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Fachartikel
04. Juli 2023

Grundwasser zur Bewässerung

Wasserzukunft Klettgau

Im Rahmen des Programms des Bundes zur Anpassung an den Klimawandel liess der Kanton Schaffhausen unter dem Titel «WasserZukunft Klettgau» die Konsequenzen einer möglichen Grundwassernutzung zu Bewässerungszwecken untersuchen. Das Pilotprojekt zeigt auf, inwieweit im Klettgau eine landwirtschaftliche Bewässerung mit Grundwasser sinnvoll und nachhaltig wäre, und wie sich dies auf die Entwicklung von Landwirtschaft, Umwelt und Region auswirken könnte.
Christian Gmünder, Michael Sinreich, Hans Rudolf Graf, Hansueli Dierauer, Jürg Schulthess , Daniela Hunziker, Lena Heinzer, 

Im Zuge des Klimawandels sind für die Schweiz im Sommer vermehrt Trockenperioden zu erwarten [1]. Dies beeinflusst sowohl die Wasserverfügbarkeit als auch den Wasserbedarf der Landwirtschaft. Diese wird sich an die ändernden Bedingungen anpassen müssen, denn vielerorts ist bereits heute mit Ertragsausfällen aufgrund von Trockenperioden zu rechnen. Der Druck auf die Behörden wird zunehmen, die Ressource Grundwasser für die Bewässerung freizugeben.

Im Kanton Schaffhausen gibt es bisher nur sehr beschränkte Möglichkeiten für landwirtschaftliche Bewässerung: Eine Entnahme ist grundsätzlich nur aus drei Oberflächengewässern möglich; Bewässerungen mit Grundwasser werden bislang nicht bewilligt. Mitunter geben einzelne Wasserversorgungen Trinkwasser zu Bewässerungszwecken an die Landwirtschaft ab. Angesichts der zunehmend längeren Phasen von Sommertrockenheit stellt sich die Frage, ob es sinnvoll wäre, dass Landwirte zukünftig direkt Grundwasser für die Bewässerung entnehmen dürften, und in welchem Umfang dies unter Einhaltung einer nachhaltigen Nutzung möglich wäre.

Im Projekt «WasserZukunft Klettgau» wurden die Folgen einer möglichen Grundwassernutzung zu Bewässerungszwecken für die Landwirtschaft untersucht [2]. Das Projekt wurde im Rahmen der zweiten Phase des Pilotprogramms «Anpassung an den Klimawandel» realisiert, das der Bund zwischen 2019 und 2022 durchgeführt hat [3]. Es wurde durch den Kanton Schaffhausen und das Bundesamt für Umwelt finanziert. Eine Begleitgruppe aus Vertretern der Klettgauer Gemeinden, lokaler Wasserversorger (auch aus dem deutschen Klettgau), von Landwirten und Umweltverbänden sowie dem Bundesamt für Landwirtschaft sorgte für eine breite Abstützung in der Region.

GRUNDWASSER UND LANDWIRTSCHAFT IM KLETTGAU

Hydrogeologische Situation

Die Hochterrassenschotter des Klettgaus bilden einen sehr ergiebigen Lockergesteins-Grundwasserleiter mit bis zu 50 m Grundwassermächtigkeit. Er erstreckt sich von Schaffhausen-Breite über Neunkirch und Trasadingen bis in den deutschen Klettgau. Östlich der Grundwasserscheide strömt das Grundwasser ins Rheintal, westlich durch das Talgebiet des Klettgaus bis zur Wutach, die den Vorfluter darstellt. Das Grundwasservorkommen ist durch mehrere Pumpbrunnen für die Trinkwassergewinnung erschlossen.

