1968 gegründet, zählt Marcogaz heute 30 Mitgliedsorganisationen aus 21 Ländern – darunter der SVGW. Zu den Aufgaben der Gasvereinigung zählen Überwachungs- und Beratungstätigkeiten im Hinblick auf europäische gastechnische Regulierung, Normung und Zertifizierung. Im Vordergrund stehen dabei die Sicherheit von Gassystemen und -anlagen in ihrer Gesamtheit, die rationelle Energienutzung sowie Umwelt- und Gesundheitsfragen. Marcogaz bietet umfassende technische Beratung und pflegt die Beziehungen zu ihren Mitgliedern und Industriepartnern. Die Vereinigung wirkt massgeblich bei der Gestaltung des Gasindustriestandards mit und integriert dabei zunehmend erneuerbare und kohlenstoffarme Gase.
Die Aussicht, eine globale Führungsrolle bei der Energiewende zu übernehmen, ist für die Marcogaz-Mitglieder ein starker Treiber. Geprüft werden derzeit europaweit vielversprechende Technologien zur Erzeugung von Wasserstoff (H₂) aus erneuerbarem Strom, von Biomethan und synthetischem Methan sowie technische Machbarkeiten, um Kohlenstoff (CO₂) und H₂ unterirdisch zu speichern. Als Wissensplattform nimmt Marcogaz auf dem europäischen Gasmarkt eine besondere Rolle ein. Ihre Aktivitäten basieren auf dem Austausch relevanter technischer Gasdaten. Damit unterstützt sie die europäische Politik und das nachhaltige Wachstum der Gasindustrie. Mit anderen Worten: Marcogaz liefert ihren Mitgliedern technisches Know-how zu Infrastruktur, Endverbrauch und Nachhaltigkeit von Erdgassystemen sowie zu den sogenannten neuen Gasen wie Wasserstoff, Biomethan und kohlenstoffarme Gase.
Um die Integration von ebendiesen Gasen in bestehende Energiesysteme zu ermöglichen und damit die Kohlendioxid- und Methanemissionen zu reduzieren, bedarf es technologischer Fortschritte. Entsprechend gross sind die Anstrengungen von Marcogaz, diese zu erzielen. Denn für den Übergang zu einem saubereren Energiesystem ist der Einsatz von erneuerbaren Gasen wie Biomethan, Wasserstoff oder synthetischem Methan entscheidend. Der Paradigmenwechsel betrifft sämtliche Gasnetzbetreiber, was die technische Arbeit von Marcogaz umso dringlicher macht: Sie unterstützt Industrie und Politik dabei, ihre ambitionierten Netto-Null-Ziele zu erreichen.
Um die Energiewende voranzutreiben, hat Marcogaz in den letzten Jahren einen internen Wandel vollzogen. So zielt eine Reihe strategischer Initiativen darauf ab, ihre Position in der dynamischen Energiebranche zu stärken, ihre Struktur zu konsolidieren und ihre Sichtbarkeit zu verbessern. Damit will Marcogaz neue Mitglieder gewinnen und erneuerbare und kohlenstoffarme Gase massgeblich fördern.
Die Organisation von Marcogaz wird von den Mitgliedern des Exekutivausschusses geleitet. Diese werden von den Fachgruppen und von der Geschäftsstelle unterstützt. Marcogaz zählt mehr als 350 Gas- und Regulierungsexperten, die sich in sieben Fachgruppen einbringen.
Das Fachwissen von Marcogaz umfasst zahlreiche technische Arbeitsbereiche, die sich auf Import, Versorgung und Transport von Erdgas, Wasserstoff, Biomethan und anderen kohlenstoffarmen Gasen konzentrieren. Auch der Thematik Kohlendioxid wird sich angenommen.
Vorrangig sind Themen wie Dekarbonisierung von Transport und Lagerung (Midstream) sowie Verarbeitung und Versorgung von Endkunden (Downstream), energieeffiziente Gasnutzung, Bewertung von Gasqualität und -messung, Sicherheit sowie Methanemissionen. Diese Arbeitsfelder umfassen die ständige Überwachung von Integrität und Sicherheit entlang der Gaswertschöpfungskette, einschliesslich der Gasinfrastruktur im Midstream-/Downstream-Bereich und des Gasverbrauchs.
