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Fachartikel
11. Mai 2020

Wasserstoff aus Sicht des SVGW

H2: Multienergietalent im Schweizer Gasnetz

Der beinahe emissionsfreie, multifunktionale Energieträger Wasserstoff (H2) durchdringt sukzessive die europäische Energielandschaft. Der SVGW nimmt mit seinen internationalen Aktivitäten im Bereich der Normierung (SN EN) und der technischen Branchenvertretung (Marcogaz) aktiv daran teil. Die Entscheidung, in welchem Masse H2 Eingang finden wird in die gesamte europäische Energiestrategie und damit auch in die der Schweiz, steht unmittelbar an. Mit der Diskussion über die H2-Beimischung ins Gasverteilnetz rückt die Gasbeschaffenheit wieder mehr in den Fokus und damit auch die Anpassungen beim Regelwerk, bei den Gasnetzkomponenten, dem Betrieb und Unterhalt und nicht zuletzt bei der Abrechnung.
Matthias Hafner, Bettina  Bordenet , 

Gegenüber Methan hat Wasserstoff (H2) den Vorteil, dass er nahezu emissionsfrei erstellt und angewendet werden kann. Zudem kann er Energie in grossem Masse über längere Zeit speichern und transportieren. Dies und die Tatsache, dass er in der Industrie bereits seit Jahrzehnten eingesetzt wird, machen ihn zu einem interessanten Energieträger. Wie auch Biogas und klimaneutrales Methan gilt H2 als dekarbonisiert und erneuerbar und kann somit einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 leisten. 

Wasserstoff kann auf fast allen Märkten, die das Erdgas bespielt, eingesetzt werden: Mobilität, Wärme, Industrie, Energieerzeugung und Speicherung. Dies macht ihn auch aus technischer Sicht zu einem valablen Ersatz für das heutige Erdgas. Mit der Beimischung von H2 ins Gasnetz und Anpassung der bestehenden Gasinfrastruktur liessen sich neue Märkte und Funktionen erschliessen (Power-to-X, Speicherung usw.). Seine ausserordentliche Vielseitigkeit machen ihn zum Treiber und konkreten Bestandteil eines erneuerbaren Multienergiesystems. Somit ist und wird Wasserstoff immer mehr ein Schwerpunktthema der Schweizer Gasbranche.
Als Bestandteil von Wasser ist Wasserstoff in fast allen organischen Verbindungen enthalten. Er ist das häufigste chemische Element und somit in fast unbegrenztem Masse verfügbar. Um das Molekül abzuspalten, braucht es allerdings einiges an Energie – im Idealfall aus erneuerbaren Quellen. Nur steht Energie aus Sonne, Wasserkraft, Wind oder Geothermie zwar fast unbegrenzt, aber nicht bedarfsorientiert (zeitlich und räumlich) zur Verfügung. Einiges verweist auf eine all-electric World als Lösung, aber verschiedene unabhängige internationale Studien [1, 2] kommen zum Schluss, dass es auch künftig einen breiten Mix an Technologien und Infrastrukturen (Multienergiesystemen) braucht. Eine Schlüsselrolle dabei entfällt auf die Transformationstechnologie Power-to-Gas, die erneuerbare Energien durch Umwandlung in Wasserstoff oder Methan speicherbar und transportfähig macht.
Um die heutige vorhandene Flexibilität und Bedarfsorientierung aufrecht zu erhalten, könnten somit erneuerbare Gase basierend auf Wasserstoff und Biomethan eine eminent wichtige Rolle einnehmen. Dieser mulitfunktionale Energieträger (Methan/H2) kann auf den unterschiedlichsten Versorgungsebenen (Gebäude, Arealen, Verteil- und Transportnetzen) eingesetzt werden. Die nächsten Jahre werden entscheidend sein für die Positionierung des Energieträgers H2 in der europäischen Energielandschaft und somit auch in der Schweiz. Es kann davon ausgegangen werden, dass die europäischen Gasnetze dabei eine zentrale Rolle spielen werden [3]. Die Vorbereitungen in Europa für das Gasnetz sind schon weit fortgeschritten: von der Abklärung der technischen Machbarkeit über die Märkte (Anwendungen) bis hin zur Normierung. Die entsprechenden europäischen Gremien und Organisationen haben alles aufgegleist (Strategien in Europa, Frankreich, Italien, Österreich und Deutschland). Die realisierten und anstehenden Projekte werden immer konkreter und nähern sich reellen und wirtschaftlichen Umsetzungen [4].
Die Frage steht somit im Raume, wo die Schweizer Gasindustrie in diesem sich anbahnenden Technologiewandel der Gasinfrastruktur steht. Der SVGW wird mit seinen Strukturen (Informationen, Kommissionen, Schulung und Regelwerk) diesen Wandel technisch mitgestalten und begleiten.