Im Gegensatz zu den meist oberflächennahen Grundwasservorkommen in Schweizer Lockergesteinen ist der Flurabstand im Klettgau mit mehreren 10er-Metern relativ gross. Deshalb wirkt sich die Niederschlagsverteilung erst verzögert und gedämpft auf die Grundwasserneubildung aus, mit natürlichen Grundwasserhochständen im Sommer und Tiefständen im Winter [4]. Auch gibt es dadurch keine direkte Anbindung an die dortigen Oberflächengewässer. Das Grundwasser wird jedoch zum Teil durch Versickerung aus diesen Gewässern gespeist, insbesondere im östlichsten Teil, wo die Bäche wegen der allseitig ansteigenden Topografie nicht oberirdisch abfliessen können. Das Grundwasser erhält des Weiteren unterirdische Seitenzuflüsse von den Talhängen.

Landwirtschaftliche Nutzung

Im Klettgau herrscht ein eher mildes und trockenes Klima. In letzter Zeit traten gehäuft niederschlagsarme Sommer auf. Die Landwirtschaft hat sich in den vergangenen 30 Jahren laufend an diese Bedingungen angepasst, wobei immer weniger wasserbedürftige Kulturen angebaut wurden (Fig. 1). So sind Kartoffeln zusammen mit Gemüsebau, die beide einen hohen Wasserbedarf aufweisen, heute flächenmässig unbedeutend. Die Fruchtfolgen werden von relativ wenigen Kulturen wie Winterweizen, Mais, Raps und Rüben dominiert. Zudem haben viele Klettgauer Landwirte die Milchproduktion aufgegeben und sind zu reinem Ackerbau übergegangen. Durch den Rückgang an Raufutterverzehrern wurden auch immer weniger Kunstwiesen in die Fruchtfolgen integriert. Der grösste Teil der Wiesen wurde extensiviert und in Wiesen ohne wesentliche Nutzung umgewandelt.

Bewässerungsszenarien

Im Rahmen des Projektes wurden vier mögliche Szenarien für eine zukünftige Entwicklung der Landwirtschaft bei unterschiedlicher Bewässerungsintensität bzw. Entnahmemenge aus dem Grundwasser betrachtet. Dies unter der Prämisse, dass Bewässerung im Klettgau in erster Linie zur Erhaltung der heutigen, vorwiegend auf Ackerbau ausgelegten Landwirtschaft eingesetzt werden sollte. Die Szenarien sind ausserdem nicht auf eine Ertragsmaximierung ausgerichtet, sondern auf die Vermeidung von grossen Ertragsausfällen [5].

Szenario 1 – Keine Bewässerung

Dieses Szenario geht von einer Weiterführung der heutigen Bewirtschaftung ohne nennenswerte Bewässerung mit Grundwasser aus.

Szenario 2 – Geringe Bewässerung

Dieses Szenario ist auf eine Vermeidung von Totalverlusten (beim heutigen Kulturmix) in Trockenjahren ausgelegt. Es wird erst bewässert, wenn das im durchwurzelten Boden gespeicherte Wasser praktisch aufgebraucht ist. Die zur Bewässerung benötigten Wassermengen können ab dem bestehenden Trinkwassernetz bezogen werden.

Szenario 3 – Moderate Bewässerung

Dieses Szenario ist auf eine Bewässerung bei vertretbaren Ertragsausfällen (beim heutigen Kulturmix) ausgerichtet. Das bestehende Trinkwassernetz reicht zur Lieferung der dafür nötigen Wassermengen nicht aus, weshalb die Grundwassererschliessung ausgebaut und eine entsprechende Bewässerungsinfrastruktur erstellt werden müssten.

Szenario 4 – Moderate Bewässerung mit angepasstem Kulturmix

In diesem Szenario wandelt sich mit der Verfügbarkeit einer aufgebauten Bewässerungsinfrastruktur der Kulturmix hin zu bewässerungsbedürftigeren Kulturen. Es wird jedoch weiterhin von einer vorwiegend auf Ackerbau basierenden Landwirtschaft ausgegangen.

MODELLIERUNG

Der Bewässerungsbedarf entsprechend o. g. Szenarien sowie die Auswirkungen von Klimawandel und Wasserentnahmen wurden für das Klettgauer Grundwasservorkommen mittels Modellierung bestimmt. Dabei wurden ein Bodenwasserhaushaltsmodell und ein Grundwassermodell mit einem Niederschlags-/Abflussmodell verknüpft. Das resultierende Bilanzmodell umfasst sämtliche ober- und unterirdischen Wasserströme (Fig. 2). Details der Modellierung sind in [6] ausführlich beschrieben.

