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26. Mai 2023

Trinationales Wasserstoff-Forum

Gemeinsam den Weg für grünen Wasserstoff ebnen

Rund 400 Teilnehmende tauschten sich am Trinationalen Wasserstoff-Forum über den zukunftsträchtigen Energieträger aus. Einig waren sich alle: Die Region Basel ist als Schweizer Hub für grünen Wasserstoff prädestiniert. Ebenso, dass es dafür ein gemeinsames kantons- und länderübergreifendes Engagement braucht.
Jasmin Fürstenberger 

Bei der Begrüssung zum Trinationalen Wasserstoff-Forum in Basel betonte Handelskammerpräsidentin Elisabeth Schneider-Schneiter, dass grüner Wasserstoff (H2) grosses Potenzial habe, entscheidend zur Dekarbonisierung der Region und des Landes beizutragen. Die Schweiz müsse aber als international ausgerichtete Volkswirtschaft gemeinsam mit europäischen Verbündeten in eine nachhaltige Energiezukunft schreiten. Dem pflichtete auch Claus Schmidt, CEO IWB, zu. Er ergänzte: «Die zentrale Lage in Europa, unsere guten Verkehrsanbindungen, die Nähe zur künftigen H2-Pipeline der EU sowie die zahlreichen Industriebetriebe prädestinieren unsere Region als Wasserstoff-Zentrum der Schweiz». Mitorganisator Jürgen Schulz von der Klimaplattform der Wirtschaft rief dazu auf, aktiv zu werden, aber auch Geduld zu haben. Denn für den Ökostrom in grossen Mengen, die Grundlage für günstigen grünen Wasserstoff, benötige man neue Infrastrukturen. Planung und Bau dieser benötige wiederum viel Zeit – ein veritabler Stresstest für Investoren – ohne die sich gar nichts bewegen würde.

Weltweit im Aufbau

Pierre-Alain Graf, CEO Getec Gruppe, informierte über die globalen Entwicklungen zu H2 und dessen Relevanz für die Wirtschaft. Grüner Wasserstoff könne nur in Sonnen- und Windzonen in grossen Mengen produziert werden. Damit stelle sich die Frage, wie das brennbare H2, das viel Speicherplatz benötigt, sicher und effizient von den Erzeugern zu den Verbrauchern gebracht werde. Neben Pipelines sei auch der Transport auf dem Wasserweg denkbar. Diese Lieferketten seien weltweit bereits im Aufbau. Sicher sei, dass Infrastrukturen für den zukunftsträchtigen Energieträger Wasserstoff nur gemeinsam, länder- und unternehmensübergreifend, errichtet werden können.

easyJet entwickelt Wasserstoff-Motor für Flugzeuge

easyJet möchte bis 2050 ihr Netto-Null-Ziel erreichen, so Jean-Marc Thévenaz, CEO easyJet Schweiz. Ein Hebel dazu sei der Wasserstoffantrieb für Flugzeuge. Deshalb entwickelt das Unternehmen zusammen mit Rolls Royce einen Wasserstoff-Motor, der zurzeit getestet wird. Um in Zukunft auszureichende Mengen an Wasserstoff tanken zu können, müsse dieser stark komprimiert und gekühlt werden. Dies sei – ebenso wie die Lagerung und der Transport von H2 – herausfordernd. Thévenaz glaubt an die Zukunft von Wasserstoff und fordert die Politik in der Schweiz dazu auf, neben Photovoltaik und Windkraft auch in grünen Wasserstoff zu investieren.

Energieunternehmen investieren in Wasserstoff

Im anschliessenden Gespräch mit den Energieunternehmen badenova aus Deutschland, GRTgaz aus Frankreich und den IWB aus der Schweiz zeigt sich, dass diese an grünen Wasserstoff als zukunftsfähigen Energieträger glauben und im Dreiland in Pilotprojekte, aber auch bereits grössere Anlagen investieren. Wasserstoff solle Dieseltreibstoffe und den Gebrauch von Erdgas in Industrieanlagen ersetzen. In fünf bis zehn Jahren werde sich der Wasserstoffverbrauch skalieren lassen. Die Industriekunden seien denn auch Treiber dieser Transformation. Wichtig ist, schon jetzt die Prozesse und Anlagen anzupassen, damit neben dem Anschluss an das europäische Netz auch der Anschluss der einzelnen Unternehmen gelingt.