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Gasbeschaffenheit im Fokus

Die Erdgasbeschaffung für die Schweiz ist seit Jahrzehnten stabil, entsprechend wenig schwankt die lokale Gasbeschaffenheit (s. G10001 [5]). Durch die vermehrte Nutzung erneuerbarer Gase und Erdgas aus unterschiedlichen Quellen können in naher Zukunft Schwankungen der Gasbeschaffenheit häufiger, längerfristig und ausgeprägter auftreten. Mit einer zusätzlichen vermehrten Einspeisung von Wasserstoff aus dezentralen und grösseren europäischen Quellen wird sich die Standardgasbeschaffenheit, definiert in der SVGW-Richtlinie G18 «Gasbeschaffenheit», ändern. Vielleicht könnte sich hier neu wieder Gasfamilien (Erdgas (heute), Methan/Wasserstoff-Gemische bis hin zu reinem Wasserstoff) etablieren, unterteilt nach ihren brenntechnischen Kennwerten (Wobbe-Index, Brennwert und relativer Dichte).
Wie können nun die Verteilnetzbetreiber und Anwender auf die Transformation zu erneuerbaren Gasen agieren und reagieren? Hierzu müssen kostenoptimale, standortbezogene Transformationspfade hin zur Treibhausgasneutralität entwickelt werden, basierend auf unterschiedlichen Anteilen von erneuerbarem Methan und Wasserstoff. Die Weiterentwicklung der Gasinfrastruktur erhält somit eine neue Möglichkeit standortbezogener und bedarfsorientierter Diversifikation. Der SVGW wird mit seinen Strukturen unterschiedlichste Transformationspfade technisch begleiten. Die Szenarien reichen von reinen Erdgasnetzen (heute) bis zu reinen H2-Netzen.
Nicht nur innovative Netzbetreiber werden gefordert sein, sondern das ganze bestehende Netz, das hinsichtlich Eignung fĂĽr neue Gasbeschaffenheiten und deren Auswirkungen analysiert werden muss.

Szenarien
Kurzfristig (1-2 Jahre)

In einem ersten Schritt innerhalb von ein bis zwei Jahren ist geplant, das Regelwerk des SVGW (Richtlinie G18 «Gasbeschaffenheit», Richtlinie G13 «Einspeisung von erneuerbaren Gasen» und das Reglement G209 für die technische Abnahme, Zulassung und Betriebsaufsicht von Anlagen zur Einspeisung von erneuerbaren Gasen) anzupassen für eine Gasbeschaffenheit mit 10 Vol.-% H2. Etliche Studien belegen, dass eine Einspeisung von bis zu 10 Vol.-% H2 ins Gasnetz für Anwendungen im Gebäude möglich sind [7, 8]. Somit könnte eine Einführung der neuen Gasbeschaffenheit ohne grössere Kosten erfolgen. Die Ausnahme bildet aktuell die CNG-Mobilität: Diese weist Beschränkungen bezüglich der H2-Toleranz auf (2%). Technische Lösungen zum Schutz der Anlagen und Tanks sind jedoch bereits vorhanden oder in Entwicklung.

Mittelfristig (3-10 Jahre)

Ein nächster mittelfristiger Schritt (3–10 Jahre) wäre die Erhöhung auf 20 Vol.-% Wasserstoff. In diversen Projekten haben Experimente im Labor und theoretische Analysen bereits gezeigt, dass bei Gasinstallationen und vielen häuslichen Anwendungen ein sicherer Betrieb bei bis zu 20 Vol.-% Wasserstoff möglich sein sollte. Im Rahmen des DVGW-Projektes «H2-20» soll nun bis 2022 mit Feldtests in realen Netzen nachgewiesen werden, dass die bisherigen Ergebnisse auf den aktuellen Gerätebestand übertragbar sind [8]. Das Projekt wird mit ca. 340 Kunden und einem unveränderten Gerätebestand durchgeführt. Die Projektziele sind Sicherheitsanalysen und Bewertungen, Machbarkeitsnachweis im Gerätebestand, Verträglichkeitsnachweis für die Bauteile des Verteilnetzes und Einbringen der Ergebnisse in das nationale und europäische Regelwerk.
Es werden neue Verfahrenstechnologien für die Transition (Filter, Membranen, Katalysatoren und Adsorption) zum Einsatz kommen, deren Ziel es ist, die bestehende Strukturen zu schützen oder den Umbau voranzutreiben. Mit dem erhöhten H2-Gehalt im konventionellen Gas könnte die Gasinfrastruktur auch für reine H2-Anwendungen (Mobilität, Industrie, Energie usw.) ein interessanter Partner werden.

