Immission» nehmen die Konzentrationen bzw. die Stofffrachten ab [22]. Entsprechende Konzepte wurden auch für Kunststoffrasenplätze beschrieben [5].
Die Stofffreisetzung am Einbauort kann mithilfe von Labortests beschrieben werden. Der weitere Transferpfad der Stoffe wird in der Regel durch ein bis zwei Transferfaktoren beeinflusst. Der erste Transferfaktor steht für eine Konzentrationsabnahme vom Einbauort durch den Boden ins Sickerwasser (Drainage). Auf diesem Weg werden die Stoffe durch Adsorption, Abbau und Ausfällung zurückgehalten. Die gemessenen Konzentrationen in Sickerwässern sind daher durchweg geringer als am Einbauort. Der zweite Transferfaktor beschreibt entweder den Stoffrückhalt im Boden der Versickerungs-/Behandlungsanlage oder die Vermischung mit Niederschlagswasser aus der Entwässerung der Sportanlage bei der Direkteinleitung. In beiden Fällen fallen die Konzentrationen nochmals geringer aus. Schlussendlich ist im Grundwasser oder im Oberflächengewässer der Anforderungswert bzw. das Qualitätskriterium nach der Durchmischung im Gewässer einzuhalten. Werden die Beurteilungskriterien bereits im Sickerwasser oder am Ort des Stoffeintrags eingehalten, lässt sich eine Gewässerverunreinigung vermeiden.
Diesem Konzept folgend, ist ein aussagekräftiger Eluattest erforderlich. Aufgrund des Auswaschverhaltens der Einzelkomponenten im Labor und der Konzentrationen in den Sickerwässern wird ein serieller Eluattest vorgeschlagen. Dieser lehnt sich an den Standard-Eluattest mit je 24 Stunden Wasserkontaktzeit [6, 7] an, umfasst aber acht Elutionen nacheinander. Dabei wird nach jedem Zyklus das Wasser gewechselt. Analysiert werden das erste, vierte und achte Eluat. Relevante Parameter sind DOC, Antimon, Zink, BZT und MBT. Obwohl Antimon weder in den Eluaten noch in den Sickerwässern auffällig war, wird aufgrund der weiten Verbreitung von Antimon als Flammschutzmittel eine Untersuchung von Fachleuten empfohlen. Als ergänzende Parameter dienen der pH-Wert und die elektrische Leitfähigkeit. Nach derzeitigem Kenntnisstand muss bei organischen Füllmaterialien wie Kork lediglich Zink analysiert werden.
Die Auswertung erfolgt konzentrationsbasiert. Dazu wird fĂĽr jeden Parameter der Mittelwert CM aus den drei Messwerten C1, C4 und C8 berechnet:
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In die Auswertung wird die kurzzeitige, hohe Anfangskonzentration C1 einbezogen, da es sich dabei um die höchste zu erwartende Konzentration (Worst Case) handelt. Ihre Bedeutung wird jedoch durch die beiden anderen Konzentrationen C4 und C8 relativiert, die den charakteristischen Auswaschverlauf repräsentieren.
Aus den Konzentrationsunterschieden zwischen Labor- und Feldmessungen wurden stoffspezifische Transferfaktoren abgeleitet (Tab. 5). Diese beschreiben den Pfad zwischen dem Einbauort (Eluattest) und dem Probenahmeort (Sickerwasser). Die letztlich festgelegten Transferfaktoren decken sich mit den heute üblichen Sicherheitsfaktoren, die meist zwischen 10 und 100 liegen. Ein Beispiel ist die Einleitung von Deponiesickerwasser in ein Oberflächengewässer mit dem Faktor 10.
