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Fachartikel
03. November 2025

Interview mit Frank Döhnert

«Ohne Wasserstoff lässt sich das Dekarbonisierungsziel nur schwer erreichen.»

Wie in der Schweiz kommt auch in Deutschland der Fernwärme eine bedeutende Rolle bei der nötigen Transformation der Wärmeversorgung zu. Die Stadt Dresden schaut auf eine lange Fernwärmetradition zurück und verfügt daher über ein vergleichsweise grosses Fernwärmenetz. Dieses wurde und wird kontinuierlich weiterentwickelt, wie Frank Döhnert vom kommunalen Energieversorger SachsenEnergie AG berichtet. Neben Erweiterung und Verdichtung des Netzes soll zudem die Dresdner Fernwärme in den nächsten Jahrzehnten dekarbonisiert werden.
Margarete Bucheli 

Sie arbeiten bei der SachsenEnergie AG. Welche Bereiche deckt das Unternehmen ab?

Die SachsenEnergie AG ist ein Versorgungs- und Dienstleistungs­unternehmen im deutschen Bundesland Sachsen mit Hauptsitz in Dresden. Als Energieversorger betreibt die SachsenEnergie AG ein Gas-, ein Fernwärme- und ein Stromnetz. Zudem betreiben wir ein Wasserversorgungs- und ein Glasfasernetz.

Die SachsenEnergie AG verfügt bereits über ein ausgedehntes Fernwärmenetz. Von wann stammt es und wie hat es sich entwickelt?

Das Fernwärmenetz ist auf die Stadt Dresden beschränkt. Um 1900 entstanden, ist es eines der ältesten in Deutschland. Es wurde über die Jahrzehnte hinweg kontinuierlich ausgebaut. Einen grossen Entwicklungsschub gab es in den 1960er-Jahren, als grosse Wohngebiete erschlossen wurden. Heute ist die Innenstadt überwiegend mit Fernwärme versorgt. Rund 45 Prozent der Dresdner Haushalte heizen mit Fernwärme. Das sind rund 132 000 Wohnungen in 8417 Häusern. Das Trassee des Fernwärmenetzes ist 660 Kilometer lang. Das Netz ist unterteilt in Primär- und Sekundärnetz. Das Primärnetz wird mit 128 °C betrieben. Der Rücklauf stellt sich dann bei 50 bis 60 °C ein. Der Vorlauf im Sekundärnetz liegt bei 95 bis 110 °C (maximal 120 °C). Zwischen die beiden geschaltet sind 100 Wärmeübertragungsstationen. Zum Netz gehören zudem rund 3000 unterirdische Bauwerke.

Wo wird die in Dresden verteilte Wärme zurzeit erzeugt? Welche Wärmequellen werden genutzt?

Früher wurde die Wärme in mehreren Kohlekraftwerken erzeugt. Mitte der 1990er-Jahre wurde das letzte von einem Gasturbinenkraftwerk abgelöst. Derzeit ist der Hauptbrennstoff Erdgas. Diesen verfeuern wir in drei Heizkraftwerken und einem Heizwerk. Seit 1995 ist zudem das bereits erwähnte Gasturbinenheizkraftwerk Nossener Brücke in Betrieb. Erst kürzlich, sprich 2022, nahm das hochmoderne Gasmotorenheizkraftwerk Dresden-Reick seinen Dienst auf. Dank der hohen Einsatzflexibilität von Gasmotoren können wir mit diesem relativ schnell reagieren, vor allem auf Schwankungen in der Verfügbarkeit erneuerbarer Energiequellen. Darüber hinaus betreiben wir ein Schnitzelheizkraftwerk mit 230 Megawatt Wärmeleistung. Und schliesslich verfügen wir über drei Solarthermieanlagen, die via Wärmeübertragungstationen Wärme ins Sekundärnetz einspeisen.

«Gemäss Dekarbonisierungskonzept wollen wir bis 2045 die fossilen Energien komplett aus unserem Fernwärmenetz verbannen.»

Sie haben es gerade erwähnt, das Innovationskraftwerk Dresden-Reick. Was macht dieses HKW so innovativ?

