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19. September 2025

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Pflästerli-Politik im Umgang mit PFAS

In der aktuellen Herbstsession war im Nationalrat eine «Ausserordentliche Session» zum Thema PFAS traktandiert. Alle Vorlagen, die der Landwirtschaft im Umgang mit PFAS helfen sollen, wurden angenommen. Sämtliche Vorlagen, die dafür gesorgt hätten, dass diese Stoffe nicht mehr in die Umwelt gelangen oder eine verursachergerechte Finanzierung der Sanierungen ermöglichten, wurden abgelehnt. Damit bekämpft das Parlament die Symptome, ohne die Ursachen zu beheben. Das ist Pflästerli-Politik.
Rolf Meier 

Gleich acht Geschäfte zum Umgang mit PFAS waren in dieser Session im Nationalrat traktandiert. Nachdem letztes Jahr mehrere Landwirtschaftsbetriebe im Kanton St. Gallen ihr Rindfleisch wegen zu hoher PFAS-Werten nicht verkaufen durften, wurde die Politik aktiv. Während Konsumenten und Trinkwasserversorger seit mehreren Jahren auf Verbesserungen im Ressourcenschutz warten, geht es plötzlich schnell, wenn die Landwirtschaft betroffen ist. Das sagt auch einiges über die Prioritäten der aktuellen Mehrheit im Bundeshaus aus. Es erstaunt daher auch nicht, dass die Motion Egger, die vom Bund Massnahmen zur Existenzsicherung von Landwirtschaftsbetrieben fordert, die von PFAS «betroffen» sind, deutlich angenommen wurde. Ebenfalls angenommen wurden die Motionen Würth und Rechsteiner. Diese wollen die PFAS-Grenzwerte im Trinkwasser so festlegen, dass die Anforderungen der Landwirtschaft erfüllen werden. Konkret sollen die Wasserversorger dafür sorgen, dass Rinder nicht zu hohe PFAS-Konzentrationen über das Trinkwasser aufnehmen. Dazu sollen die Höchstwerte für PFAS im Trinkwasser in der Schweiz tiefer angesetzt werden als in der EU. Gleichzeitig lehnte das Parlament eine Beschränkung von PFAS auf wesentliche Verwendungszwecke genauso ab, wie eine schrittweise Reduktion. Während bei den Höchstwerten im Trinkwasser eine eigenständige Regelung angestrebt wird, will man bei der Beschränkung der PFAS auf Vorgaben der EU warten. Zwar ist es richtig, dass die Problematik nur über eine internationale Anstrengung vergleichbar mit dem Verbot von FCKW gelöst werden kann. Die Schweiz hat es aber verpasst, mit einem Verbot der Stoffgruppe für nicht wesentliche Verwendungszwecke, wie es der SVGW fordert, voranzugehen. Einzig zu einer Deklarationspflicht konnte sich der Nationalrat durchringen. Die Konsumentinnen und Konsumenten sollen es also über ihre Kaufentscheide richten. Vom Verursacherprinzip wollte der Nationalrat dann aber wieder nichts wissen und lehnte eine Abgabe auf PFAS ab. Angenommen wurde hingegen die Motion Silberschmidt, die «sichere und nachhaltige Chemikalien» fördern will. Offenbar braucht es einen staatlichen Anreiz, damit Hersteller keine unsicheren und nicht nachhaltigen Chemikalien entwickeln. Wobei bis heute wohl noch kein Hersteller seine Chemikalien als unsicher und nicht nachhaltig angepriesen hat.

Mit den Entscheiden behandelt das Parlament die Auswirkungen der PFAS-Belastungen, ohne die Ursachen zu bekämpfen. Anstatt dafür zu sorgen, dass PFAS nicht mehr in die Umwelt gelangen, sollen die Wasserversorger diese mit technischen Massnahmen aus dem Trinkwasser entfernen. Und dies nicht etwa, um die Konsumentinnen und Konsumenten zu schützen, sondern damit die Rinder über das Trinkwasser nicht zu hohe PFAS-Mengen aufnehmen und deren Fleisch dann wegen Höchstwertüberschreitungen nicht mehr verkauft werden könnte. Obwohl nun auch Landwirtschaftsbetriebe von den Auswirkungen der PFAS-Belastungen in der Umwelt direkt betroffen sind, lässt sich kein Umdenken in der Politik feststellen. Vielmehr hat sich das Parlament dafür entschieden, Pfästerli-Politik zu betreiben, anstatt das Problem an der Wurzel zu lösen. Es bleibt die Frage, für wen die Politik arbeitet: für einzelne Interessengruppen oder – wann endlich - für das Volk?

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