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26. April 2023

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Empörung löst keine Probleme

Mitte März gab eine kleine Wasserquelle in einem Dorf im Oberwallis schweizweit gross zu reden. Eine reichweitenstarke Zeitung legte offen, dass der Verkauf an chinesische Investoren geplant sei. Und dies, obwohl das Wallis von Trockenheit geplagt und die Bevölkerung im Sommer oft zum Wassersparen aufgerufen werde. Von der Geschichte blieb nicht viel übrig. Die Trockenheit wird uns aber weiter beschäftigen.

Trinkwasser ist ein emotionales Thema und emotionale Themen erhalten grosse Aufmerksamkeit. Das wissen nicht nur Medienschaffende, sondern auch Politikerinnen und Politiker für sich zu nutzen. Da kommt eine Geschichte mit einer Schweizer Quelle und chinesischen Investoren gerade recht. «Chinesen wollen Trinkwasserquelle im Wallis kaufen» titelte eine grosse Schweizer Tageszeitung Mitte März und liess gleich noch zwei weitere Artikel dazu folgen. Die Empörung war gross, was zweifellos viele Klicks auf den Online-Artikel generiert hat. Auch Politiker von links bis rechts nahmen umgehend zur Geschichte Stellung. Vor dem Hintergrund der Wasserknappheit sei der Verkauf «verrückt» und von «Profitgier» war die Rede. Sogar zu einer Interpellation sah man sich veranlasst.

Zwei Wochen später ist vom «Skandal» nicht mehr viel übrig. Wasserquellen können ohnehin nicht verkauft werden, sondern lediglich das Nutzungsrecht. Vom Gemeindepräsidenten ist zu erfahren, dass das Dorf gar nicht unter Wassermangel leidet und es im Gegenteil zahlreiche Quellen auf dem Gemeindegebiet gibt, die noch gar nicht genutzt werden. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit hat sich aber längst dem nächsten «Skandal» zugewandt. Die Empörungsbewirtschaftung braucht laufend neuen, frischen Brennstoff. Der Sache, über die sich die halbe Schweiz aufgeregt hat, dienen solche Geschichten leider nicht.

Tatsächlich ist in der Schweiz wegen des Klimawandels vermehrt mit ausgeprägten Trockenperioden zu rechnen, was lokal dazu führen kann, dass das Trinkwasser knapp wird. Gleichzeitig stehen unsere Trinkwasserressourcen aufgrund zahlreicher Nutzungskonflikte immer stärker unter Druck. Siedlungen und Verkehrswege in Schutzzonen oder die Belastung des Grundwassers mit Nitrat und Spurenstoffen erschweren es den Wasserversorgern zunehmend, ihren Auftrag zu erfüllen: die Bereitstellung von qualitativ einwandfreiem Trinkwasser in ausreichender Menge. Skandalgeschichten helfen leider kaum dabei, diese Herausforderungen zu lösen. Sie generieren lediglich Klicks für das Medium und bieten einzelnen politischen Akteuren eine Plattform, um sich zu profilieren. Dabei wäre es wichtig, jetzt die Probleme anzugehen und tragfähige Lösungen zu erarbeiten. Der SVGW wird sich – z.B. mit der Entwicklung eines Masterplans zum Thema «Trockenheit» – weiter für solche Lösungen einsetzen, auch wenn keine Investoren aus China beteiligt sind. Das generiert zwar weniger Aufmerksamkeit, dient aber der Sache: Der sicheren Versorgung der Schweiz mit Wasser, Gas und Wärme.

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