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Fachartikel
28. März 2019

Ergebnisse aktueller Studienprojekte

Temperaturmonitoring Oberflächengewässer Schweiz

Der Klimawandel wird immer spürbarer. Damit einher gehen neue Fragen zur weiteren Entwicklung klimatisch bedingter Veränderungen, zu deren Auswirkungen sowie zu sinnvollen Schutz- und Anpassungsmassnahmen. Im Sinne einer vorsorglichen Umweltbeobachtung gilt es nun, die Basis der Erhebungen der Wassertemperatur an die neuen Herausforderungen anzupassen. Dazu wurden vier Projekte lanciert.
Thilo Herold 

Die Auswirkungen der globalen Erwärmung sind auf lokaler, regionaler und globaler Ebene immer ausgeprägter zu beobachten [1]. Aufgrund ihrer Schlüsselfunktion bei chemischen, biologischen und ökologischen Prozessen sowie bei den Thermalstrukturen in aquatischen Ökosystemen [2, 3, 4] führt die steigende Wassertemperatur auch bei Fliessgewässern und Seen zu ernsthaften Veränderungen.
Doch wie lauten die Kernfragen, die ein zukünftiges Monitoring im Hinblick auf diese Auswirkungen beantworten muss? Diese Frage wurde Fachexperten zu den Oberflächengewässern gestellt [5]. Ihre Antworten, die Erfahrungen des Bundesamts für Umwelt BAFU und die daraus resultierenden Vorschläge, wie den neuen Herausforderungen zu begegnen sei, bildeten die Basis der vier nachfolgend vorgestellten Projekte: drei zu Fliessgewässern, eines zu Seen.

  Thema Auftragnehmer Ziel

 Fliessgewässer 

Genauigkeit von
Temperaturmessungen [6]

 

Berner Fachhochschule (BFH) Mithilfe statistischer Methoden und Modelle sollen Aussagen ĂĽber die Messgenauigkeit, die Messunsicherheit sowie deren Beeinflussungen gemacht werden
Fliessgewässer 

Wärmebilder und
Multispektralanalysen [7]

 

Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) Abklärung der Eignung hochauflösender Infrarot- und Multispektralaufnahmen zur Charakterisierung räumlicher und zeitlicher Veränderungen der Thermalstruktur und der Beschattung
Fliessgewässer Bestockung und Beschattung [8] Fischwerk Herleitung einer geeigneten GIS-Methode für eine schweizweite Analyse der Bestockung und Beschattung an Fliessgewässern
Seen

Monitoringkonzept Schweizer Seen [9]

 

Eawag Evaluation des Nutzens und der Grenzen eines nationalen Temperaturmonitorings an Schweizer Seen unter Berücksichtigung räumlich und zeitlich unterschiedlicher Mess­inkremente

Ăśbersicht der 2018 im Auftrag des BAFU durchgefĂĽhrten Projekte im Bereich
der Wassertemperaturbeobachtung.

VIER PROJEKTE

Monitoring Fliessgewässer 

Bei den drei Fliessgewässer-Projekten wurde jeweils ein Teil der Arbeiten im gleichen Zeitraum an der BAFU-Wassertemperatur-Messstation «Glatt-Rheinsfelden» im Kanton Zürich durchgeführt. Dies erlaubte es, einen Teil der Methoden miteinander zu vergleichen und erste Schlüsse aus den Ergebnissen zu ziehen.
Mithilfe statistischer Methoden und Modelle konnten erste Aussagen hinsichtlich der Messgenauigkeit gemacht werden [6]. Die gewonnenen Erkenntnisse trugen dazu bei, die Messgenauigkeit zu erhöhen, indem z. B. die Platzierung der Sonden oder deren Halterungen (Schutzrohr) optimiert wurden. Diese Informationen flossen wiederum in die technische Konzeption des gemeinsamen Messnetzes zwischen Bund und Kantonen ein.
Die Analysen der mit einer Drohne aufgenommenen multispektralen Orthophotos zeigten detailliert und präzise die räumlich-zeitliche Dynamik der Beschattung auf der Wasseroberfläche eines Fliessgewässers [7]. Zeitgleich ausgeführte Wärmebildaufnahmen ermöglichten eine zeitlich und räumlich hoch aufgelöste Quantifizierung der Längs- und Quertemperaturunterschiede. Gleichzeitig wurden Einflüsse auf die Thermal-Infrarot-Aufnahmen bei den Messungen bestimmt.
Die Herleitung von Bestockungskarten entlang der Schweizer Fliessgewässer anhand von GIS-Analysen ist möglich [8]. Die Beschattung aus den GIS-Informationen herzuleiten, ist jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nicht zufriedenstellend umsetzbar.