H2-Projekte aus dem Dreiland

Wer sich in der trinationalen Region bereits wie für Wasserstoff engagiert, zeigte sich auch bei den Praxisbeispielen aus der Wirtschaft: So möchte NorthC ihre energieintensiven Datacenter bis 2030 CO2-neutral betreiben. Eine von vier Säulen dazu ist grüner Wasserstoff, mit dem beispielsweise die Notstromversorgung betrieben werden soll. H2 sei ein veritabler Gamechanger. Die Agglomerationsgemeinden im Raum Mulhouse setzen mit dem Projekt Hyperium auf Wasserstoff im öffentlichen Verkehr und in der Logistik. Der Gasnetzbetreiber R-GDS in Strassburg eröffnet noch in diesem Jahr Wasserstoff-Tankstellen und Haffner Energy möchte Biomasse zur Wasserstoff-Produktion nutzen. Aus 30 Tonnen Biomasse aus der Forst- und Landwirtschaft liessen sich 1 Tonne H2 produzieren. Im deutschen Whylen am Hochrhein nutzt Endress+Hauser eine Power-to-Gas-Anlage, um überschüssigen Strom aus Wasserkraft in H2 umzuwandeln. Der Baumaschinenhersteller Liebherr hat einen robusten Wasserstoffmotor für schwere Baufahrzeuge wie Bulldozer, Kranfahrzeuge oder Bagger entwickelt. H2 ersetzt dabei den bisher gängigen Dieselkraftstoff. Die Prototypen kamen bereits bei Testfahrzeugen real zum Einsatz und haben sich bisher gut bewährt. Das Unternehmen EDF unterstützt wiederum mit seinem Know-how gleich mehrere H2-Projekte in der trinationalen Region, darunter eine mit Hilfe von Wasserstoff CO2-reduzierte Düngermittelproduktion in Ottmarsheim, Frankreich.

Gute Rahmenbedingungen schaffen

Am anschliessenden Panel diskutierten Handelskammerdirektor Martin Dätwyler (s. auch Box unten), Jacques Haenn, Regionaldelegierter Grand Est für France Hydrogène, Andre Olveira-Lenz, IHK Südlicher Oberrhein, und Markus Bareit, Bundesamt für Energie, über die Rahmenbedingungen, um Wasserstoff als Schlüsselenergie voranzubringen.

Infolge der angespannten Energieversorgungslage habe die Abkehr von fossilen Energieträgern in Deutschland an Geschwindigkeit gewonnen. Frankreich investiere 9 Mia. Euro in eine H2-Strategie, um die Industrie und den Schwerverkehr zu dekarbonisieren. Und die Schweiz? Martin Dätwyler bestätigt das grosse Interesse der Unternehmen der Region Basel an Wasserstoff: «Von unseren 30 Vorstandsunternehmen sprechen sich 28 dafür aus, in der Schweiz den Einsatz von Wasserstoff voranzutreiben. Lediglich zwei haben sich wegen des hohen Energieeinsatzes zur H2-Produktion kritisch zu dem Energieträger geäussert». Dätwyler fordert, offen gegenüber der neuen Technologie zu sein, Hürden für H2-Investoren zu beseitigen und Pilotprojekte rasch zu ermöglichen.

Einig waren sich alle: Wollen wir den Import, die Produktion, die Speicherung, den Transport und die Nutzung von Wasserstoff im Dreiland vorantreiben, müssen wir uns vernetzen und koordiniert vorgehen. Entscheidend dabei ist auch der Anschluss an das Europäische Wasserstoffnetz «European Hydrogen Backbone». Gemeinsam schaffen wir es, den Weg für grünen Wasserstoff in unserer Region zu ebnen

Kanton Baselland soll eine Wasserstoff-Strategie ausarbeiten

Der Kanton Basel-Landschaft soll zusammen mit Bund und Nachbarkantonen eine regionale Wasserstoff-Strategie ausarbeiten.


(sda) Der Landrat überwies am 25. Mai ein entsprechendes Postulat von Martin Dätwyler (FDP) an die Regierung. Unter anderem sollen mögliche Standorte für Wasserstoff-Anlagen geprüft werden. Zudem sollen die Rahmenbedingungen so angepasst werden, dass Wasserstoffwirtschaft begünstigt werden kann. Für die Schweiz und die Region sei es von grösster Bedeutung, beim voraussichtlichen Durchbruch dieses Energieträgers den Anschluss nicht zu verpassen, sagte Dätwyler.

Ursprünglich reichte er den Vorstoss als Motion ein. Bau- und Umweltschutzdirektor Isaac Reber (Grüne) hielt fest, es sei faktisch ein Handlungspostulat. Schliesslich entschied sich der Motionär für eine Umwandlung in ein Postulat, das vom Kantonsparlament stillschweigend überwiesen wurde. Im Grossen Rat des Kantons Basel-Stadt soll gemäss Dätwyler ein ähnlicher Vorstoss eingereicht werden.

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