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20. März 2020

Weltwassertag/Klimawandel

Sauerstoff am Seegrund wird knapp: Fischlaichplätze bedroht

Der Klimawandel sorgt nicht nur für höhere Wassertemperaturen, er wirkt sich auch negativ auf die Durchmischung der Gewässer aus. Die Folge: Am Seegrund wird der Sauerstoff für die Fische knapp. Dies melden das Bundesamt für Umwelt (Bafu) und die Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Wie Hitzesommer unseren Fischen zusetzen können, zeigte sich in den vergangenen Jahren immer wieder. Zum Beispiel im August 2018, als die Wassertemperaturen im Rhein auf über 27°C stiegen, was zu einem grossen Fischsterben führte. Erhebungen des Bestandes zeigten, dass während dieser Hitzephase ein Grossteil der Äschen verendet sind.

Dieses Phänomen werde in der Öffentlichkeit bisher aber noch kaum zur Kenntnis genommen, schreibt das Bundesamt für Umwelt (Bafu) aus Anlass des Weltwassertages vom kommenden Sonntag, 22. März. Dieser steht dieses Jahr unter dem Motto «Wasser und Klimawandel».

Einfluss auf Zirkulation des Wassers

Dass es in der Schweiz häufiger heiss wird als früher, ist auf den Klimawandel zurückzuführen. Eine Entwicklung, die sich weiter fortsetzen wird: «Hitzewellen werden häufiger, intensiver und künftig länger andauern», heisst es in den Klimaszenarien CH2018, einem Bericht des National Centre for Climate Services (NCCS) zum Klima der Zukunft in der Schweiz.

Doch der Klimawandel sorgt nicht nur für höhere Wassertemperaturen, er wirkt sich weit vielschichtiger auf unsere Gewässer aus. In den Seen beispielsweise beeinflusst er die Zirkulation des Wassers und damit die Versorgung mit Sauerstoff.

 

Der Mechanismus, durch den sauerstoffreiches Oberflächenwasser in die Tiefe gelangt und sauerstoffarmes Tiefenwasser an die Oberfläche transportiert wird, funktioniert so: Wasser ist bei 4°C am schwersten. Deshalb verharrt die Wassertemperatur in der Tiefe das ganze Jahr über konstant bei dieser Temperatur. Wenn im Winter auch das Wasser an der Oberfläche gegen 4°C abkühlt, verschwinden die Temperaturunterschiede zwischen Oberflächen- und Tiefenwasser. Wehen nun noch genug starke Winde, kommt es zu einer tief reichenden vertikalen Durchmischung der Wasserschichten. Dieser Vorgang ist für die Sauerstoffversorgung am Seegrund zentral. Dort braucht es den Sauerstoff für einen effizienten mikrobiellen Abbau von pflanzlichen und tierischen Resten.

Badewassertemperaturen im Herbst

Die in den vergangenen Jahrzehnten beobachtete Erwärmung des Wassers wirkt sich negativ auf die Durchmischung der Seen aus. Kühlt das Oberflächenwasser in einem milden Winter nicht genügend ab, kann sich die warme Oberfläche aus rein physikalischen Gründen kaum mehr mit dem kalten Tiefenwasser austauschen. Die Erwärmung der Seen verläuft parallel zum Anstieg der Lufttemperaturen. Die deutlichste Veränderung zeigt sich im Herbst. Die Wassertemperatur an der Oberfläche des Zürichsees etwa hat im Oktober pro Jahrzehnt durchschnittlich um 0.5°C zugenommen. Für die 80 Jahre, seit denen solche Messungen durchgeführt werden, bedeutet das einen Anstieg von 4°C.

Die gestörte Durchmischung wird vor allem in den tiefen Seen zum Problem. «Man hat in den letzten Jahren beispielsweise festgestellt, dass der Bodensee, der Zürichsee und der Genfersee weniger oft bis in tiefe Schichten durchmischt wurden und daher weniger Sauerstoff ins Tiefenwasser gelangt ist», erklärt Manuel Kunz von der Sektion Wasserqualität des BAFU.

Die Zirkulation der Seen und damit die Versorgung des Tiefenwassers mit Sauerstoff wird sich voraussichtlich weiter verschlechtern. Simulationen im Rahmen des Forschungsprojekts «Klimawandel am Bodensee» etwa haben ergeben, dass eine gute Durchmischung des Sees bis zu seiner grössten Tiefe in 254 Metern immer seltener wird. Berechnungen zur Wasserqualität zeigen, dass die Sauerstoffkonzentrationen im Tiefenwasser künftig deutlich abnehmen und «kritische Werte» erreichen können.

Qualität des Lebensraums leidet

Das hat Folgen für Flora und Fauna. So kann eine ungenügende Sauerstoffversorgung des Tiefenwassers dazu führen, dass Lebensraum für Fische verlorengeht. In den Tiefen des Bodensees etwa sind Blaufelchen oder Tiefensaiblinge auf eine ausreichende Sauerstoffkonzentration an ihren Laichplätzen angewiesen, nur dann können sich die Eier dieser Arten erfolgreich entwickeln.

Und wie wirkt sich die gestörte Durchmischung der Seen auf deren Nutzung als Trinkwasserressource aus? «Bis heute», beruhigt Manuel Kunz, «wird dadurch die gute Trinkwasserqualität der Seen nicht gefährdet. »

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