Bewässerungsbedarf

Der Bewässerungsbedarf und die Grundwasserneubildung wurden mit dem Bodenwasserhaushaltsmodell ermittelt. Dabei wird die Referenzverdunstung für eine Grasvegetation von 12 cm Höhe berechnet und aus dieser dann die Verdunstung für bestimmte Pflanzenarten und Wachstumsphasen abgeleitet [7]. Diese Phasen und die dazugehörigen Verdunstungsfaktoren wurden für Schweizer Verhältnisse angepasst.

Der Bewässerungsbedarf einer Kultur resultiert aus den klimatischen Bedingungen (Niederschlag und Verdunstung) und dem gewählten Bewässerungsszenario. Grundlage dazu ist die Berücksichtigung des Wasserstressfaktors gemäss [7]. Steht den Pflanzen in Trockenperioden nicht genügend Wasser zu Verfügung, so reduzieren sie das Wachstum und die Verdunstung. Der Füllgrad des durch die Pflanze nutzbaren Bodenspeichers wurde entsprechend den Klimamodellen für jeden Tag berechnet. Sobald der Füllgrad unter einen vorgegebenen Schwellwert absinkt, wird dem Boden im Modell so viel Wasser zugegeben, dass gerade der Schwellwert erreicht wird [8]. Bei den Berechnungen wird von einer idealen Bewässerung ausgegangen, d. h. es wird zum richtigen Zeitpunkt die richtige Bewässerungsmenge so ausgebracht, dass das Wasser für die Pflanzen stets verfügbar ist.

Grundwassermodell

Der Grundwasserleiter des Klettgaus wurde mit einem numerischen Grundwasserströmungsmodell nachgebildet. Im regionalen Massstab kann der Grundwasserleiter mit einem horizontal-zweidimensionalen Modell mit freier Oberfläche simuliert werden. Das Modell umfasst den gesättigten Bereich der Hochterrassenschotter (Fig. 3). Die darunterliegende Felsoberfläche bildet die untere Begrenzung des Modells, die Oberkante wird durch die Topografie vorgegeben. Als Randbedingungen des Modells wurden die Förderraten der Grundwasserfassungen, die Versickerung aus Bächen, die unterirdischen Seitenzuflüsse und die Grundwasserneubildung aus Niederschlag vorgegeben.

Zur Bestimmung der Grundwasserneubildung wurde im Modell der Talboden in Kacheln (500 × 500 m) unterteilt. Für jede Kachel wurden die Anteile an Wald-, Landwirtschafts- und Siedlungsfläche bestimmt. Innerhalb der Landwirtschaftsfläche wurde der Kulturmix gemäss Figur 1 vorgegeben. Für jede Kachel wurden zudem aus der Bodenkarte [9] der Bodentyp und dessen Gründigkeit erhoben. Diese beiden Parameter sind – zusammen mit der Wurzeltiefe der jeweiligen Kultur – massgebend für die im Bodenwasserhaushaltsmodell verwendete nutzbare Feldkapazität. Da das für die Bewässerung benötigte Wasser aus dem Klettgauer Grundwasservorkommen entnommen würde, wird es von der Grundwasserneubildung im Talgebiet abgezogen. In Trockenzeiten können dabei sogar negative Grundwasserneubildungsraten resultieren.

Zur Kalibrierung des Grundwassermodells wurden die gemessenen Grundwasserstände der hydrologischen Jahre 2012 bis 2019 eingesetzt. Für die unabhängige Validierung des Modells wurden die Daten von 1999 bis 2011 verwendet. Die aus der Kalibrierung resultierenden Werte der hydraulischen Durchlässigkeit betragen für den Hochterrassenschotter zwischen 3 und 7 × 10–3 m/s.

