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06. Dezember 2021

VSA-Blog

Frischzellenkur für den VSA

Mitte der 1990er-Jahre nahm ich als junger Ingenieur erstmals an einer VSA-Fachtagung teil. Als ich den riesigen Spirgartensaal betrat, haute es mich fast um: Frauenanteil < 2%; Ü55-Anteil > 90%. Mein erster Gedanke: Where the hell am I???
Stefan Hasler 

Die Vorträge im Spirgarten waren sehr interessant, aber das ausgedehnte Mittagessen schien mir nicht enden zu wollen. Ich kannte ja niemanden; die anderen Tischgenossen wurden dank Rotwein immer ausgelassener und ich konnte mich je länger je weniger an ihren Gesprächen beteiligen. Wie sehr hätte ich mir damals ein paar Jahrgänger*innen gewünscht, mit denen ich mich über aktuelle Themen hätte austauschen können statt vergangene Anekdoten zum Besten zu geben.

Trotz diesem harzigen Start engagierte ich mich später für den VSA. Zunächst (im Nebenjob) als Leiter des CC Siedlungsentwässerung und dann sogar im Hauptjob als VSA-Direktor. In dieser Funktion durfte ich letzthin am Herbstanlass der VSA-«Young Professionals» teilnehmen. Was für ein anderes Bild: Statt sterilem Spirgarten urbane Location in ausgedientem Feuerwehrkaserne; Durchschnittsalter ca. 30 Jahre; Frauenanteil > 33%.

Dank den an den «Young Professional»-Anlässen geknüpften Kontakten finden die Jungen auch an Fachtagungen, CC-Treffen etc. überall ein «Gspänli». Traumata wegen überaltertem Publikum sind heute für VSA-Anlässe kein Thema mehr, da sich der Teilnehmermix im Vergleich zu meiner VSA-Initiation positiv verändert hat und nicht zuletzt dank den «Young Professionals» deutlich jünger und weiblicher geworden ist.

Mir ist es ein grosses Anliegen, den Studienabgänger*innen den Berufseinstieg zu erleichtern, ihnen einen Austausch unter Gleichgesinnten und gleichzeitig die Vernetzung mit erfahrenen Berufsleuten zu ermöglichen. Gerne appelliere ich denn auch an alle Kolleg*innen in Führungsfunktionen, ihren jungen Mitarbeitenden die VSA-«Young Professionals» nahe zu legen. Mittlerweile ist die Gruppe auf über 160 Mitglieder angewachsen. Warum das Junge Netzwerk des VSA für Berufseinsteiger*innen attraktiv ist, erzählen sie in persönlichen Videostatements gleich selbst.

Wer unter 35-jährig und nach dem Schauen der Videos noch nicht «Young Professional» ist, ist selber schuld…

P.S.: Dies wird für eine Weile mein letzter Blog sein. Der Vorstand hat entschieden, dass der Blog weiterhin alle zwei Monate erscheint, aber innerhalb des VSA breiter abgestützt wird. Somit werden zukünftig auch Vorstandsmitglieder und CC-Leiter*innen in die Tasten greifen.

Wenn mich allerdings ein Thema unter den Nägeln brennen sollte, werde ich mir erlauben, den 2-Monats-Rhythmus von einem «adagio» auf ein «vivace» zu beschleunigen 😊.

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Kommentare (5)

Werner Federer am 08.12 2021 um 11:22

Frischzellenkur

Gratuliere dir zum hervorragenden, witzigen Artikel über die young professionals. Meine Erinnerungen decken sich mit deinen ersten Erfahrungen mit dem VSA: Viel Rotwein 😊 Ich wünsche dir schöne Feiertage! Herzliche Grüsse Werner Federer Dipl. Bauing. ETH