Dieses Heizkraftwerk mit acht Gasmotoren erzeugt 90 Megawatt Strom sowie 84 Megawatt Wärme. Dank seines sehr hohen Wirkungsgrads und moderner Abgasreinigungsanlagen wird sichere und saubere Energie produziert – und jährlich gegenüber herkömmlichen Werken rund 80 000 Tonnen Kohlen­dioxid eingespart. Zudem ist das Heizkraftwerk H2-ready, was bedeutet, dass es bereits so ausgelegt ist, dass es auf Wasserstoff umgestellt werden kann. Ein weiterer Vorteil ist, dass ein Gasmotorenkraftwerk in Sekunden am (Strom-)Netz ist. Da die Motoren bereits 30 Sekunden nach Start elektrische Energie einspeisen können, ist die Bereitstellung von Sekundärregelleistung ebenfalls möglich.

Ein wichtiges Element des Dekarbonisierungskonzepts der SachsenEnergie AG ist die «Ergrünung» der Fernwärme. Wie will man die Fernwärme in Dresden grüner machen?

Gemäss diesem Dekarbonisierungskonzept wollen wir bis 2045 die fossilen Energien komplett aus unserem Fernwärmenetz verbannen. Dafür planen wir Verschiedenes: Einerseits eine Ersatzstoffanlage, das heisst eine Müllverbrennung mit 45 Megawatt, und andererseits eine Grosswärmepumpe mit Flusswasser. Überdies wollen wir in einigen der ca. 100 Wärmeübertragungsstationen kleinere Wärmepumpen einbauen. Nächstes Jahr werden wir eine Wärmepumpenanlage in Betrieb nehmen, die das Bergbauwasser aus stillgelegten Stollen des früheren Eisenerzabbaus nutzt. Des Weiteren soll auch vermehr Abwärme genutzt werden. So entstehen bei Dresden zurzeit grosse Chipfabriken, man spricht auch von Silicon Saxony. Diese Produktionsorte werden wir an die Fernwärme anschliessen. Im Gegenzug wollen wir die Abwärme der Firmen übernehmen.

Daneben soll in den vorhandenen Heizkraftwerken Erdgas durch Wasserstoff ersetzt werden. Die Idee ist, von der geplanten Wasserstoffschiene von Antwerpen nach Prag den Wasserstoff zu erhalten. Ausserdem müssen unsere Heizkraftwerke dann für Wasserstoff umgerüstet werden. Klar ist, dass sich ohne Wasserstoff das Dekarbonisierungsziel nur schwer erreichen lässt.

Sind auch Optimierungen im Netz durch Temperaturabsenkungen geplant?

Temperaturabsenkungen im Netz sind bei uns immer ein Thema, wobei das nicht bedeutet, dass wir die Vorlauftemperatur absenken, denn damit würde nur der Volumenstrom im Netz erhöht werden. Wir haben bereits Versuche gefahren zu einem Absenken der Vorlauftemperatur. Auf 110 °C sind wir heruntergekommen, mehr lag nicht drin, weil sich dann eine hydraulisch kritische Situation im Netz eingestellt hat. Die bessere Lösung ist daher aus unserer Sicht die Absenkung der Rücklauftemperatur. Damit geht automatisch eine Minderung der Vorlauftemperatur einher. Allerdings haben wir wenige Möglichkeiten des Eingreifens beim Rücklauf, denn die Rücklaufabsenkung passiert bei den Kunden. Die Kunden müssten ihre Anlagen optimieren, damit sie die gelieferte Wärme möglichst gut ausnutzen. Daher appellieren wir immer an unsere Kunden, dass sie ihre Anlagen optimal auslegen, dass der hydraulische Abgleich überprüft und, wenn nötig, verbessert wird. So könnten sowohl die Kunden wie auch wir als Versorger sparen. Das Fernwärmesystem muss als ein grosses System angeschaut werden, das Erzeugung, Verteilung und Verbrauch umfasst und als Kreislauf funktioniert. Das schwächste Glied in diesem Kreislauf stellt das Problem dar, bei dem angesetzt werden muss.

Und wie sieht es beim Thema Wärmespeicherung aus? Was ist hier geplant?