Mit dem gebĂĽndelten Fachwissen ihrer Mitglieder, Partner, ihren regionalen und internationalen Interessenvertretern fĂĽhrt Marcogaz wichtige technische Arbeiten aus, die in Normen und Rechtsvorschriften miteinfliessen. Entschlossen und stets im Dialog, kann Marcogaz einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung eines dekarbonisierten und integrierten Energiesystems leisten. Die Arbeitsthemen verteilen sich auf sieben Arbeitsgruppen:
Die Sicherstellung der Gasversorgung hängt stark vom Import von Erdgas und verflüssigtem Erdgas (LNG) sowie von Produktion und Import von nichtkonventionellen Gasen wie Wasserstoff sowie verflüssigtem Wasserstoff, Biogasen, Biomethan und anderen synthetischen Gasen ab. Zusammen mit dem unumgänglichen Prozess der Kohlenstoffabscheidung ist die verstärkte Erzeugung und Nutzung nichtkonventioneller Gase Teil der Lösung zur Dekarbonisierung.
Die sogenannte Midstream-Infrastruktur umfasst u. a. Hochdruckgasleitungen, Druckreduzierstationen, Messstationen, Ventilstationen, Verdichterstationen, Flüssiggasterminals und unterirdische Speicheranlagen. Jeder ihrer Betreiber spielt eine wichtige Rolle im Midstream-Gassystem.
Das Verteilnetz besteht aus Druckreduzierstationen, Messstationen, Ventilstationen, Hauptleitungen, Versorgungsleitungen, Einspeisestationen und Mischstationen. Die Netzbetreiber bemühen sich um die ständige Sicherheit und Integrität des Niederdruck-Gassystems. Der grösste Teil des Verteilnetzes befindet sich in dicht besiedelten Gebieten wie grossen Städten, was ein hohes Mass an ständiger Überwachung und Sicherheitsgarantie erfordert.
Zu den Gasverbrauchern gehören private, gewerbliche sowie industrielle Kunden. Indem Marcogaz massgeblich an der Angleichung der europäischen Verordnungen und Richtlinien (z. B. Richtlinie zur Energieeffizienz, Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, Ökodesign-Richtlinie) beiträgt, wird die effiziente Energienutzung gewährleistet und die laufende Energiewende der EU vorangetrieben. Darüber hinaus werden Themen wie der Primärenergiefaktor (PEF) für Strom und Gase, der CO₂-Gehalt oder die Geräteflexibilität behandelt. Weitere Schwerpunkte sind die Beurteilung der Sicherheitsparameter von Gasanlagen und der Auswirkungen neuer Gase auf Geräte für den Endverbrauch.
Die Gasqualität und das Messwesen im Gasnetz sind essenziell für die Gasindustrie. Die Zusammensetzung von Erdgas und erneuerbaren Gasen hängt stark von der Herkunft, sprich Produktionsmethode, ab. Dies beeinflusst den Gehalt von Kohlendioxid, schweren Kohlenwasserstoffe, Wasser, Schwefel usw. Darüber hinaus ist ein sorgfältiges Messwesen entscheidend für die präzise Durchflussmessung.
Die Arbeitsgruppe G6 befasst sich schwerpunktmässig mit Gesundheits- und Arbeitsschutzthemen im mittleren (Midstream) und nachgelagerten (Downstream) Gassektor, z. B. mit den Anforderungen an den sicheren Betrieb von Erdgas-, Wasserstoff- und MischgasÂnetzen. Erörtert werden technische und organisatorische Lösungen – von Experten häufig als Best Practices bezeichnet, da mit ihnen wirksame Strategien zur VerhĂĽtung von Zwischenfällen und Unfällen umgesetzt werden können.
Marcogaz fördert die Innovation und beobÂachtet technologische Lösungen zur Detektion, Quantifizierung, Meldung und Minderung von Methanemissionen, die bei Transport und Speicherung von Gasen, FlĂĽssiggasterminals und Gasverteilung entstehen können. Ăśber die Methanemissionen hinaus untersucht die Gruppe Technologien im Zusammenhang mit Emissionen aus neuen Gasen wie Wasserstoff und Kohlendioxid. Damit will sie sicherstellen, dass technisches Wissen vorliegt und die Industrie Korrekturmassnahmen ergreift. DarĂĽber hinaus befassen sich die Experten und Expertinnen mit den Vorgaben der Richtlinie ĂĽber Industrieemissionen in Bezug auf die Emission von Schadstoffen wie NOx, SOx, CO usw.