Resultate Szenarien

Das National Centre for Climate Services NCCS publizierte im Rahmen des Projekts CH2018 Klimaszenarien für die Schweiz Daten verschiedener Klimamodelle [10]. Insgesamt stehen etwa 60 Modelle für den Zeitraum von 1981 bis 2099 zur Verfügung, wobei prinzipiell zwischen Entwicklungsszenarien mit und ohne Klimaschutzmassnahmen unterschieden wird. Für die vorliegende Studie wurden daraus die zwei Modelle mit den höchsten Abnahmen der Winter- (DMI-HIRHAM-RCP26) oder der Sommerniederschläge (SMHI-RCA-RCP85) ausgewählt.

Für die Modellierung der Klima- und Entnahmeszenarien wurde der Prognosezeitraum 2020–2049 verwendet, da dieser einem realistischen Planungszeitraum für Bewässerungsprojekte entspricht. Das Bodenwasserhaushaltsmodell, das Niederschlags-/Abflussmodell und das Grundwassermodell wurden jeweils über den Zeitraum von 1981–2049 berechnet. In der Auswertung wurde der Prognosezeitraum 2020–2049 mit dem Referenzzeitraum 1981–2010 verglichen.

Die Ergebnisse der Modellierungen zeigen mit den betrachteten Klimaszenarien keine signifikante Abnahme der natürlichen Grundwasserneubildung im Klettgau. Dies stimmt mit den generellen Erwartungen zu den Auswirkungen des Klimawandels überein, wonach sich Niederschläge und Grundwasserneubildung eher in den Winter verlagern, aber nicht insgesamt abnehmen [1, 11]. Die Klimamodelle prognostizieren jedoch mehrjährige Trockenphasen, die temporär zu tieferen Grundwasserständen führen.

Die Grundwasserentnahme zur Bewässerung bewirkt in diesen Trockenphasen eine zusätzliche Absenkung des Grundwasserspiegels. Für jedes Bewässerungsszenario wurde deshalb der im Prognosezeitraum 2020–2049 erreichte minimale Grundwasserstand mit dem minimalen Grundwasserstand im Zeitraum 1981–2010 (ohne Bewässerung) verglichen. In Figur 4 ist die Situation für das Szenario 3 räumlich dargestellt, wo es maximal zu 8 m Absenkung gegenüber dem Referenzzustand kommt. Das Gesamtvolumen des Grundwasservorkommens im Schweizer Klettgau würde sich dadurch von 71 Mio. auf 58 Mio. m3 verringern. Der Abfluss von Grundwasser in den deutschen Teil des Klettgaus würde in Folge der Grundwasserabsenkung reduziert.

AUSWIRKUNGSANALYSE

In der zweiten Projektphase wurden die voraussichtlichen Auswirkungen einer Grundwasserentnahme für Bewässerungszwecke in Hinblick auf Landwirtschaft, Trinkwasserversorgung, Boden- und Wasserqualität, Landschaft, Region sowie Naturschutz und Ökologie analysiert. Des Weiteren werden mögliche Anpassungsstrategien skizziert.

Faktoren und Relevanz

Die grundsätzlichen Faktoren und ihre Relevanz für die Beurteilung der Auswirkungen von landwirtschaftlicher Bewässerung sind in Tabelle 1 wiedergegeben. Diese Relevanzmatrix bildete die Grundlage für die Abstimmung mit der Begleitgruppe.

An einer ersten Veranstaltung wurden die aus Sicht der verschiedenen Interessensvertreter wesentlichen Faktoren und deren erwartete Auswirkungen diskutiert. Ausserdem wurde die grundsätzliche Einstellung der Beteiligten zu einer Bewässerung aus Grundwasser im Klettgau erfragt. An zwei weiteren Veranstaltungen wurden die Resultate der Modellierung und der Auswirkungsanalyse präsentiert und zur Diskussion gestellt.