Der sogenannte Prüfwert (P) ergibt sich, wenn der stoffspezifische Transferfaktor mit dem Anforderungswert bzw. dem Qualitätskriterium verknüpft wird (Tab. 5). Dieser integriert die systembedingte Konzentrationsabnahme vom Ort der Auswaschung bis ins Sickerwasser (Drainage). Für den DOC wird vorgeschlagen, den Anforderungswert der GSchV von 10 mg/l (Anhang 3.1 und 3.3) mit einem Transferfaktor 10 zu verknüpfen. Zink wurde im Sickerwasser in bedeutend geringeren Konzentrationen nachgewiesen als in den Eluattests. Daher wird der Anforderungswert für Gewässer von 5 µg/l Zink (gelöst) und das Qualitätskriterium CQK von 5,6 µg/l Antimon [23] mit einem Transferfaktor von 100 verbunden. Die Felduntersuchungen haben gezeigt, dass BZT und MBT insbesondere auf neuen Plätzen mit gummibasierten Materialien (Granulat, Elastikschicht) vorkommen. Unter Berücksichtigung der Abbaubarkeit der Stoffe und ihres Vorkommens im Sickerwasser wird vorgeschlagen, einen Transferfaktor von 10 für BZT und von 100 für MBT zu verwenden (Tab. 5).
Parameter | Qualitätskriterium CQ (mg/l) | Transferfaktor | Prüfwert P (mg/l) |
DOC | 10 | 10 | 100 |
Antimon | 0,0056 | 100 | 0,6 |
Zink | 0,005 | 100 | 0,5 |
BZT | 0,24 | 10 | 2,4 |
MBT | 0,0041 | 100 | 0,4 |
Aus dem Mittelwert CM und dem stoffspezifischen PrĂĽfwert (P) wird jeweils ein stoffspezifischer Risikoquotient RQ berechnet:
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Die Risikoquotienten RQ werden für jede Einzelkomponente (Rasen, Granulat, Elastikschicht) berechnet und gemäss Tabelle 6 einer VSA-Belastungsklasse zugeordnet. Wird der Prüfwert P eingehalten, entspricht dies der Belastungsklasse «gering» und Gewässerverunreinigungen können nach heutigem Wissenstand ausgeschlossen werden. Bei einer Überschreitung bis zum Doppelten ergibt sich die Belastungsklasse «mittel». Eine Überschreitung um mehr als das Doppelte entspricht der VSA-Belastungsklasse «hoch». Der kritischste Risikoquotient legt die Belastungsklasse des Gesamtaufbaus fest.
Risikoquotient | VSA-Belastungsklasse |
RQ ≤ 1 | gering |
RQ > 1 und ≤ 2 | mittel |
RQ > 2 | hoch |
Die Behörde entscheidet aufgrund der örtlichen Verhältnisse und Belastungsklasse über die Ableitung des Niederschlagsabwassers und die Behandlung. Die Zulässigkeit sowie die gewässerschutzrechtlichen Massnahmen ergeben sich aus den Gewässerschutzbereichen (Tab. 7–9):
Gewässerschutzbereich |
Belastungsklasse des Niederschlagsabwassers |
||
gering | mittel | hoch | |
ĂĽbrige Bereiche ĂĽB | keine | keine | BA |
Bereich Au | keine | BA1 | BA |
S3, Sm, Sh | BA | BA | BA |
S1, S2, Schutzareal | Errichtung nicht zulässig |
Â
Gewässerschutzbereich |
Bodenpassage1 |
Belastungsklasse des Niederschlagsabwassers |
||
Gering | mittel | hoch | ||
übrige Bereiche üB | mit | zulässig | zulässig | zulässig |
 | ohne | zulässig | zulässig (Bstandard) | zulässig (Berhöht) |
 | mit | zulässig | zulässig | zulässig |
 | ohne | zulässig | zulässig (Bstandard) | zulässig (Berhöht) |
S1, S2, S3, Sm, Sh, Schutzareal | Versickerung nicht zulässig |
1 Eine Versickerung ist nur über eine Bodenpassage mit biologisch aktiver Bodenschicht möglich (GSchV, Anh. 4, Ziffer 221, Abs. 1), ausgenommen die Versickerung von nicht verschmutztem Abwasser (Art. 3, Abs. 3).
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Oberflächengewässer / Abwasserreinigungsanlage |
Belastungsklasse des Niederschlagsabwassers |
||
gering | mittel | hoch | |
Fliessgewässer (Vs > 1) | zulässig | zulässig | zulässig (Bstandard) |
Fliessgewässer (Vs ≤ 1) | zulässig | zulässig (Bstandard) | zulässig (Berhöht) |
Stehendes Gewässer | zulässig | zulässig | zulässig (Bstandard) |
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Die Errichtung eines Kunststoffbelags oder -rasenplatzes ist nicht zulässig.