Reine H2-Infrastrukturen auf allen Versorgungsebenen

Der Ausblick und Umbau auf 100% H2 sollte nicht gleich ausser Acht gelassen werden. Sei dies zum Beispiel auf der Ebene der Anwendungstechnologien (Produktion, Nutzung und Speicherung) für Gebäude. Hierzu gibt es jetzt schon entsprechende Anbieter von Gesamtlösungen mit Elektrolyseur, Speicher und Brennstoffzelle.
Innovative Netzbetreiber könnten auch parallel zu bestehenden Gasinfrastrukturen Insellösungen mit reinem H2 anbieten oder Teile ihres bestehenden Verteilnetzes aussschliesslich mit einer dezentralen lokalen H2-Produktion versorgen.
Anderseits werden von den Fernleitungsnetzbetreibern schon Visionen von nationalen und europäischen Wasserstoffnetzen basierend auf den bestehenden Gasinfrastrukturen skizziert [9] – parallel zur bestehenden Gasinfrastruktur. Der SVGW wird auch hier Hand zu Lösungen bieten, um einen sicheren Betrieb, Versorgung und Unterhalt zu gewährleisten.

Abschliessend ist zum Thema Gasbeschaffenheit zu sagen, dass es sich noch nicht abzeichnet, wie diese im Jahr 2050 in den Gasnetzen aussehen wird, ausser dass ihre Treibhausgasneutralität gewährleistet sein sollte. Um die Gasinfrastruktur für unterschiedliche Gasbeschaffenheiten tauglich zu machen, wird der SVGW sein Regelwerk systematisch überprüfen müssen hinsichtlich der unterschiedlichen Eigenschaften der Brenngase (CH4, CH4/H2-Gemischen und H2) und deren Einfluss auf die Planung, Bau und Betrieb der Gasinfrastruktur.

Internationale Beteiligung des SVGW

Der SVGW beteiligt sich im Rahmen der Schweizer Normenvereinigung (SNV) bei der Erarbeitung eines Standardisation Request für eine europäische Normierung in der Gasinfrastruktur bezüglich
– Wasserstoff/Erdgas-Gemische
– synthetisches Methan und Wasserstoff
– Wasserstoff

Die Arbeiten der Gremien an den entsprechenden Normen werden im 3. Quartal 2020 starten. Die Arbeitsgruppen des CEN/TC 234 «Gasinfrastruktur» klären bereits ab, welche europäischen Normen (EN) angepasst werden müssen. Aktiv beteiligt sich der SVGW auch in den Arbeitsgruppen von Marcogaz.
Zusätzlich laufen auf der europäischen Ebene prenormative Forschungen im Auftrag der Energiekommission der EU bezüglich der Gasinfrastrukturen und H2 (CEN Hydrogen/H2NG Initiative). Diese werden koordiniert von GERG (The European Gas Research Group) und den entsprechenden Technischen Kommissionen des CEN/TC234 und CEN/TC408. Dafür wurden acht Arbeitspakete erstellt:
– Sicherheit (Sensoren, Leckagen, Dichtheit usw.)
– Gasqualität
– dezentrale/zentrale Energieproduktion
– Industrie
– Stahlleitungen
– Ausrüstung und Material
– Gasverbrauchsapparate
– Installation

Die Ergebnisse dieser Arbeiten werden dem SVGW zur Verfügung stehen. Des Weiteren hält der SVGW engen Kontakt mit den Schwesterorganisationen aus Deutschland DVGW und Österreich ÖVGW und pflegt einen etablierten Austausch zu deren Wasserstoffaktivitäten.