Das neu publizierte Dokument bietet eine Anwendungshilfe der EU-weiten Verordnung zur Verringerung von Methanemissionen im Energiesektor. Marcogaz befürwortet die Richtlinie, im Speziellen die Aspekte Transparenz, Standardisierung und Innovation. Die Verordnung sieht eine strenge Überwachung, Berichterstattung und Überprüfung (Monitoring, Reporting and Verification, MRV) vor und verpflichtet die Betreiber, Emissionen genau zu quantifizieren und zu melden. Die ersten unabhängig geprüften Berichte müssen bis Februar 2027 vorliegen.
Die Verordnung berücksichtigt die teils unverhältnismässig hohen Kosten von Verringerungsmassnahmen. Deshalb sollen Betreiber Umweltnutzen und wirtschaftliche Machbarkeit gegeneinander abwägen und gegebenenfalls die Regulierungsbehörden konsultieren.
Nach wie vor von entscheidender Bedeutung sind dabei technische Innovationen. So konzentriert sich die laufende Forschung auf die Verbesserung von Methanerkennungs- und Messtechnologien. Mit der Durchsetzung strenger Ăśberwachungs- und Verringerungsmassnahmen zielt die Verordnung auf eine erhebliche Verringerung der Methanemissionen ab, wobei ein Gleichgewicht zwischen Wirksamkeit und PraktikabiÂlität gewahrt werden soll.
Die Einhaltung der Verordnung erfordert die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren der Branche, den Regulierungsbehörden und den Forschungseinrichtungen.
Die Integration unkonventioneller Gase in die europäischen Gasverteilungs- und -übertragungsnetze ist von entscheidender Bedeutung, die Industrie zu dekarbonisieren und die europäischen Emissionsreduktionsziele zu erreichen. Um den Übergang zu unterstützen, wurden Demonstrationsprojekte mit neuen Technologien sowie Industrieprojekte mit ausgereiften Technologien und teilweiser Regulierung eingeleitet. Diese Projekte sind auf die spezifischen Bedürfnisse der verschiedenen Gasarten zugeschnitten.
Um Informationen über Messsysteme im Zusammenhang mit diesen unkonventionellen Gasprojekten zu sammeln, führte Marcogaz 2022 eine Umfrage durch. Die gesammelten Daten zu den Projekten und Messtechnologien dienen nun als Grundlage, um den Marktbedarf und andere Nutzungsmöglichkeiten dieser neuen Gase zu ermitteln.
Mit der jüngsten Umfrage sollten Trends sowie Bedürfnisse ermittelt werden, um neue Aktivitäten unter den Marcogaz-Experten anzustossen. Aus der Umfrage ging hervor, dass sich die Projekte in zwei Kategorien aufteilen:
Die in der Umfrage gesammelten Daten enthalten Details zu Messtechnologien, Energiebestimmungsmethoden, rechtliche Rahmenbedingungen und Gesetzgebung der einzelnen Projekte. Manche Angaben repräsentieren mehrere Projekte desselben Typs.
Biomethan ist eine entscheidende Komponente bei der Dekarbonisierung der Erdgasversorgungskette. Obwohl sein Marktanteil in vielen Ländern noch bescheiden ist, hat es ein wachsendes Potenzial. Ausserdem ist Biomethan mit Erdgas austauschbar.
Marcogaz hat Daten zu den Gasqualitätsstandards von Biomethan zur Einspeisung in Erdgasnetze verschiedener europäischer Länder zusammengetragen, um eine vergleichende Analyse der nationalen Ansätze zu ermöglichen.
Hinweis: Jedes europäische Land kann eigene Parameter für die Erdgasqualität festlegen und dabei nationale Vorschriften, Normen, Branchenstandards bestimmen und spezifische Verträge mit Biomethanproduzenten aushandeln. Dieses Dokument baut auf der 2019 veröffentlichten Version auf und enthält die neusten Informationen zu geänderten Qualitätsparametern in den verschiedenen europäischen Rechtsordnungen.
Mit der engagierten Unterstützung ihrer Mitglieder hat Marcogaz eine solide Zusammenarbeit mit wichtigen Akteuren des Energiesektors aufgebaut. Dazu zählen die Europäische Kommission (GD Energie, GD Wachstum und GD Umwelt), der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) des EU-Parlaments, die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) und andere relevante EU-Institutionen im Bereich der Energiegesetzgebung.
