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08. Oktober 2019

Wasserstoff

Energieträger der Zukunft

Das Jahr 2019 könnte der Startschuss sein für Wasserstoff als wichtiges Element des zukünftigen Energiemixes. Grund sind die politischen Klimaziele. Der Bericht «Hydrogen Roadmap Europe» zeigt auf, dass die Klimaziele der EU bis 2050 nur mit Wasserstoff realisierbar sind.

Wie die Elektrizität ist Wasserstoff (H2) keine Energiequelle, sondern ein sekundärer Energieträger. Als chemischer Energieträger besteht Wasserstoff aus Molekülen und nicht nur aus Elektronen wie die elektrische Energie. Dieser Unterschied begründet auch den Vorteil von Wasserstoff: Chemische Energie ist lange und stabil speicherbar sowie gut transportierbar. Zudem können die H2-Moleküle zur Erzeugung hoher Temperaturen verbrannt werden und sind einsetzbar für verschiedenste Anwendungen.
Wasserstoff wird als Schlüsselelement eines zukünftig klimaneutralen Energiesystems betrachtet. Nicht nur kann H2 die Integration der erneuerbaren Energien erleichtern, auch bietet er die Möglichkeit zur Dekarbonisierung von schwer transformierbaren Sektoren (Verkehr, Gebäude, Industrie).

Wasserstoff im Gasnetz

Die Verwendung von Wasserstoff  als Energieträger benötigt einheitliche Sicherheitsstandards und Normen. Auf europäischer Ebene arbeiten die EU/EFTA und die europäischen Normungsorganisationen CEN/CENELEC zurzeit an einem Normungsmandat mit dem Ziel, den Wasserstoffanteil im Erdgasnetz schrittweise zu erhöhen, bis hin zum Aufbau eines reinen 100%-Wasserstoffnetzes. Derzeit erschweren regulatorische Hindernisse und nicht harmonisierte Normen die Verbreitung von Wasserstoff in neuen Anwendungen. Hürden sind unter anderem das niedrige Niveau der zulässigen H2-Beimischung in das bestehende Gasnetz und die unterschiedlichen Grenzwerte für H2NG-Gemische in Europa.

Materialbeständigkeit und Wasserstoff-Toleranz von Geräten

Einige wichtige Normen im Bereich der Gasinfrastruktur und der Kompatibilität mit Geräten müssen noch entwickelt werden. Leitungen, Messgeräte, Heizkessel usw. sind auf ihre Materialbeständigkeit und Toleranz gegenüber verschiedenen H2NG-Gemischen zu prüfen. Technisch gesehen, vertragen bereits heute viele Geräte und Komponenten höhere H2NG-Gemische als die derzeit in der Schweiz geltenden 2% Wasserstoff (Vol.).
Ebenso werden europäische Normen für die Interoperabilität zwischen Strom- und Gasnetz sowie für die Gaszusammensetzung und Gasqualität benötigt. Die internationalen und europäischen Normungsorganisationen arbeiten bereits daran, das bestehende Normenwerk H2-fit zu machen.

H2-Forschung zum Abbau von Barrieren

Die europäische Gasforschungsgruppe GERG und das CEN TC 234 wurden von der Europäischen Kommission (DG ENER) beauftragt, eine Auswahlliste potenzieller Themenbereiche für PNR-Massnahmen zu erstellen, die zum Abbau von Barrieren bei der Einspeisung von Wasserstoff in das Erdgasnetz führen. Der Schwerpunkt der Forschung soll zunächst auf H2NG-Gasgemischen liegen.
Identifiziert wurden Themen wie Sicherheit, Gasqualität, Untertagespeicherung sowie die zentrale/dezentrale Stromerzeugung. Forschungsbedarf beim Thema Umwandlung von Erdgasnetzen zu reinen H2-Netzen wurde ebenfalls festgestellt.

Infos zum SVGW-Regelwerk G13/18

Matthias Hafner, SVGW

Infos zum Normenwerk

Barbara Guder, SNV

 

Wasserstoff im Gebäude

Japan nutzt die Olympischen Spiele 2020 in Tokio als Startschuss für den grossflächigen Einsatz der Wasserstofftechnologie. Als erstes Land macht es Wasserstoff zum zentralen Baustein seiner Energiewende. Für den Umstieg auf den Energieträger hat Japan einen Drei-Phasen-Plan ausgearbeitet, der bis 2040 null CO2-Emissionen vorsieht. Kurzfristig sollen bis zu den Olympischen Spielen über 40 000 wasserstoffbetriebene Fahrzeuge auf Japans Strassen verkehren und 400 000 Haushalte werden mit Brennstoffzellenheizungen ausgerüstet sein.
Auch für Europa ist die Wärmeversorgung in den Gebäuden mit Wasserstoff ein wichtiger Baustein. Gemäss dem Bericht «Hydrogen Roadmap Europe» soll Wasserstoff bis 2050 knapp 20% des Wärmebedarfs der Gebäude in Europa abdecken. Um das Dekarbonisierungsziel zu erreichen, müsste vermehrt auf die WKK- und Brennstoffzellentechnik gesetzt werden. Deren Marktanteil könnte bis 2050 auf 50% steigen.

Wasserstoff in der Mobilität

FĂĽr Fahrzeugantriebe mit Wasserstoff stehen zwei Technologien zur VerfĂĽgung:
der Verbrennungsmotor und die Brennstoffzelle. Die sauberste Anwendung erfolgt in Brennstoffzellenfahrzeugen. Während im PW-Bereich die Elektromobilität vermutlich hauptsächlich batterieelektrisch sein wird, wird sie bei den Nutzfahrzeugen brennstoffzellenelektrisch sein. Gegenüber batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen punkten wasserstoffbetriebene mit Reichweiten, wie sie vergleichbare Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren aufweisen. Und auch das Betanken geht ähnlich schnell wie bei Verbrennern. Die Brennstoffzelle soll zukünftig bei LKW, Bussen und Eisenbahnen als Antriebsart zum Einsatz kommen. Elektro- und Brennstoffzellen-LKW haben zudem den Vorteil, dass sie in der Schweiz von der LSVA und der Mineralölsteuer befreit sind.
In Deutschland, aber auch in Japan werden Busse bereits auf Wasserstoff umgerĂĽstet. Im Rhein-Main-Gebiet fahren nicht nur Brennstoffzellenbusse, sondern bereits die erste Wasserstoff-Regionalbahn.
Die LKW sind die nächsten, denen Brennstoffzellen den Vortrieb verschaffen sollen. Aktuell entwickelt Bosch einen LKW-Wasserstoffantrieb mit 1900 Kilometern Reichweite. Asiatische Unternehmen, wie z. B. Toyota und Hyundai, entwickeln bereits Nutzfahrzeuge wie LKW und Busse mit BZ-Antrieben.
Auch in der Schweiz sollen bis 2023 eintausend mit Wasserstoff betriebene Lastwagen fĂĽr Coop, Migros und Co. fahren.
Das noch grobmaschige Netz von Wasserstofftankstellen behindert die Verbreitung der Brennstoffzelle. Abhilfe soll hier die AFID-Richtlinie (2 014/94/EU) der EU leisten, die vorsieht, bis 2025 in Europa eine Wasserstoffinfrastruktur aufzubauen.

(Quelle: Gazette 1/19)

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