Kunststoffbelags- und Kunststoffrasenplätze sind bewilligungsfähig, sofern keine Versickerung des Niederschlagsabwassers stattfindet (Basisabdichtung erforderlich).
Für die Erstellung und Erweiterung eines Sportplatzes sind für eine gewässerschutzrechtliche Bewilligung je nach Belastungsklasse des Niederschlagsabwassers unterschiedliche Massnahmen (Basisabdichtung, Behandlungsmassnahmen) erforderlich.
Bei der Belastungsklasse «gering» darf das Niederschlagswasser ohne Vorbehandlung versickern oder eingeleitet werden, da eine Verunreinigung nach aktuellem Kenntnisstand ausgeschlossen werden kann. Wenn keine Auswaschserie vorgelegt wird, ist für die Kunststoff-fläche bzw. den Kunststoffrasenplatz von der Belastungsklasse «hoch» auszugehen. Dies gilt auch für organische Füllmaterialien (Kork, Olivenkerne etc.).
Um Belastungen zu vermeiden, sind in der Planung auswaschungsarme Produkte der VSA-Belastungsklasse «gering» zu bevorzugen. Dadurch können aufwändige Massnahmen zur Regenwasserbehandlung vermieden werden.
Werden Produkte mit einer höheren Belastung («mittel» oder «hoch») eingebaut, sind Basisabdichtungen (Tab. 7) und die entsprechenden Behandlungsmassnahmen (Tab. 8 und 9) vorzusehen.
Die Behandlung ist gemäss VSA-Richtlinie [15] und den kantonalen Anforderungen standortspezifisch zu erstellen und auszuführen. Bei Versickerung hat die Behandlung über eine Bodenpassage oder eine Adsorberanlage zu erfolgen, bei Direkteinleitung über einen Bodenfilter oder eine Adsorberanlage. Der Bodenaufbau ist gemäss VSA auszuführen oder eine geprüfte Adsorberanlage einzusetzen. Der stoffliche Wirkungsgrad von Adsorberanlagen für die gesamte ungelöste Stofffraktion (GUS), zwei Schwermetalle und zwei Mikroverunreinigungen(Bstandard 70–90% Rückhalt, Berhöht > 90% Rückhalt) im Bereich von Sportplätzen (Herkunftsfläche 3) ist nachzuweisen [24]. Allfällige kantonale Vorgaben sind zu berücksichtigen.
Die untersuchten Sickerwässer spiegeln reale Einbausituationen von neuen sowie von alten Kunststoffrasenplätzen wider. DOC und Zink wurde in allen Sickerwässern gefunden. Bei neuen Plätzen treten jedoch BZT und MBT in höheren Konzentrationen auf als bei älteren. Die Felduntersuchungen zeigen ausserdem, dass es keine signifikanten Unterschiede beim Vorkommen von BZT und MBT zwischen verfüllten und unverfüllten Standorten gibt. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass die Elastikschichten chemisch mit den SBR- und EPDM-Einstreugranulaten vergleichbar sind. Bei Korkmaterialien sind hingegen hohe Konzentrationen an DOC und einigen Elementen nachweisbar. Da Kork als Naturmaterial Huminstoffe auswäscht, wird deutlich, dass DOC als Summenparameter nicht als alleiniger Beurteilungsparameter für eine Belastung herangezogen werden sollte und sich bei organischen Füllstoffen als ungeeignet erweist.
Die Materialien zeichnen sich in den Laborversuchen durch eine grosse Spannbreite bei der Auswaschung aus. Im Vergleich zu den stoffspezifischen Anforderungen und Qualitätskriterien werden die Werte eingehalten oder bis zum Faktor 20 000 überschritten. Von untergeordneter Bedeutung sind die Kunststoffrasenteppiche. Die untersuchten synthetischen Granulate (EPDM, SBR), aber auch Kork, waren hingegen durchweg auffällig. Daher sind aus Sicht des Gewässerschutzes die SBR- und EPDM-Verfüllungen besonders problematisch. Bei den Elastikschichten handelt es sich überwiegend um verklebte SBR-Granulate mit vergleichbaren Emissionsmuster wie die Granulate. In nahezu jeder Materialkategorie hat es jedoch auch Produkte mit geringer Auswaschung.