Wasserstofftaugliche Gas-infrastruktur

Ausgehend von obigen Gasbeschaffenheitsszenarien muss der Netzbetreiber bestrebt sein, seine Netze zukunftstauglich zu halten. Dies verlangt genaue Kenntnisse zu allen Komponenten (Netz, Gasinstallation und Anwendung), die mit H2 in Kontakt kommen könnten, und deren H2-Toleranz. Zudem erfordert die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für Gasnetze mit Blick auf 2050 besonderes vorausschauendes Handeln bei Investitionsentscheidungen. Da die Komponenten im Gasnetz für 30-70 Jahre verbaut werden und regelmässig Teilstrecken erneuert werden, ist die Analyse des aktuellen Gasnetzes von höchster Wichtigkeit. Nur auf diesen Unterlagen und Kenntnissen lassen sich die Weiterentwicklungen der Netze planen. Wenn die heutige H2-Toleranz der einzelnen Netzkomponenten bekannt ist, können bei Ersatz oder Neuverlegung direkt Komponenten verbaut werden, deren H2-Verträglichkeit bereits möglichst hoch ist. Selbst bei höheren Preisen für die verlegten Komponenten hätte dies wirtschaftliche Vorteile, da die Materialkosten beim Verlegen nur mit einem kleinen Anteil zu Buche schlagen. Je später damit angefangen wird, desto höher werden die Kosten, da eigentlich funktionelle Leitungen nur wegen ihrer H2-Verträglichkeit ersetzt werden müssen.

H2-Tauglichkeit der Verteilnetz- und Anwendungskomponenten

Die «H2-Toleranz der Verteilnetze» ist aktuell einer der Themenschwerpunkte des SVGW im Bereich Wasserstoff. In diesem Rahmen wurde das Projekt «Analyse der H2-Toleranz der Verteilnetzen und Anwendungen» Anfang 2020 lanciert. 30 Verteilnetzbetreiber beteiligen sich am Projekt. Sie sind willens, Teile ihres Netzes oder sogar das Gesamtnetz auf Wasserstoffverträglichkeit zu analysieren.
Das Projekt basiert auf einem Kompendium, das vom DBI [10] im Auftrag von deutschen Verteilnetzbetreiber erstellt wurde. Es enthält wesentliche Informationen zu Material, Funktionen und Komponenten eines Gasnetzes und deren Wasserstoffverträglichkeit. Das Kompendium wird fortlaufend mit den neuesten Informationen von uns und von den anderen beteiligten Projekten erweitert. Erste Resultate von den Analysen in der Schweiz werden im Laufe des 4. Quartals 2020 erwartet. Grundsätzlich ist allen Betreibern von Gasinfrastrukturen empfohlen, schon jetzt bei Ersatzinvestitionen auf die jeweils modernste Alternative hinsichtlich H2-Toleranz zu Erdgas-äquivalenten Preisen zurückzugreifen (H2-ready Komponenten). Auch die Hersteller von Komponenten sollten sich darauf einstellen und entsprechende Abklärungen für bestehende und neue Produkte machen. Zu gegebener Zeit wird der SVGW hierzu Hersteller sowie Lieferanten informieren und auch in das Projekt einbeziehen. Zudem werden die weiteren Schritte mit der Zertifizierungsstelle abgeklärt. Das Projekt bezieht sich nicht nur auf die Verteilnetze, sondern beinhaltet auch die Gasinstallation und Anwendung.
In einer Vorstudie für eine erhöhte Einspeisung von H2, mitfinanziert vom Forschungsfonds der schweizerischen Gaswirtschaft (FOGA), soll das vorhandene Wissen zur H2-Einspeisung aufbereitet und bewertet werden. Insbesondere der Einfluss auf das Gasnetz, die Hausanschlüsse und andere Gasanwendungen (z. B. Prozesskunden, Erdgastankstellen) stehen im Vordergrund. Fragestellungen zur H2-Verträglichkeit des Verteilnetzes, die in dieser Vorstudie noch nicht bearbeitet werden können, sollen in Anschlussprojekten geklärt werden.
Mit am Projekt beteiligt sind neben dem SVGW die Hochschule Rapperswil HSR, die Gasversorgung Dietikon, SWR Infra und das Centre de Recherches Energétiques et Municipales (CREM). Eine Vorgehensweise wird dabei entwickelt, wie die Infrastruktur (Netzbauteile: Erfassung H2-ready) und Anwendungen (Geräte: Erfassung vor Ort) analysiert werden können, um einen sicheren Betrieb zu gewährleisten. Dieser wird im Anschluss als Leitfaden den Gasversorgern zur Verfügung gestellt.