Die Partnerschaften erstrecken sich weltweit auf wichtige Gremien: Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen fĂĽr Europa (UNECE), Energiegemeinschaft, Internationale Gasunion (IGU), EuroÂpäisches Komitee fĂĽr Normung (CEN). DarĂĽber hinaus beteiligt sich Marcogaz aktiv an zahlreichen innovativen Projekten im Bereich erneuerbares Gas.
Diese globalen Allianzen kräftigen die Mission der Vereinigung, nachhaltige Energieziele voranzutreiben und die Dekarbonisierung des globalen Gassystems zu erreichen.
Die Einflussnahme von Marcogaz auf Industrie und Politik erfolgt über verschiedene kombinierte Kanäle:
Der primäre und wichtigste Vorteil einer Mitgliedschaft ist die Möglichkeit, Informationen und Wissen mit Branchenführern und Experten in ganz Europa auszutauschen und so das Bewusstsein für die Entwicklung von Industrie und Technologie in den jeweiligen Unternehmen oder Verbänden zu schärfen. Durch die Gemeinschaft bei Marcogaz wird die Branche auf die Zukunft ausgerichtet und beeinflusst so die Entwicklung und Umsetzung der Politik auf nationaler und lokaler Ebene.
Marcogaz ermittelt die wichtigsten Interessengruppen und Organisationen, die Gesetzgebungsprozesse leiten, um technische Erkenntnisse zu präsentieren und gezielt Diskussionen zu führen. Dies im Hinblick darauf, bei der Wahl der richtigen, wissenschaftlich fundierten Regulierungsinstrumente unterstützend zu wirken und dadurch einen Mehrwert für die Gesellschaft zu schaffen.
Marcogaz nimmt regelmässig an den Foren der Europäischen Kommission teil, darunter das Gasregulierungsforum, das Bürgerforum, das Infrastrukturforum, das Wasserstoffforum und das Forum für Kohlenstoffabscheidung und -speicherung. Darüber hinaus ist die Vereinigung auf den wichtigsten Branchenveranstaltungen in ganz Europa vertreten. Bei diesen Veranstaltungen vertritt sie ihre Mitglieder, stellt technische Ergebnisse vor und bringt sich rege in Diskussionen ein.
Marcogaz nutzt ihre technischen Ergebnisse, um öffentliche Veranstaltungen zu organisieren und die Debatte unter Branchenführern und Experten zu fördern. Zu den weiteren Kommunikationsmitteln der Vereinigung gehören Kanäle der sozialen Medien sowie publizierte Berichte. Diese Beiträge stehen auf der Marcogaz-Website der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung.
Als aktives Mitglied bei der technischen Vereinigung der europäischen Gasbranche Marcogaz engagiert sich der SVGW in den sieben technischen Arbeitsgruppen. Aktuell stellt der SVGW mit Diego Modolell, Leiter Fachbereich Gas, auch den Vizepräsidenten von Marcogaz.
Für den Wissens- und Kompetenzaufbau sind die Arbeitsgruppen wichtige Plattformen, da einige Themengebiete für die Schweizer Gasbranche und das entsprechende nationale Milizsystem neu sind und somit die technische Expertise (noch) nicht vorhanden ist. Um davon profitieren zu können, was andere Länder bereits erarbeitet haben resp. auf europäischer Ebene durch Marcogaz gestaltet wird, ist das Verfolgen der Aktivitäten rund um erneuerbare Gase wie Wasserstoff oder CO₂ für die Schweiz enorm wichtig. So sind die Niederlande, Belgien, Deutschland, Frankreich sowie weitere Länder teilweise sehr weit fortgeschritten in ihren Aktivitäten und haben bereits entsprechende Kompetenzen aufgebaut.
Aber auch Themen wie Methanemissionsvermeidung oder Brennwertnachverfolgung im Netz sind wichtige Herausforderungen fĂĽr die Schweizer Gasbranche. Auch diese Themen machen einen aktiven Austausch innerhalb Europas erstrebenswert.
Wie stets in einem Milizsystem ist es letztlich ein gegenseitiges Profitieren unter den 21 Mitgliedsländern. Auch die Schweiz bringt ihre Kompetenz ein und profitiert von den Erkenntnissen anderer.
Für mehr Informationen oder bei Interesse an einem Einsitz in den Arbeitsgruppen beim SVGW oder bei Marcogaz können Sie gerne mit dem SVGW Kontakt aufnehmen:
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Den «Wasserspiegel» gibt es auch als E-Paper. Im SVGW-Shop sind sämtliche bisher erschienenen Ausgaben frei zugänglich.
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