Der Standard-Eluattest (1-Punktmessung) zeigt für die meisten Stoffe eine starke Abwaschung. Diese Konzentrationen beruhen jedoch nicht nur auf Kontaminationen, sondern können durch eine Vorwäsche beeinflusst werden. Im Einbauzustand ist zudem die initiale Stofffreisetzung allenfalls unmittelbar nach der Bauphase von Bedeutung. Die schwankenden Konzentrationshöhen im ersten Eluat bedeuten, dass auf Basis dieses Messwertes keine eindeutigen Vorgaben für einen möglichen Umschaltzeitpunkt, ab dem das Niederschlagswasser in die Mischkanalisation bzw. in die Abwasserreinigungsanlage eingeleitet wird, gemacht werden können. Daher sind 1-Punktmessungen für eine Umweltbewertung nicht ausreichend.
Schon der Verlauf über mehrere Elutionen liefert wesentlich mehr Informationen über das Verhalten der Materialien, wie es auch in der Realität zu erwarten ist. So zeigt sich beispielsweise, dass die Konzentrationen über eine Auswaschserie meist um den Faktor 10 bis 100 abnehmen. Wenn Produkte keine Abnahme aufweisen oder sogar einen Konzentrationsanstieg auf hohem Niveau verzeichnen, ist ihre Verwendung effektiv kritisch zu beurteilen.
Hier setzt das vorgeschlagene Bewertungskonzept an. Die Prüfwerte berücksichtigen stoffspezifische Qualitätskriterien und Transferfaktoren, die auf Erkenntnissen aus Laborversuchen und Felduntersuchungen basieren. Mithilfe des entwickelten Bewertungskonzepts lassen sich die Daten der Auswaschung in die drei VSA-Belastungsklassen (gering, mittel, hoch) überführen. Für die Beurteilung der Wasserqualität der Einzelkomponenten werden hierfür die Parameter DOC, Zink, Antimon, BZT und MBT vorgeschlagen, da sie in den Wasserproben nachgewiesen wurden.
In jeder Materialkategorie gibt es schon heute Produkte mit geringer Auswaschung. So gehörten alle untersuchten Kunstrasen, zwei von fünf Elastikschichten (Walo RUB TAN, SBR; Trocellen PE/PET-Pad) und ein EPDM-Einstreugranulat (Melos Infill EPDM Eco, Ln_1) zur Belastungsklasse «gering».
Werden Materialien mit geringer Belastung eingebaut, ist eine Behandlung des Sicker- bzw. Niederschlagswassers bei Versickerung in den Gewässerschutzbereichen Au und üB oder bei einer Direkteinleitung nicht erforderlich (Best Practice Systemaufbau). Dies soll auch einen Anreiz für Hersteller darstellen, mehr auswaschungsarme Materialien zu entwickeln, und Planer und Genehmigungsbehörden ermutigen, diese Materialien in der Praxis zu etablieren, indem sie Ausschreibungen entsprechend formulieren und die Belastungsklasse «gering» bzw. auswascharme Systeme fordern.
Das vorgeschlagene Konzept für eine gewässerschutzkonforme Planung und den Bau von Kunststoffflächen und -rasenplätzen soll nun in ein interkantonales Merkblatt überführt werden und dasBASPO-Merkblatt 112 [10] ablösen. Damit gelangen die gewonnenen Erkenntnisse direkt in die Praxis.