Betrieb und Sicherheit von Netzen

Nach den grundsätzlichen Fragen bezüglich der Verträglichkeit der Komponenten und des Umbaus eines Netzes bleibt die Frage: Wie wird ein Netz mit erhöhtem und/oder schwankendem H2-Gehalt oder mit 100% H2 betrieben? Der Betrieb eines Verteilnetzes mit einer lokalen Einspeisung von Wasserstoff birgt für den Verteilnetzbetreiber sicherlich neue Herausforderungen bezüglich der Nachverfolgung der Schwankungen von brennwerttechnischen Kenngrössen, die abrechnungsrelevant sind. In einem zweiten Schritt, ab Herbst 2020, wird die eingangs erwähnte Frage in Angriff genommen.
Zur Sicherheit des Betriebes von Gasinfrastrukturen gehört ebenso das Wissen über das Verhalten des Gases im Havariefall. Das Technische Inspektorat des Schweizerischen Gasfaches (TISG) wird mit seinen Kontrollen, Audits und Prüfungen der technischen Sicherheit die Anwender und Netzbetreiber unterstützen, so dass Anlagen (H2-Tankstellen, Elektrolyseure und Gebäude) nach den bestehenden Anforderungen sicher betrieben werden können. Ein Erdgas/H2-Gemisch mit einem H2-Anteil von 10 Vol.-% verhält sich grundsätzlich immer noch so wie Erdgas, was z. B. die Explosionsgrenzen betrifft. Bei höheren H2-Anteilen müssen Anpassungen bezüglich des Explosionsschutz erbracht werden.

Ausblick seitens svgw

Kommissionen, Regelwerke, Ausbildung und Information

Die Arbeitsgruppe «Wasserstoff» des SVGW wird ein Grossteil dieser Projekte und Tätigkeiten begleiten und steuern. Basierend auf all den obigen Erkenntnissen wird die Arbeitsgruppe an die entsprechenden Kommissionen Empfehlungen zur Anpassung der entsprechenden Richtlinien (G1, G2, G7, G11 und G23) aussprechen. Manche Anpassungen sind bereits in Arbeit.
Der SVGW wird das Thema Wasserstoff noch weiter vertiefen mit Tagungen und Schulungen im 3. und 4. Quartal des Jahres 2020. Zudem werden bereits bestehende Kurse das neue Themenfeld Wasserstoff aufnehmen wie auch neue Schulungen erarbeitet. Auf diese Weise versucht der SVGW, die neusten Erkenntnisse zum weiten Themenfeld Wasserstoff seinen Mitgliedern zur VerfĂĽgung zu stellen.

Bibliographie

[1] Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) (2018): Leitstudie Integrierte Energiewende (Impulse fĂĽr die Gestaltung des Energiesystems bis 2050)
[2] iea (International Energy Agency) (2019): The Future of Hydrogen Report Seizing today’s opportunities prepared by the IEA for the G20, Japan
[3] Europäische Kommission (2019): Der europäische Grüne Deal
[4] Deutsches Bundesministerium fĂĽr Wirtschaft und Energie: Reallabore.
https://www.energieforschung.de
[5] SVGW (2020): G10001 «Eigenschaften des in der Schweiz verteilten Erdgases»
[6] DVGW (2019-2020): «H2-20» DVGW-Forschungsprojekt, Wasserstoff in der Gasinfrastruktur: DVGW/Avacon-Pilotvorhaben mit bis zu 20 Vol.-% Wasserstoff-Einspeisung in Erdgas (G 201902)
[7] ÖVGW, DBI (Deutschen Brennstoff Institut) (2019): Expertise für eine Einspeisung von 10 Vol.-% Wasserstoff ins österreichische Gasnetz (GF52)
[8] DVGW (2013): Abschlussbericht Entwicklung von modularen Konzepten zur Erzeugung, Speicherung und Einspeisung von Wasserstoff und Methan ins Erdgasnetz. DVGW-Projekt G1-07-10
[9] Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber Gas e.V. (2020): Fernleitungsnetzbetreiber veröffentlichen Karte für visionäres Wasserstoffnetz (H2-Netz) in Deutschland
[10] DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH (2019): Kompendium Wasserstoff in Gasverteilnetzen Analyse zur Verträglichkeit der Gasverteilnetze mit Wasserstoffanteilen im Gasgemisch in Schritten bis zu 100 Vol.-%

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Kommentare (1)

