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08. Januar 2019

Zürcher Regierung zum Wassergesetz:

«Angst ist unbegründet»

(sda) Das Zürcher Wassergesetz, über das am 10. Februar abgestimmt wird, ist umstritten. Die Gegner befürchten eine Privatisierung der Wasserversorgung. Der Regierungsrat hält diese Angst für unbegründet. Es werde nur gesetzlich festgehalten, was bereits existiere. Der Trinkwasserverband SVGW sieht keine Notwendigkeit, die Privatisierung der Wasserversorgung per Gesetz zu fördern.
Schicksalsartikel für die Linken

Für die Linke geht es um einen «Schicksalsartikel». Sie befürchtet die Kommerzialisierung der Wasserversorgung. Diese gehöre aber "für alle Zeiten in öffentliche Hand", argumentiert sie.

Im Wassergesetz soll neu stehen, dass sich Private an der Wasserversorgung beteiligen können. Die Firmen dürfen aber nicht mehr als die Hälfte des Kapitals und nicht mehr als ein Drittel der Stimmrechte besitzen. Die Kontrolle soll zudem nach wie vor bei den Gemeinden bleiben und es darf kein Gewinn daraus gezogen werden.

«Argumentation unsachlich»

Baudirektor Markus Kägi (SVP) betonte deshalb am Montag an der Medienkonferenz der Regierung zu den kantonalen Abstimmungen, dass die Vorlage keineswegs einen "Ausverkauf der Wasserversorgung" bedeute. "Diese Angst ist unbegründet und die Argumentation der Gegner unsachlich."

Schon heute sei die Trinkwasserversorgung teilweise in der Hand von Privaten oder von Genossenschaften. Ins Gesetz werde nur geschrieben, was in der Wirklichkeit bereits existiere. Vielmehr werde mit dem neuen Passus die Versorgung vor Kommerzialisierung geschützt, weil die Stimmrechte der Gemeinden festgehalten seien.

Der Regierungsrat hatte diesen Passus zwar nicht in seiner Vorlage drin. Die FDP verlangte ihn aber während der Kantonsratsdebatte und setzte sich wegen der bürgerlichen Mehrheitsverhältnisse durch. Die Regierung ist damit - und mit dem ganzen Rest des Wassergesetzes - einverstanden, weshalb sie die Vorlage zur Annahme empfiehlt.

Schwerwiegende Befürchtungen der Wassergesetz-Gegner

Geschwächte Versorgungssicherheit, höhere Tarife und geplünderte Finanzreserven: Das Komitee gegen das neue Zürcher Wassergesetz, fürchtet den Einstieg privater Konzerne in die öffentliche Trinkwasserversorgung. Kritisiert wird insbesondere, dass das ursprünglich vom Regierungsrat vorgesehene Privatisierungsverbot von der bürgerlichen Mehrheit des Parlamentes aus der Gesetzesvorlage gekippt wurde. Das Wassergesetz erlaubt nun die Beteiligung von Privaten an der Wasserversorgung. Profitinteressen im kommunalen Wasserbereich seien sehr gefährlich.

Laut SVGW kein Handlungsbedarf für die Förderung der Privatisierung

In der Schweiz ist privates Engagement in der Trinkwasserversorgung schon lange bekannt. Aus historischen Gründen bestehen in der Schweiz unterschiedlichste Ausprägungen von Organisations-formen. Zu nennen sind u.a. Gemeindewerke, Stadtwerke, Genossenschaften, Korporationen, Akti-engesellschaften mit Gemeinden als einzige Aktionäre aber auch Aktiengesellschaften mit privaten Aktionären. Hinter jeder Wahl einer Organisationsform steht auch die Frage, wie die Governance geregelt ist.

Die Wasserversorgung ist ABER durch und durch eine öffentliche Aufgabe und ein natürliches Monopol. Aufgrund dieses Monopols kann Wettbewerb naturgemäss nicht funktionieren (Marktversagen), weshalb die öffentliche Hand das Monopol kontrollieren und regulieren muss. Um Trinkwasser nachhaltig und sicher zu verteilen, muss daher vorausschauend und sachlich über die sinnvolle Rechtsform der Trinkwasserversorgung befunden werden.

Infrastruktur der Wasserversorgung ist in gutem Zustand

Der Wiederbeschaffungswert der Infrastruktur der Wasserversorgung in der Schweiz beträgt ca. 50 Mrd. Franken. Diese Werte («Assets») wurden über Jahrzehnte mittels Steuergelder und auf Basis der Tarife aufgebaut. Für den Werterhalt dieser Trinkwasserinfrastrukturen werden jährlich durchschnittlich ca. 925 Mio. Franken pro Jahr investiert. Verglichen mit den bestehenden Wiederbeschaffungskosten der Trinkwasserinfrastrukturen kann davon ausgegangen werden, dass gegenwärtig genügend Finanzmittel in den Unterhalt und Erhalt investiert werden. Auch die Qualität der Betriebsführung ist ausgesprochen gut und die Selbstverwaltung der Branche funktioniert. Dies wird auch von unabhängiger Stelle immer wieder bestätigt. Eine Förderung einer Beteiligung Privater ist daher nicht angezeigt.

Bereits heute kann die Wasserversorgung an private Körperschaften delegiert werden. Dabei werden grundsätzlich auch die rechtlichen Pflichten wie das Kostendeckungsprinzip delegiert. Es gibt zahlreiche privatrechtlich organisierte Genossenschaften, welche die Wasserversorgung gut gewährleisten. Auch bestehende Aktiengesellschaften wie in Zug funktionieren als Querverbundunternehmen bezüglich Infrastrukturerhalt und Betriebsführung sehr gut. Wichtig ist, dass in der Wasserversorgung im Sinne einer guten Governance die öffentliche Hand die demokratische Kontrolle behält.

Was ist die Motivation Privater zum Engagement, wenn nicht Rendite und Einflussnahme?

Die Befürchtung, ein Privater könnte versuchen, auf Kosten der Infrastruktur Profit zu erwirtschaften, ist ernst zu nehmen. Gemäss dem verfassungsmässigen Kostendeckungsprinzip darf die Trinkwasserversorgung keinen Gewinn abwerfen – unabhängig davon, ob eine Gemeinde diese selber wahrnimmt oder an eine private Organisation delegiert. Es stellt sich daher die Frage, was die wirtschaftlichen oder politischen Interessen von Privaten sind, langfristig in die Trinkwasserversorgung zu investieren. Der Gewinnanspruch Privater und damit ihre Forderungen an Mitbestimmung und Einflussnahme stehen in Widerspruch zum Auftrag der Wasserversorgung.

Der SVGW sieht weder fachlich noch wirtschaftlich eine Notwendigkeit, private Rechtsformen zu fördern. Das Risiko, dass Private primär an Rendite und Einflussnahme interessiert sind, ist nicht von der Hand zu weisen. Der SVGW möchte hingegen Strukturentwicklungen fördern, die eine weitere Professionalisierung der Betriebsführung erlauben.

Der Trinkwasserverband SVGW will selbstverständlich die alten privatrechtlichen Wassergenossenschaften weiterhin zulassen, sieht aber keine Notwendigkeit, die Privatisierung der Wasserversorgung per Gesetz zu fördern.

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