Bereits seit 1984 verfügen wir über einen Wärmespeicher. Es handelt sich um einen Druckwärmespeicher am Standort vom Heizkraftwerk Reick. Dieser wurde in den 2010er-Jahren erweitert auf ein Gesamtvolumen von 14 400 m3, verteilt auf 40 Behälter. Dies entspricht einer Wärmeleistung von 900 Megawatt. Der Wärmespeicher ist die «Lunge» unseres Netzes. In der Regel wird er nachts befüllt und tagsüber entleert. So optimieren wir über den Wärmespeicher den Betrieb unseres Kraftwerkparks. Dieses Instrument ist in Dresden bereits sehr alt und wirklich unverzichtbar. Auf dem Gelände des Gasturbinenheizkraftwerks Nossener Brücke haben wir zudem eine Art grossen Tauchsieder erstellt – eine Power-to-Heat-Anlage, mit der überschüssiger erneuerbarer Strom in Wärme umgewandelt wird. Diese wird gespeichert und, wenn gebraucht, ins Fernwärmenetz abgegeben. Aktuell planen wir einen Grosswärmespeicher mit einem Speichervolumen von rund 30 000 m3. Angedacht ist ein Zweischichtenspeicher. Allein durch das Gewicht des Wassers lässt sich in einem solche Speicher in der unteren Zone Wasser von über 100 °C einlagern.

«Das Fernwärmesystem muss als ein grosses System angeschaut werden, das Erzeugung, Verteilung und Verbrauch umfasst und als Kreislauf funktioniert.»

Die kommunale Wärmeplanung ist in Dresden in vollem Gange. Was ist für die Weiterentwicklung des Fernwärmenetzes zu erwarten?

Auf Grundlage dieser Wärmeplanung für Dresden sind wir daran, ganze Stadtgebiete neu zu erschliessen, die bis anhin mit Gas versorgt werden. Schon in der Nachwendezeit in den 1990er-Jahren wurden grosse Summen investiert, um Stadt­gebiete neu mit Fernwärme zu versorgen. Das Netz wird also kontinuierlich weiterentwickelt, und das wird auch künftig fortgesetzt. Ziel ist, dass sich SachsenEnergie im Stadtgebiet längerfristig aus der Erdgasversorgung vollständig zurückzieht.

Ist der Aufbau eines Fernkältenetzes in Dresden angedacht?

In diesem Bereich sind wir nicht allzu gut aufgestellt. Wir betreiben einen Kältering im Gebiet um den Dresdner Neumarkt, den Platz um die Frauenkirche, wodurch insbesondere die dortigen Hotels mit Kälte versorgt werden. Dieser Ring ist mittlerweile überfordert, da der Bedarf deutlich höher ist als bei seiner Dimensionierung angenommen. Leider ist eine nachträgliche Anpassung nicht möglich. Darüber hinaus gibt es noch einige Kälteinseln in Dresden, zum Beispiel eine um den Dresdner Hauptbahnhof herum mit unserer eigenen Energiezentrale. In den 1990er-Jahren haben wir uns bedauerlicherweise aus wirtschaftlichen Gründen gegen den Aufbau eines grösseren Fernkältenetzes für die gesamte Dresdner Innenstadt entschieden. In anderen Städten, beispielsweise München, war man diesbezüglich vorausschauender. Der Bedarf an Kälte ist eindeutig im Steigen begriffen.

 

Was sind die grössten Herausforderungen, mit denen Sie bei der Instandhaltung des Fernwärmenetzes konfrontiert sind?

Das A und O ist die Netzkenntnis. Der Zustand des Netzes muss in hohem Mass bekannt sein. Wir verfolgen eine Mischung von ereignis- und zustandsorientierter Instandhaltung. In einem so grossen Netz nur ereigniskoordiniert instand zu halten wäre grob fahrlässig. Bei grossen Strassenbauprojekten der Stadt bauen wir in den meisten Fällen mit. Was wir allerdings dann genau machen – Teil- oder Gesamterneuerung –, hängt jeweils vom Zustand der Leitungen ab. Kanaltrassees, die aus den 1960er-/70er-Jahren stammen, schauen wir immer ganz genau an. Zum Teil tauschen wir sie gegen Kunststoffmantelrohre aus, zum Teil, vor allem bei grossen Transportleitungen, tauschen wir nur einzelne Elemente aus und erneuern die Isolierung. Genau hinschauen müssen wir ebenso bei Kunststoffmantelrohrleitungen aus der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre. Das war die Zeit, als die FCKWs verboten wurden, womit auch die FCKW-getriebenen Schäume der Mantelrohre durch Schäume ohne FCKW ersetzt werden mussten. Anfangs hatten viele Hersteller Schwierigkeiten mit der Umstellung. Dementsprechend weisen einige Leitungen aus dieser Zeit Qualitätsmängel auf.