Celso Bassanello am 06.12 2021 um 17:49

Frischzellenkur

Lieber Stefan Mit Interesse habe ich Deinen Blog gelesen. Der Inhalt veranlasst mich, eine Replik zu schreiben. Dass das Netzwerk „young Professional“ ein Erfolg und wichtig ist, ist unbestritten und sehr zu begrüssen. Vielen herzlichen Dank für Dein Engagement in dieser interessanten und wichtigen Angelegenheit. Das alles Vergangene bei Dir zu Hölle und Traumata führte, ist für mich schon ein wenig sonderbar. Ich bin auch anfangs der 90er Jahre zum VSA gestossen. Im Spirgarten hatte ich denn auch kein Problem, mich mit den älteren Teilnehmern zu unterhalten, dabei konnte ich sehr viel Konstruktives erfahren und ebenfalls Kontakte knüpfen. Zudem hatte es auch viele Teilnehmer in einem ähnlichen Alter wie ich. Ich verstehe deshalb nicht, woher Du die statistischen Alterswerte Ü55-Anteil > 90% der Teilnehmer nimmst. Der Frauenanteil erachte ich denn auch nicht als Kriterium. Das Geschlecht sollte meines Erachtens keine Rolle spielen, es geht ganz einfach um Know-how-Träger, ob diese weiblich oder männlich sind, ist doch unwichtig. Heute sind praktisch alle Studienrichtungen geschlechtsneutral. Ein wenig kritisch finde ich jedoch die Aussage „Traumata wegen überaltertem Publikum“. Dabei geht wohl vergessen, dass es eben die Älteren waren, welche das Ganze aufgebaut haben und mit ihrem grossen Wissen und ihrer Erfahrung die Jungen nachzogen. Bei Interesse konnten wir von ihnen immer etwas lernen, so wie auch heute die Newcomer von den Senioren profitieren. Zudem war und ist diese Altersgruppe Bestandteil des VSA und trägt in vielen Fällen weiterhin zu deren Existenz bei. Ich hoffe, dass dies innerhalb der VSA-Direktion nicht vergessen geht. Zumal Du in Deinem Schlussvotum an die Führungskräfte appellierst, den Jungen die Vernetzung mit erfahrenen Berufsleuten zu ermöglichen. Nicht unterlassen möchte ich es aber zu würdigen, dass nun auch mehr Jüngere zum VSA gehören. Ich hoffe, diese engagieren sich nun ebenso für den VSA wie wir und unsere Vorgänger es getan haben. Herzliche Grüsse Celso Bassanello
Stefan Hasler am 07.12 2021 um 21:18

«Traumata»

Lieber Celso Vielen Dank für deine Rückmeldungen. Die von mir verwendeten Ausdrücke «Hölle» und «Traumata» musst du nicht für bare Münze nehmen – nicht nur die Zeit ist relativ, sondern auch das gefühlte Alter: Ich erinnere mich genau, dass für mich als U-30 die Ü-50 schon alt und die Ü-60 steinalt waren. In wenigen Monaten gehöre ich selbst zu den Ü-55 und fühle mich selbstverständlich noch als veritabler Jungspund 😉. Im Ernst: Mein Blog soll natürlich in keiner Art und Weise die Leistungen der verdienten VSA-Mitglieder abwerten! Im Gegenteil: Ein Ziel unseres Young Professional Programms betrifft ja genau die Vernetzung der Berufseinsteiger:innen mit erfahrenen Fachpersonen. Gerne versichere ich dir zudem, dass die Älteren innerhalb der VSA-Direktion nicht vergessen gegangen sind: So laden wir seit nunmehr 4 Jahren unsere (meist bereits pensionierten) Ehren- und Freimitglieder jährlich zu einem «Treffen der Gewässerschutzveteranen» ein ‒ zu denen du übrigens ab 2022 auch eingeladen wirst 😊. Diese ungezwungenen «Silberrücken-Ausflüge» führen wir selbstverständlich weiter – schliesslich muss ich vorsorgen, dass ich nach meiner Pensionierung auch noch irgendwo meine Gspänli treffen kann 😉.