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[1] Løkkegaard, H. et al. (2018): Mass balance of rubber granulate lost from artificial turf fields, focusing on discharge to the aquatic environment. A review of literature. (Revised May 2019), DTI, 25
[2] Bertling, J. et al. (2021): Kunstrasenplätze – Systemanalyse unter Berücksichtigung von Mikroplastik- und Treibhausgasemissionen, Recycling, Standorten und Standards, Kosten sowie Spielermeinungen. Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT, Oberhausen
[3] Burkhardt, M.; Patrick, M. (2024): Mikroplastik aus Kunststoffrasenflächen – Vorkommen und Relevanz. Aqua & Gas, 12, 50-57
[4] BASPO (2007): 113 – Kunststoff- und Kunststoffrasenflächen - Untersuchungen über das Verhalten von Kunststoff- und Kunststoffrasenflächen unter natürlichen Witterungsverhältnissen. Bundesamt für Sport BASPO, Magglingen
[5] Kalbe, U. et al. (2016): Umweltverträglichkeit von Kunststoffbelägen auf Sportfreianlagen. Schriftenreihe des Bundesinstituts für Sportwissenschaften, Bonn
[6] DIN 18035-7:2019-12 (2019): Sportplätze – Teil 7: Kunststoffrasensysteme. DIN e. V., Berlin
[7] DIN 18035-6:2021-08 (2021): Sportplätze – Teil 6: Kunststoffflächen. DIN e. V., Berlin
[8] RAL 943 (2018): Kunststoffbeläge in Sportfreibelägen – Gütesicherung RAL-GZ 943. Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e. V., Bonn
[9] FLL (2022): Fachbericht Kunststoffsportböden – Nachhaltige Kunststoffbelagsauswahl für Sportfreianlagen. FLL Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V., Bonn
[10] BASPO (2008): 112 – Kunststoff- und Kunststoffrasenflächen - Empfehlung zur Umweltverträglichkeit. BASPO Bundesamt für Sport, Magglingen
[11] BASPO (2006): 111 – Kunststoffrasen - Übersicht. BASPO Bundesamt für Sport, Magglingen
[12] SFV (2007): Planung, Bau und Unterhalt von Fussballsportanlagen. Sportplatzkommission, Schweizerischer Fussballverband, Bern
[13] SFV (2017): Richtlinien fĂĽr die Erstellung von Fussballanlagen. Sportplatzkommission, Schweizerischer Fussballverband, Bern
[14] Luginbühl, P. (2018): Umweltschonende Verfüllungen von Kunststoffrasenfeldern. Bern: Eidgenössische Hochschule für Sport Magglingen
[15] VSA (2019): Abwasserbewirtschaftung bei Regenwetter. Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute, Glattbrugg, Schweiz
[16] BAFU (2004): Wegleitung Grundwasserschutz. Vollzug Umwelt, Bundesamt fĂĽr Umwelt, Bern
[17] BAFU (2022): Grundwasserschutz in stark heterogenen Karst- und Kluft-Grundwasserleitern. Vollzugshilfe Grundwasserschutz, Bundesamt fĂĽr Umwelt,Bern
[18] Burkhardt, M. et al. (2024a): Kunststoffrasenflächen für Fussball - Qualität und Bewertung des Sickerwassers. Im Auftrag des Bundesamtes für Sport (BASPO), des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) und des Amtes für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL), Kanton Zürich, S. 47. https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/wasser/publikationen-studien/studien.html
[19] Burkhardt, M. et al. (2024b): Umgang mit Sicker- und Niederschlagswasser von Kunststoffrasen und -belägen. Im Auftrag des Bundesamtes für Sport (BASPO), des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) und des Amtes für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL), Kanton Zürich, S. 13
[20] Junghans, M. (2024): Ad hoc EQS-Herleitung fĂĽr 2-Mercaptobenzothiazol (CAS 149-30-4). Oekotoxzentrum, DĂĽbendorf
[21] Oekotoxzentrum (2011): Vorschläge des Oekotoxzentrums für Qualitätskriterien für Oberflächengewässer – Benzothiazol. www.oekotoxzentrum.ch/expertenservice/qualitaetskriterien/qualitaetskriterienvorschlaege-oekotoxzentrum
[22] Schoknecht, U. et al. (2022): Environmental Impact of Construction Products on Aquatic Systems: Principles of an Integrated Source–Path–Target Concept. Water, 14, 228
[23] van Leeuwen, L.C.; Aldenberg, T. (2012): Environmental risk limits for antimony. RIVM Letter Report 601357001/2012
[24] VSA (2023): VSA-Leistungsprüfung für Behandlungsanlagen. Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute, Glattbrugg, Schweiz
Das Projekt wurde im Auftrag des Bundesamtes für Sport (BASPO), des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) sowie des Amts für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL) des Kantons Zürich durchgeführt. An dieser Stelle sei für die grossartige Unterstützung herzlich gedankt. Wir danken auch den 25 Mitgliedern der Begleitgruppe, die von Bundesämtern, Kantonen, Städten, Herstellern und Planern kommen, für ihre Mitarbeit.
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