Zurzeit wird die Rohrverbindungstechnik des Pressens als Alternative zum Schweissen diskutiert. Nachteil dieser Technologie ist, dass es momentan für erdverlegte Fernwärmeleitungen noch wenig (Langzeit-)Erfahrung dazu gibt. Sie haben sich dennoch entschlossen, Pressverbindungen in ausgewählten Fällen einzusetzen. Warum haben Sie sich ins Neuland vorgewagt und wie sind sie vorgegangen bei der Einführung dieser neuen Verbindungstechnologie?

Aktuell sind wir in Dresden noch gut aufgestellt, was Fachkräfte und insbesondere Schweisser betrifft. Vorteilhaft ist hier vor allem die Nähe zu den östlichen Staaten wie Polen und Tschechien, wo es vergleichsweise viele gut ausgebildete und qualifizierte Schweisser gibt. Wissend aber, dass es künftig immer weniger Schweisser geben wird, haben wir uns auf die Suche nach Alternativen fürs Schweissen gemacht und sind dabei aufs Pressen gestossen. Pressen ist im Bereich der Hausanlagen schon lang bekannt. Verwendet werden dort axiale Presssysteme mit Polymerdichtungen. Doch die Bedingungen in der Hausinstallation unterscheiden sich deutlich von denen, die in unserem Fernwärmenetz vorliegen. Für Temperaturen über 100 °C und hohe Drücke über 10 bar sind Systeme mit Polymerdichtungen nicht geeignet. Im Jahr 2018 haben wir auf der Fernwärmemesse in Frankfurt das metallisch dichtende Presssystem der Firma Haelok kennengelernt. Daraufhin haben wir die Firma eingeladen, auf unserem Prüfstand einige Leitungen zu pressen. Ausserdem haben wir uns über dieses System, das ursprünglich für den Schiffbau entwickelt worden war, kundig gemacht. Mittlerweile nutzen wir das System, aber nur für Reparaturen und an gewissen Orten: in Hausanlagen beim Wechsel von Belüftungs-, Entleerungs- oder Hauseintrittsarmaturen sowie beim Wechsel von Erdarmaturen. Im Pipelinebau und bei Hausanschlussleitungen verwenden wir es hingegen noch nicht.

Welche Erfahrungen konnten Sie bisher damit sammeln und welche Schlussfolgerungen ziehen Sie daraus fĂĽr den weiteren Einsatz des Pressverbindens?

Seit 2019 setzen wir das Pressen nun ein. In dieser Zeit haben wir viele Erkenntnisse gewonnen. So zeigte sich, dass das Grundrohr und die Einbausituation vor dem Pressen genau angeschaut und ordentlich vorbereitet werden müssen: Die Enden müssen blank geschliffen sein, es dürfen keine Fehler oder Schlagzahlen im Stahlrohr vorliegen, die Ovalität des Rohres muss geeignet sein und bei längs geschweissten Rohren darf die Überhöhung der Schweissnaht nicht zu gross sein. Des Weiteren haben wir den Herstellern Angaben gemacht zu den Bedingungen – Momente, Zug- und Druckkräfte bei den jeweiligen Nennweiten –, die in unseren Systemen auftreten. Nach einigen Jahren Erfahrung müssen wir nun nochmals über die Bücher und die damals erarbeiteten Standards nachrechnen. Schliesslich ist eines zentral: die statische Situation. Die kraftschlüssigen Fittings können bei einer Einbausituation mit vielen Lastwechseln Schwierigkeiten bekommen und eine geringe Lebensdauer aufweisen. Hier sollten die Fittings besser werden respektive die Hersteller müssen genau aufzeigen, für welche statischen Situationen und Bedingungen ein Fitting geeignet ist und wo die Grenzen des Pressens liegen.

Wichtig war und ist die Zusammenarbeit mit den Herstellern. Nur gemeinsam lassen sich das Pressen und die Fittings für erdverlegte Fernwärmesysteme weiterentwickeln und verbessern. Die Hersteller sind auf das Feedback von uns Anwendern angewiesen. Dazu gehört auch die gemeinsame Definition von Standards, in Deutschland in Form des AGFW-Arbeitsblatts FW 449 zu den metallisch dichtenden Pressverbindungen für Fernwärme- und Fernkältenetze mit Mediumrohren aus Stahl. Das Regelwerk wird aktuell überprüft, vor allem die Prüfkräfte, die angewendet werden, und die statischen Grundlagen. Geschärft werden auch die Vorgaben zur Vorbehandlung der Rohre und die Eignungsbereiche des Pressens.

