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Fachartikel
14. November 2019

Wasserstoff

Herstellung und Verwendung

Wasserstoff wurde im Jahr 1766 vom englischen Privatgelehrten Henry Cavendish entdeckt, als er mit Quecksilber und Säuren experimentierte. Als er die beiden Substanzen zusammenbrachte, entstanden im Gemisch kleine Gasbläschen, die er nicht als eines der bekannten Gase identifizieren konnte. Unabhängig von Cavendish entdeckte der französische Chemiker Antoine Lavoisier 1787 das Gas, als er in einem Experiment zeigen wollte, dass bei chemischen Reaktionen keine Masse verloren geht oder erzeugt wird. Lavoisier untersuchte das entstandene Gas weiter und führte die heute als Knallgasprobe bekannte Untersuchung durch, wobei das Gas verbrannte. Als er in weiteren Experimenten zeigte, dass sich aus dem Gas auch umgekehrt Wasser erzeugen lässt, taufte er es «hydro-gène» (hydro = Wasser, griechisch; genes = erzeugend).
Hubert Palla 

Herstellung

Pro Jahr werden weltweit mehr als 500 Milliarden Kubikmeter Wasserstoff (H2) für verschiedenste Anwendungen in der Industrie und der Landwirtschaft hergestellt. Chemisch gesehen ist molekularer Wasserstoff ein Primärenergieträger, da er in der Natur in freier Form vorkommt. Weil diese Mengen aber sehr geringfügig sind, zählt Wasserstoff zu den Sekundärenergieträgern und muss unter Einsatz von Primärenergie erst einmal erzeugt werden. Dafür kommen bisher vor allem fossile Rohstoffe zur Anwendung, aber auch Strom aus Wasserkraft, Kernenergie und erneuerbaren Energien. Wasserstoff ist somit nicht automatisch nachhaltig, sondern nur so nachhaltig wie die Primärenergie, aus der er gewonnen wurde. Es gilt, immer den Gesamterzeugungspfad im Auge zu behalten. Heute grosstechnisch angewandte Verfahren zur Wasserstofferzeugung sind die Dampfreformierung aus Kohlenwasserstoffen und die elektrolytische Wasserstofferzeugung.

Herstellung von H2 weltweit pro Jahr   Mrd. m3
Dampfreformierung von Erdgas oder Naphta        190
Partielle Oxidation von Schweröl 120
Benzinreformierung (Petrochemie)   90
Ethylenproduktion (Petrochemie)   33
Kohlevergasung (Koksgas)   50
Chlor-Alkali-Elektrolyse   10
Sonstige chemische Industrie     7
Total 500

Quelle: H 2 YDROGEIT

Dampfreformierung
Die Dampfreformierung aus Kohlenwasserstoffen ist das am weitesten verbreitete Verfahren zur Erzeugung von Wasserstoff, wobei die Reformierung aus Erdgas mit 70 % den höchsten Wirkungsgrad aufweist. Bei der Dampfreformierung wird Wasserstoff in zwei Schritten von den Kohlenwasserstoffen getrennt. Im Dampfreformer werden die Einsatzstoffe Erdgas, Flüssiggas oder Naphtha (Rohbenzin) bei hohen Temperaturen mit Wasserdampf versetzt. Dabei werden zunächst Wasserstoff, Kohlenmonoxid und Kohlendioxid erzeugt. Das durch unvollständige Umsetzung erzeugte Kohlenmonoxid wird anschliessend nochmals mit Hilfe von Dampf zu Kohlendioxid und Wasserstoff umgesetzt. Schliesslich wird das Produkt in einer Druckwechseladsorption von störenden Bestandteilen gereinigt. Die Prozess- und die Rauchgaswärme werden zur Dampferzeugung genutzt.