Bemerkenswert ist, dass keine der Interessensgruppen eine landwirtschaftliche Bewässerung klar befürwortete. Die Bewässerungsszenarien stiessen bei den Vertretern der verschiedenen Nutzergruppen auf unterschiedliche Akzeptanz. Die Szenarien 1 und 2 erhielten grundsätzliche Zustimmung, wobei seitens der Landwirtschaft bei Szenario 1 ein weiterer Ertragsrückgang und bei Szenario 2 seitens Wasserversorgern Kapazitätsengpässe in Trockenperioden befürchtet wurden. Die Auswirkungen der Szenarien 3 und 4 wurden überwiegend als negativ beurteilt. Sogar seitens der Landwirte wird dies mitgetragen, vor allem aus den Bedenken heraus, dass der Klettgau so für auswärtige Betriebe attraktiver werden könnte, was zu höheren Bodenpreisen und Pachtzinsen sowie schlussendlich zu einer Verdrängung der heimischen Betriebe führen könnte. Eine Intensivierung der Landwirtschaft wiederum lässt eine Beeinträchtigung von ökologischen und naturschützerischen Aspekten befürchten.

Trinkwasserressource

Grundwasser dient in der Schweiz in erster Linie als Ressource für die öffentliche Trinkwasserversorgung und ist auch prioritär als solche zu behandeln. Bei einer Mehrfachnutzung ist die ausreichende Verfügbarkeit und Qualität des Trinkwassers zu gewährleisten. Im Falle der Bewässerung aus Grundwasser muss geklärt sein, wie die verschiedenen Grundwassernutzungen aufeinander abgestimmt werden können, ohne die Trinkwassernutzung zu gefährden oder zu behindern. Auch könnte eine Umstellung auf intensivere Landwirtschaft wiederum Einfluss auf die Grundwasserqualität haben, insbesondere durch allenfalls erhöhte Stickstoffausträge.

Im Schweizer Klettgau werden aus den Pumpbrunnen derzeit etwa 600 000 m3 Grundwasser pro Jahr entnommen. Bei Bewässerungsszenario 2 würde sich diese Menge im Mittel etwa verdoppeln, bei Szenario 3 vervierfachen. Eine solche Nutzung des Grundwasservorkommens ginge gemäss Modellierung mit einer Absenkung des Grundwasserspiegels von mehreren Metern einher. In Anbetracht der grossen Mächtigkeit des Vorkommens erscheint eine nachhaltige Nutzung trotzdem möglich, zumal die hohen Flurabstände auch keine Beeinträchtigung von Grundwasser-abhängigen Ökosystemen erwarten lassen.

Wirtschaftlichkeit

Ein wesentlicher Teil der Auswirkungsanalyse bestand darin, die Bewässerungswürdigkeit der Kulturen anhand von Wirtschaftlichkeitsrechnungen zu bestimmen. Als Grundlage für die Berechnungen dient der sogenannte Deckungsbeitragskatalog der Agridea [12]. Der Deckungsbeitrag enthält als Erlöse alle Leistungen aus der Produktion (Ertrag) inkl. Bundesbeiträge für die Flächen (Direktzahlungen). Davon werden alle Aufwendungen (direkte Kosten) für Dünger, Saatgut, Spritzmittel, Lohnarbeiten und Bewässerung abgezogen. Dies ergibt den Deckungsbeitrag pro Hektar einer Kultur. Aus dem Deckungsbeitrag muss der Landwirt seine Arbeit und seine Kosten für Gebäude, Pachtzins und Maschinen bezahlen können. Was schlussendlich noch übrig bleibt, ist das landwirtschaftliche Einkommen.

Wird eine Kultur bewässert, so vermindert sich einerseits der Deckungsbeitrag um die Bewässerungskosten, andererseits wird durch die Bewässerung ein Ertragsausfall vermieden. Die zusätzlichen Kosten für die Bewässerung sind vom Klima, der Bewässerungsintensität, dem Produktionssystem und dem Wasserpreis abhängig. Die Kosten wurden für verschiedene Kombinationen dieser Faktoren berechnet. Übersteigen die Kosten für die Bewässerung (Wasser plus Ausbringung) einen theoretischen Minderertrag von 20%, so ist die Produktion wirtschaftlich nicht mehr interessant. Bei Kulturen mit hohem Wasserbedarf und tiefer Wertschöpfung (Bsp. Mais, Kunstwiese) wird diese Grenze schneller erreicht als bei Kulturen mit tieferem Wasserbrauch und höherer Wertschöpfung (Bsp. Sonnenblumen, Raps). Winterweizen als wichtigste Kultur nimmt eine Mittelstellung ein.
Tabelle 2 gibt beispielhaft eine Zusammenstellung der prozentualen Mindererträge für den Landbau bei moderater Bewässerung (Szenario 3). Es zeigt sich, dass eine Bewässerung im Ackerbau nur bei tiefem Wasserpreis wirtschaftlich ist. Alternativ müssten die Produzentenpreise entsprechend nach oben angepasst werden oder Kulturen mit höherer Wertschöpfung wie Beeren, Obst oder Tafeltrauben angebaut werden.