«Das A und O ist die Netzkenntnis. Der Zustand des Netzes muss in hohem Mass bekannt sein.»

Im September 2024 kam es in Dresden zum Teileinsturz einer Brücke über die Elbe, der Carolabrücke. Was hatte das für Auswirkungen auf die Fernwärmeversorgung in Dresden und was waren die Massnahmen in den Stunden und ersten Tagen nach dem Einsturz?

Die Auswirkungen waren immens, denn im eingestürzten Teil der Brücke lag eine Fernwärmetransportleitung (zweimal DN 500), die quasi den gesamten Nordraum der Stadt versorgte. Damit ist schlagartig eine zentrale Versorgungslinie weggebrochen. Es gibt zwar noch eine zweite Querung, den Elbdüker (ebenfalls DN 500), doch mit diesem allein lässt sich die Versorgung des Nordens, vor allem im Winter bei Temperaturen unter 10 °C, nicht aufrechterhalten.

Während die Rücklaufleitung über den gesamten Querschnitt gebrochen ist, blieb die Vorlaufleitung mit 128 °C glücklicherweise ganz. Wäre der Vorlauf gebrochen, hätte es viel grössere Schäden gegeben, insbesondere verursacht durch riesige Dampfschläge. So mussten wir «nur» die Hydraulik wieder in den Griff bekommen. Das Netz konnte wegen der enormen Wasserverluste – rund 180 Tonnen innerhalb der ersten 5 Minuten – nicht aufrechterhalten werden. In einem zweiten Punkt hatten wir jedoch Glück: Zum Zeitpunkt des Unglücks sass einer unserer ältesten und erfahrensten Dispatcher in der Wärmewarte. Er hat die Situation schnell überblickt und die wichtigen Armaturen geschlossen. Durch diese Massnahmen konnte ein zu hoher Druckabfall im Netz verhindert werden, der eine Selbstabschaltung von Kraftwerken zur Folge gehabt hätte. So liess sich das Netz Stück für Stück respektive Quartier für Quartier wieder in Betrieb nehmen. Das nötige Wasser dafür haben wir aus unseren Speichern genommen. Auf diese Weise konnten wir den Grossteil des Netzes innerhalb eines Tages reanimieren.

Wie konnte die Fernwärmeversorgung im gesamten Versorgungsgebiet für den folgenden Winter sichergestellt werden?

Um Versorgungsengpässe im Winter zu vermeiden, hat SachsenEnergie vorübergehend eine zweite Fernwärmeleitung auf der historischen Augustusbrücke, einer Brücke unterhalb der Carolabrücke, verlegt. Dabei wurden je 500 m Rohr für den Vorlauf und den Rücklauf der Fernwärme über den westlichen Gehweg der Brücke verlegt. Bis November 2024 war das Provisorium fertiggestellt, sodass es zu keinen Versorgungsengpässen im Winter 2024/25 kam. Dieses Provisorium wird wahrscheinlich noch eine Weile erhalten bleiben, bis es von einer neuen, dauerhaften Elbquerung abgelöst wird.

Und schliesslich, welche dauerhafte Lösung ist für die Zukunft geplant?

Unmittelbar nach dem Teileinsturz der Carolabrücke in Dresden, noch bevor die provisorische Fernwärmeleitung fertiggestellt war, haben wir begonnen, verschiedene Varianten für eine neue und dauerhafte Versorgungsleitung von der Dresdner Altstadt zur Neustadt im Norden zu untersuchen. Die neuen Fernwärmeleitungen könnten entweder innerhalb der neu gebauten Brücke verlegt oder unterirdisch unter der Elbe entlanggeführt werden. Bei einer unterirdischen Verlegung kommen wiederum verschiedene Bauweisen und technische Verfahren infrage. Welche davon umsetzbar sind, hängt vom vorgefundenen Baugrund ab.

Zur Person
Der diplomierte Versorgungsingenieur Frank Döhnert ist Fachgruppenleiter Support Dresden Verteilanlagen und Betriebsingenieur Betrieb Fernwärme bei der SachsenEnergie AG und der SachsenNetze GmbH.

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