Elektrolyse von Wasser
Bei der Elektrolyse wird Wasser mit Hilfe von elektrischem Strom in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Bei klassischer Elektrolyse werden Wirkungsgrade von 65–70% erreicht, bei neuen Verfahren können bis zu 80 % erreicht werden. Die Reaktion findet in einem Elektrolyseur statt, der mit einem leitfähigen Elektrolyten (Salze, Säuren, Basen) gefüllt ist und in dem sich zwei Elektroden befinden, die mit Gleichstrom betrieben werden. Bei der Elektolyse werden weder Kohlendioxid noch andere Luftschadstoffe freigesetzt.

 

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Verwendung

Wasserstoff wird in vielen Branchen täglich als Gas oder Flüssigkeit verwendet. Der überwiegende Teil des grosstechnisch gewonnenen Wasserstoffs wird heute zur Synthese von Ammoniak eingesetzt. Mit dem Haber-Bosch-Verfahren wird aus Stickstoff und Wasserstoff Ammoniak (NH3) hergestellt und daraus wichtige Düngemittel und Sprengstoffe. Darüber hinaus dient Wasserstoff als Ausgangsstoff für Hydrierungen (Addition von Wasserstoff an andere chemische Elemente oder Verbindungen), z.B. die Hydrierung von Kohle, Erdöl oder Teer zu Benzin, für die Umsetzung von Kohlenmonoxid zu Alkoholen und Kohlenwasserstoffen oder zur Fetthärtung (Hydrierung öliger zu festen Fetten, Herstellung von Margarine). Weiterhin findet Wasserstoff Verwendung bei der Synthese von Chlorwasserstoff (Salzsäure), als Heizgas (meist im Gemisch mit anderen Gasen), als Raketentreibstoff sowie als Reduktionsmittel zur Darstellung von Metallen (Kobalt, Molybdän, Wolfram, Germanium) aus ihren Oxiden. Für Laborzwecke oder zum autogenen Schweissen ist Wasserstoff in komprimierter Form in Druckgasflaschen (Druck bis zu 200 bar, Kennzeichnung: rot) im Handel erhältlich.

Wasserstofftechnologien

Prinzip der Brennstoffzelle
Wasserstoff und Sauerstoff sind die Ausgangsstoffe, um mit einer Brennstoffzelle Strom und Wärme zu erzeugen. Der Anode wird Wasserstoff zugeführt und von einem Katalysator in positive Ionen sowie negative Elektronen geteilt. Die negativ geladenen Elektronen wandern über einen elektrischen Leiter zur Kathode – somit fliesst Strom. Gleichzeitig wandern die positiv geladenen Wasserstoff-Ionen zur Kathode, wo sie sich mit Sauerstoff zu Wasser verbinden. Die dabei freigesetzte Wärme ist nutzbar. Die chemische Reaktion in der Brennstoffzelle bezeichnet man auch als «kalte Verbrennung».

Prinzip der Elektrolyse
Unter Elektrolyse (griech. «mittels Elektrizität trennen») versteht man die Aufspaltung einer chemischen Verbindung unter Einwirkung des elektrischen Stroms. Bei der Elektrolyse von Wasser wird dieses mit Hilfe von elektrischem Strom in seine chemischen Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff getrennt. An der Kathode – der negativen Elektrode – bildet sich Wasserstoff, der in Form von Gasblasen an der Kathode aufsteigt und gesammelt werden kann. An der Anode – der positiv geladenen Elektrode – entsteht Sauerstoff, der als Gas an der Anode aufsteigt und dort ebenfalls gesammelt werden kann. Bei der Elektrolyse wird elektrische in chemische Energie umgewandelt.

Prinzip von Power-to-Hydrogen
Der Elektrolyseur ist das Kernstück einer Power-to- Hydrogen-Anlage. Im Elektrolyseur wird Wasser mit Hilfe von Strom in einer chemischen Reaktion (Stoffumwandlung) in seine Bestandteile Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) aufgespalten. Der erneuerbare Wasserstoff (H2) steht für diverse Anwendungen zur Verfügung oder kann direkt ins Gasnetz eingespeist werden. In einem zusätzlichen Schritt kann Wasserstoff in Verbindung mit CO2 in Methan (CH4) umgewandelt werden.

 

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