TRANSFORMATIONSANALYSE

In der dritten Projektphase wurde in einer Transformationsanalyse abgeklärt, in welchen weiteren Gebieten des Kantons Schaffhausen eine Grundwassernutzung zu Bewässerungszwecken in Frage kommen könnte. Dazu wurden die aus dem Klettgau gewonnenen Erkenntnisse auf die restlichen Kantonsgebiete übertragen.
Zunächst wurden für die jeweiligen Einzugsgebiete die Lockergesteins-Grundwasservorkommen bezüglich ihrer räumlichen Ausdehnung, der Mächtigkeit, des Flurabstands und der gemessenen Grundwasserstände charakterisiert (Fig. 5). Aus dem Anteil der landwirtschaftlich genutzten Flächen und deren Kulturmixe wurde der Bewässerungsbedarf für die verschiedenen Einzugsgebiete bestimmt. Anschliessend wurde das Wasserdargebot dem Bewässerungsbedarf gegenübergestellt.

Die Auswertung zeigt, dass im Kanton Schaffhausen neben dem Klettgau nur Einzugsgebiete für eine Bewässerung mit Grundwasser in Frage kommen, wenn die dortigen Vorkommen wiederum mit grösseren Fliessgewässern in Verbindung stehen (Rhein, Biber, Wutach). Kleinere Gewässer führen bei Trockenheit nur wenig Wasser, sodass eine zusätzliche Entnahme von Grundwasser in deren Einzugsgebieten zu einer Verschärfung der Restwasserproblematik führen würde. Dies betrifft insbesondere das Schleitheimertal, das einen relativ hohen Bewässerungsbedarf aufweist.

In der Regel fallen bei oberflächennahen Grundwasservorkommen Perioden erhöhten Bewässerungsbedarfs mit geringerer Wasserverfügbarkeit zusammen [13]. Dort ist dann auch die Interaktion von Grundwasser und Oberflächenwasser als gekoppeltes System von entscheidender Bedeutung [14]. Die Verhältnisse des Klettgaus sind dagegen eher mit den weniger verbreiteten Lockergesteins-Vorkommen grossen Flurabstands bzw. tieferer Grundwasserstockwerke vergleichbar. Insofern stellt der Klettgau hydrogeologisch sowohl innerhalb des Kantons Schaffhausen als auch in der Schweiz einen gewissen Sonderfall dar.

FAZIT

Mit dem Projekt «WasserZukunft Klettgau» wurden mit Hinblick auf den Klimawandel Wissensgrundlagen zu einer möglichen Grundwassernutzung für Bewässerungszwecke geschaffen. Der Klimawandel beeinflusst dabei sowohl die Wasserverfügbarkeit als auch den Wasserbedarf der Landwirtschaft. Die Ergebnisse des Projekts stehen als Entscheidungshilfe für die zukünftige Nutzung der Grundwasserressource und die landwirtschaftliche Entwicklung der Region sowie für damit allfällig einhergehende Regelungen von Wasserbezügen zur Verfügung.
Es erweist sich, dass die Trinkwassernutzung im Klettgau dank des grossen Grundwasservolumens auch bei längeren Trockenperioden nicht gefährdet ist. Die Modellrechnungen zeigen, dass eine geringe bis moderate Bewässerung zwar zu einer zusätzlichen Grundwasserabsenkung führen würde, die Trinkwasserversorgung aber trotzdem gewährleistet werden könnte.