Hans Wach am 15.05 2020 um 10:30

Wasserstoff

Sehr geehrter Herr Hafner Besten Dank für Ihren Beitrag im aktuellen Aqua&Gas zu Wasserstoff. Ich finde diesen Artikel sehr gut, möchte aber doch einige Bemerkungen dazu machen. Solange wir uns mit niedrigen Wasserstoffanteilen im Gas befassen, (10-20%) verhält sich das Gemisch ähnlich wie Gas. Da sollten wir die Probleme in den Griff bekommen. Sobald wir aber hohe Wasserstoffanteile oder gar reiner Wasserstoff in Betracht ziehen, gibt es doch einige Herausforderungen zu beachten: • das Wasserstoffmolekül ist extrem klein und deshalb haben technische Wasserstoffsysteme, besonders mit höherem Druck immer ein erhöhtes Leckagerisiko • Wasserstoff hat mit Luft einen sehr breiten Zündbereich, noch problematischer ist die sehr niedrige Mindestzündenergie. Folglich Wasserstoffsysteme in geschlossenen Räumen stellen ein hohes Explosionsrisiko dar. Als ex Ingenieur in einem Basler Chemieunternehmen hatte ich öfters mit Wasserstoff zu tun. Eine Wasserstoff-Anlage in geschlossenen oder wenig belüftete Räumen war ein absolutes No-Go. Niemals hätte der damalige Werk-Sicherheitsdienst eine solche Anlage genehmigt. Damit schliesse ich eigentlich Wasserstoff führende Anlagen im Privatbereich – dazu gehört auch das BZ-Auto mit 700 bar-Tank (in der geschlossenen Garage) – weitgehend aus. Bei BZ-LKW’s sehe ich das Problem als handhabbar, da solche Fahrzeuge meistens im Freien stehen und der Fahrer ein Berufsmann ist, den man entsprechend schulen kann. Dass Wasserstoff im Privatbereich kaum zum Einsatz kommt, sieht man auch in der kürzlich publizierten Studie von Gas for Climate (siehe Beilage). Nur geringe Anteile des Wasserstoffs (Beimischungen zu Biomethan) sollen in den Gebäudebereich gehen. Im Energie-autarken Haus in Brütten befindet sich der Wasserstofftank aus Sicherheitsgründen in einem separaten Keller im Garten und der Elektrolyseur und die BZ in einem separaten, besonders gesicherten Kellerraum, beide mit sehr grossen Entlüftungen nach draussen. Letztes Jahr hatten wir Gelegenheit, eine PtG Anlage in Werlte zu besichtigen. Der Grossteil (ca. 1000 to/a) des produzierten Wasserstoffs wird zu Gas methanisiert. Inzwischen verkauft man dort auch kleinere Mengen an reinen Wasserstoff und hat dazu eine Abfüllstation für LKW-Drucktankwagen mit ca. 300 bar Fülldruck eingerichtet. Der dort zuständige Technische Leiter hat uns bei der Besichtigung gesagt, er hätte noch kein Absperrventil an der Abfüllstation gefunden, welches wirklich 100% dicht ist. Deshalb sind dort die beiden Abfüllstellen mit dicken seitlichen Betonwänden gesichert und nach oben ist die Abfüllstelle offen- kein Dach. Da Wasserstoff aufgrund der sehr geringen Dichte sehr schnell nach oben entweicht, erreicht man im Freien in der Regel den unteren Zündbereich nicht. Dass es aber trotzdem zünden kann, zeigt die letztes Jahr im Juni explodierte Wasserstoff-Tankstelle in der Nähe von Oslo. Die Bilder im Web sind eindrücklich. Generell gilt deshalb – der Umgang mit Wasserstoff gehört in professionelle Hände Ein weiteres Problem von Wasserstoff ist die geringe volumetrische Energiedichte. Wasserstoff sollte deshalb möglichst dezentral erzeugt oder in Leitungen transportiert werden. Wasserstoff zu verflüssigen (-253°C) ist zwar technisch machbar, aber energetisch und vom Handling her sehr aufwendig. Der geringe Temperaturbereich (-240 bis – 259°C) , in welchem flüssiger Wasserstoff stabil bleibt, bedingt druckfeste Tanks und stetige Nachkühlung des Boil-off. Nicht viel besser sieht es aus mit H2-Absorption/-Chemisorption/Hydrierung/Dehydrierung von organischen Flüssigkeiten. Auch bei diesen grundsätzlich machbaren Lösungen ist die Energiebilanz sehr schlecht und das Handling anspruchsvoll. Deshalb gehe ich davon aus, wenn eines Tages synthetische Energieträger produziert mit Solarstrom/PtX aus entfernteren sonnenreichen Gegenden importiert werden, dass diese entweder in Form von LNG oder anderen flüssige Energieträger zu uns nach Europa kommen und wohl kaum als Wasserstoff

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