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21. November 2025

Arbeitsgruppe Energie + Klima

Photovoltaik-Stromproduzenten auf ARA: Wichtige Änderungen ab 01.01.2026

Ab 2026 treten neue gesetzliche Regelungen in Kraft, die Photovoltaikanlagen (PV) auf Abwasserreinigungsanlagen (ARA) über 30 kWp direkt an den Strommarkt koppeln und Abregelungen durch das Energieversorgungunternehmen ermöglichen. Für die ARA bedeutet dies neue Herausforderungen, aber auch Chancen zur flexiblen Vermarktung überschüssiger Energie.
Beat Kobel 

Ab dem 1. Januar 2026 greifen Änderungen im StromVG und der StromVV, die insbesondere Betreiber/-innen von PV-Anlagen über 30 kWp betreffen:

  • Keine Absicherung mehr: Die Vergütung von PV-Strom wird direkt an den Marktpreis gekoppelt und die Vergütung für diesen eingespeisten PV-Strom kann gegen Null tendieren. Schwankende Marktpreise können die Amortisation verzögern oder Chancen für überdurchschnittliche Erträge bieten.

  • Abregelung durch Energieversorgungsunternehmen: Energieversorgungsunternehmen dürfen bis zu 3 % der Jahresenergieproduktion abregeln ohne Entschädigung zu zahlen – das entspricht einer Leistungsreduktion von rund 30 %.

  • Neue Vermarktungsoptionen: Innovative Energieversorgungsunternehmen bieten mit Projekten wie «Equalio PVFlex» die Möglichkeit, PV-Regeldienstleistungen bereitzustellen und so an Regelenergie- und SDL-Märkten zu partizipieren. Aktuell ab 1 MWp, ab 2026 auf 500 kWp reduziert.


Handlungsoptionen für ARA

Der VSA empfiehlt seinen ARA-Betrieben sich auf die gesetzlichen Anpassungen vorzubereiten:

  1. Gespräch mit Energieversorgungsunternehmen: Prüfen Sie, wie sich gesetzliche Änderungen auf Ihre Vergütung mit ihrem Strommix und Abregelungen auswirken. Welche Rolle spielt dabei der PV-Strom? Es ist zu klären, ob die gesetzlich zulässige Abregelung um maximal 3% der Jahresenergieproduktion ab 01.01.2026 zur Anwendung gelangt, wie diese kommuniziert und umgesetzt wird (maximale Leistungsreduktion und «Prognose» auf die Jahresenergieproduktion).

  2. Flexibilität nutzen: Es ist zu klären, ob die vorhandenen Möglichkeiten innerhalb des Stromverbrauchs und der Stromproduktion der ARA zusammen mit dem Energieversorgungsunternehmen genutzt werden können, um faire Lösungen bezüglich Stromeinkauf und Einspeisung zu treffen.

  3. Marktdaten in Echtzeit: Energie-Management-Systeme (EMS) werden künftig entscheidend, um Produktion und Verbrauch optimal an Strompreise und Netzauslastung anzupassen. Die ARA müssen Informationen in Echtzeit und als Prognose über den Strommarkt (Preise und Netzauslastung etc.) erhalten und die Energieverbrauchs- und Produktionskapazitäten danach regeln zu können. Diese sollten idealerweise direkt ins Prozessleitsystem (PLS) der ARA einfliessen und somit Gewähr bieten, direkt auf die Steuerung zugreifen zu können.

  4. Separate Vermarktung: Sollten mit dem örtlichen Energieversorgungsunternehmen keine Lösungen gefunden werden, so besteht für alle ARA der Schweiz die Möglichkeit, die Optimierung der PV-Produktion bei Energieüberschuss im CH-Stromnetz über «Equalio PVFlex» separat zu vermarkten. Aktuell beträgt die Mindestgrösse der PV-Anlage, um teilnehmen zu können, 1 MWp. Es ist jedoch vorgesehen, innerhalb des Jahres 2026 die benötigte Leistungsklasse auf die Hälfte, also 500 kWp zu reduzieren. Beim Anbieter dieser Lösung handelt es sich um ein grösseres, innovatives Energieversorgungsunternehmen, welches innerhalb des «Swissgrid Pilotprojektes PV4Balancing» die notwendigen Entwicklungen getätigt und Erfahrungen gesammelt hat. Das «Swissgrid Pilotprojekt PV4Balancing« ist auf teilnehmende Systemdienstleister bis Ende des Proof of Concept im Sommer 2026 beschränkt, was einzelnen ARA keine Teilnahme ermöglicht.

Der VSA unterstützt seine ARA und initiiert Energie-Management-System -Projekt

Die Arbeitsgruppe Energie und Klima des VSA beobachtet die Entwicklung und informiert die VSA-Mitglieder über den aktuellen Stand. Zudem entwickelt die Arbeitsgruppe aktuell ein Energie-Management-System (EMS auf ARA), damit ARA künftig mehr Informationen über den Strommarkt erhalten und auch für die ARA neue Wege der möglichen zukünftigen Zusammenarbeit mit den Energieversorgungsunternehmen zu etablieren. Dieses System soll:

  • Stromproduktion und Stromverbrauch dynamisch steuern
  • Energiemarktdaten in Echtzeit integrieren
  • Flexibilität und Optimierung von PV-Strom über Projekte wie Equalio PVFlex ermöglichen. Equalio PVFlex steht aktuell bereits allen Analgebetreibern mit einer Einzel-PV-Leistung von 1 MWp offen und wird im 2026 auf ca. 500 kWp erweitert und sollte später noch weiter geöffnet werden.
     

Das Energie-Management-System wird in Zusammenarbeit mit InfraWatt sowie mit «Energiemarkt und Energiecockpits» vertrauten Dienstleistern und den namhaften PLS-Anbietern und dem «Equalio PVFlex»-Anbieter erstellt. Ein Fördergesuch beim Bundesamt für Energie (BFE) wird bis Ende November 2025 eingereicht.

Fazit:
Die neuen Regelungen ab 2026 bringen für ARA sowohl Risiken als auch Chancen. Frühzeitige Abstimmung mit Energieversorgungsunternehmen, das Nutzen von Flexibilitäten und moderne Energie-Management-System -Lösungen sichern die Wirtschaftlichkeit und ermöglichen eine aktive Teilnahme am Strommarkt

Hintergrund und Entwicklungen
Ein aktueller NZZ-Artikel vom 11.10.2025 zeigt die steigenden Kosten für Netzstabilisierung und die wachsenden Eingriffsmöglichkeiten der grossen Stromkonzerne. Mit den neuen Regeln können Energieversorgungsunternehmen ab 2026 direkt in die PV-Produktion eingreifen, ohne Entschädigung zu leisten.

Viele ARA haben in den letzten Jahren stark in PV-Anlagen, Blockheizkraftwerke und Speicherkapazitäten investiert. Ziel war es, flexibel Energie zu produzieren, den Eigenverbrauch zu optimieren und das Stromnetz zu stabilisieren. Die neuen Regelungen verändern diesen Rahmen grundlegend, eröffnen aber gleichzeitig Chancen zur lokalen Vermarktung von Überschussstrom innerhalb von lokalen Energiegemeinschaften (LEG).

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