Beat Anderegg am 06.12 2021 um 11:27

Frischzellenkur

Bravo, sehr gut formuliert! ...aber: Ich frage mich ein wenig, weshalb sich`s von Seiten VSA bei den young professionals immer um Hochschulabsoventen, bzw. angehende, junge Ingenieure dreht. Nicht falsch verstehen, ich halte sehr viel von diesem Berufsstand, ich finde die Verjüngungskur hervorragend und sehe auch nicht ein, weshalb immer noch weit weniger wie die Hälfte weiblicher Natur sind. Ich sehe aber auch die operative Seite, die in der Abwasserwirtschaft genauso wichtig ist wie die planerische. Die logischerweise ganz andere Anforderungen hat und deshalb auch ganz andere Kompetenzen verlangt. Und auch da sollte man über young professionals reden - aus den selben Gründen! Anfang November durfte ich die eidg. Diplomprüfung Klärwerkfachmann ablegen. Von meinen ca. 70 Mit-Prüflingen waren geschätzt mittlerweile auch 33% unter 35 Jahre alt. Ich selber gehöre nicht dazu. Trotzdem konnte ich viel gerade in der Vorbereitung von jungen Talenten lernen. Diese Leute sind in meinem Berufsstand sehr wichtig, aus denselben Gründen wie im Ingenieurswesen. Viel schlimmer finde ich, dass nur eine einzige Frau unter den 70 Prüfungsabsolventen zu finden war. Das muss nicht sein. Die Prüfung selbst kam sehr Ingenieurslastig daher in den Fragestellungen, was mir auch aufzeigt wie die Herkunft und Denkweise im VSA ist. Da Frage ich mich: Ist der Weg der richtige? Ich meine der GANZ richtige? Zu den young professionals gehören doch auch junge Frauen und Männer der operativen Seite und auch jene mit einer Fachausbildung ohne Hochschulabschluss. Und dazu z.B. eine Ausbildung mit Diplomprüfung die Kompetenzen vermittelt und Abfragt auf dieser operativen Ebene - für junge Männer und Frauen aus Berufen, mit oder auch ohne HF-Herkunft. Diese wären an der Front dringend, bitter nötig. Werden aber meistens abgeschreckt, weil man ja anscheinend entweder Ingenieur sein muss oder sonst einfach nur Fettränder abspritzt. Es gibt auch die guten jungen Leute dazwischen! Da müsste der VSA doch ein Interesse haben dazu - weil der Erfolg unserer Mission wohl von beiden Seiten abhängt! Und letztendlich müssten sich die jungen Profis auf beiden Seiten kennen und verstehen lernen, oder!? auf jeden Fall: Besten Dank für die erfrischenden Ansichten - macht doch im GANZEN weiter so! Beat Anderegg Betriebsleiter ARA Ebnat-Kappel
Stefan Hasler am 16.12 2021 um 16:55

Nachwuchsförderung nicht nur für Ingenieur:innen, sondern auch für ARA-Personal

Lieber Herr Anderegg Vielen Dank für Ihre konstruktive Kritik. Sie haben recht, dass sich im Young Professional Programm bis anhin vor allem Hochschulabsolvent:innen engagieren. Dies liegt jedoch nicht nur am VSA. Denn mit «Berufseinsteiger» sind nicht nur Ingenieure und Ingenieurinnen gemeint, sondern alle in der Branche. So haben wir die Young Professionals u.a. an den Weiterbildungskursen für Klärwerkfachleute (sog. «W-Kurse») vorgestellt. Die Kursteilnehmenden waren zuerst eher skeptisch («brauchen wir nicht»), stimmten dann aber doch zu, dass wir auch auf ARA ein Nachwuchsproblem haben. Gerne nehmen wir Ihre Kritik auf und werden Anfang 2022 einen «runden Tisch» mit Vertreter/innen von Kläranlagen organisieren, um ihre Erwartungen und Bedürfnisse sowie mögliche Massnahmen bez. Nachwuchsförderung für ARA-Personal abzuklären und hoffentlich auch den einen oder anderen Klärwärter für das Leitungsteam der Young Professionals zu gewinnen. Selbstverständlich werden wir auch Sie zum «runden Tisch» einladen. Beste Grüsse, Stefan Hasler

Christian Eicher am 06.12 2021 um 09:50

Frischzellenkuren und so

Jaja, lieber Stefan! - und ich bin noch ein paar Jährchen älter als Du, was bedeutet, dass meine Erinnerung noch ganz knapp in Hospitanten-Tage zurückgeht; so quasi die "VSA-Rekrutenschule" also... Und ja: das war die Zeit, als an den Fachtagungen vorne in der Regel nur die ergrauten (soweit Haare noch vorhanden...) Häupter reden durften - ich kann selber nicht mehr nachvollziehen, ob dies selbst-auferlegte Zurückhaltung der "young professionals" war, oder eher eine Frage der Redner-Selektion; aber ich möchte dies auch nicht zu tief analysieren. Diesbezüglich hat sich allerdings Einiges verändert über die letzten dreissig oder so Jahre. Etliches davon ist sicher auch den verschiedenen Patrons zu verdanken, die ihre jungen Mitarbeiter (Frauen sind mitgemeint!) motiviert haben, ihre Kenntnisse und Erfahrungen unter die Leute zu bringen - dies ist mir selber so ergangen; allerdings im Ausland. Hier, diesbezüglich, ist noch Einiges an Potential vorhanden, und ich finde es super, dass der VSA dies weiterhin stark fördert. Dennoch: auch die Ü55 und Ü70 haben uns noch viel zu sagen; man muss nur manchmal etwas Geduld haben, bis sie auf den Punkt kommen...

Rinaldo Quarenghi am 05.12 2021 um 16:24

Frischzellenkur für den VSA

Bravo Stefan! Aber Mitte '90-er Jahre gehörte ich noch nicht zu den Ü55 ... 😁😉

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