Mit einer geringen Bewässerung könnte der heutige Kulturmix beibehalten und Ertragsausfällen entgegengewirkt werden. Bei moderater Bewässerung müssten hohe Investitionen für eine zusätzliche Bewässerungsinfrastruktur (inkl. Erschliessung und Ausbringung) geschaffen werden. Die Berechnungen zeigen, dass sich eine solche Bewässerung wegen der hohen Kosten und der geringen Wertschöpfung der Ackerbaukulturen beim heutigen Kulturmix finanziell nicht lohnt.

Mittels sektorübergreifendem und partizipativem Ansatz konnten die unterschiedlichen Nutzer- und Interessensgruppen abgeholt und mögliche Einschränkungen oder Konflikte durch die Nutzung von Grundwasser für die landwirtschaftliche Bewässerung berücksichtigt werden. Auch wenn sich die Ergebnisse nicht ohne weiteres auf andere Einzugsgebiete übertragen lassen, zeigt das Pilotprojekt doch methodisch und beispielhaft mögliche Anpassungen im Zuge vermehrter und längerer Perioden von Sommertrockenheit auf [3]. Letztlich muss die Abklärung der Machbarkeit einer nachhaltigen Nutzung von Grundwasser für die landwirtschaftliche Bewässerung stets fallspezifisch betrachtet werden.

Bibliographie

[1] BAFU (2021): Auswirkungen des Klimawandels auf die Schweizer Gewässer. Hydrologie, Gewässerökologie und Wasserwirtschaft. Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Wissen Nr. 2101. 140 S.
[2] Graf, H.R.; Gmünder, C.; Dierauer, H. (2021): Pilotprojekt WasserZukunft Klettgau: Konsequenzen einer möglichen Grundwassernutzung zu Bewässerungszwecken. Veröffentlicht auf der Website des Kt. Schaffhausen: www.gewaesser.sh.ch
[3] BAFU (2023): Impulse für eine klimaangepasste Schweiz. Erkenntnisse aus 50 Projekten aus der zweiten Phase des Pilotprogramms. Umwelt-Info, Bundesamt für Umwelt, Bern. 50 S.
[4] BAFU (2023): Station 6537 Wilchingen. Aktuelle Situation Grundwasser. Bundesamt für Umwelt: www.hydrodaten.admin.ch
[5] Butz, A. F. (2018): Einfluss von Bewässerung auf Ertrag und Ertragsstabilität bei Ackerbaukulturen. Landinfo 4/18
[6] Gmünder, C. et al. (2021): Modellierung der Auswirkungen einer möglichen Bewässerung auf den Wasserhaushalt im Klettgau. Swiss Bulletin für angewandte Geologie, Vol. 26/2: 31–44
[7] Allen, R.G. et al. (2006): Crop Evapotranspiration. FAO Irrigation and Drainage Paper No 56
[8] Fuhrer, J., Smith, P. (2015): Grundlagen für die Abschätzung des Bewässerungsbedarfs im Kanton Basel Landschaft. Agroscope
[9] FAP (1989): Bodenkarte/Wasserhaushalt des Bodens – Oberklettgau. Eidgenössische Forschungsanstalt für landwirtschaftlichen Pflanzenbau
[10] NCCS (2018): CH2018 – Klimaszenarien für die Schweiz. National Centre for Climate Services, Zürich
[11] Hüsler et al. (2021): Auswirkungen des Klimawandels auf die Oberflächengewässer und das Grundwasser in der Schweiz. Swiss Bulletin für angewandte Geologie, Vol. 26/2: 55–62
[12] AGRIDEA & FiBL (2020): Deckungsbeiträge 2020. Agridea, Lindau
[13] Holzkämper, A. et al. (2020): AgriAdapt – Modellgestützte Untersuchung der Einflüsse von Klima- und Landnutzungsänderungen auf Grundwasserressourcen im Berner Seeland. Agroscope, Universität Bern, Universität Neuenburg. 38 S.
[14] Hunkeler, D. et al. (2014): Klimaeinflüsse auf Grundwassermengen. Aqua & Gas, N°11: 42–49

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