Monitoring Seen

Anders als bei den Fliessgewässern führt der Bund aktuell kein Messnetz zu Seewassertemperaturen in der Schweiz. Es werden nur Wassertemperaturdaten von kantonalen Seeprobenahmen gesammelt und zentral gespeichert (Fig. 2). Diese Daten sind nicht homogenisiert, nicht auf ihre Vollständigkeit überprüft und werden je nach Programm mit unterschiedlicher Regelmässigkeit erhoben. Auf der Basis dieser beim Bund vorliegenden kantonalen Daten kann deshalb nur ein Teil der in Zusammenarbeit mit den Fachexperten identifizierten Fragestellungen beantwortet werden.
Die Schweiz weist hinsichtlich ihrer biogeografischen, topografischen und limnologischen Ausprägung eine hohe Strukturvielfalt auf. Figur 3 illustriert z. B. den prozentualen Flächenanteil und die Höhenlage der Stillgewässer in der Schweiz. Ihre Anzahl beträgt gemäss Analysen des Landschaftsmodells vector25 (1:25 000) der Swisstopo rund 11 133 Gewässer mit einer Fläche von mehr als 30 m2; gemäss den Analysen des Landschaftsmodells swissTLM3D der Swisstopo sogar 16 683 Gewässer mit einer Fläche grösser als 28 m2. Zu beachten ist, dass in dieser Summe auch Weiher, Teiche und künstliche Stillgewässer enthalten sind.
Aus den oben genannten Gründen sollen mögliche Zielrichtungen und der entsprechende Mehrwert eines schweizweiten Monitorings der Seewassertemperaturen (thermische Strukturen) mit homogenisierten Daten abgeklärt werden. Mithilfe eines von der Eawag durchgeführten Projektes [9] wurden in einem ersten Schritt vier grundlegende Fragen beantwortet:
– Benötigen wir ein schweizweites Seemonitoring für Wassertemperatur?
– Welche Ausprägungen müsste ein solches Monitoring aufweisen?
– Was muss bei der Auswahl von Standorten berücksichtigt werden?
– Was muss beim Design des Monitoringsystems berücksichtigt werden?

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WEITERES VORGEHEN

Die ersten Ergebnisse der vier Studienprojekte liegen zwischenzeitlich vor und werden auf den nachfolgenden Seiten kurz vorgestellt. Es konnten damit wichtige Fragen beantwortet werden. Das BAFU möchte mit weiteren Arbeiten die bisherigen Ergebnisse erhärten, ausgewählte Studien vertiefen und deren Resultate so zusammenfassen, dass sie in der Praxis für die repräsentative Anpassung der Gewässerbeobachtung (Wassertemperatur) in der Schweiz umsetzbar werden.

Bibliographie

[1] IPCC (2014): Fifth assessment report on climate change. The Intergovernmental Panel of Climate Change. www.ipcc.ch
[2] Magnuson, J.J.; Crowder, L.; Medvick, P. (1979): Temperature as an ecological resource. American Zoologist 19: 331–343
[3] Caissie, D. (2006): The thermal regime of rivers: a review. Freshwater Biology 51: 1389–1406
[4] Gaudard, A.; Weber, C.; Alexander, TJ.; Hunziker, S., Schmid, M. (2018). Impacts of using lakes and rivers for extraction and disposal of heat. WIREs Water, e1295, doi:10.1002/wat2.1295
[5] Herold, T.; Schaffner, M.; Chaix, O. (2018): Temperaturmonitoring der Fliessgewässer, Anpassung an zukünftige Herausforderungen. Aqua & Gas 12-2018: 54–59
[6] Wandel, J.; Bigler, V. ; Mermoud, O. (2019): Temperaturmessungen von Oberflächengewässern, Untersuchungen der Messgenauigkeit sowie Überprüfung bestehender statistischer Auswertungen. Bericht im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU). Berner Fachhochschule (BFH)
[7] Tonolla, D.; Junghardt, J.; Antonetti, M.; Döring, M. (2019): Characterization of spatio-temporal thermal heterogeneity and riparian shading in the Glatt River using high-resolution thermal infrared and multispectral remote sensing. Commissioned by the Federal Office for the Environment (FOEN). ZHAW
[8] Ninck, L. (voraussichtlich 2020): Bestockung und Beschattung der Fliessgewässer. Bericht im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt BAFU. Fischwerk
[9] Bouffard, D.; Dami, J.; Schmid, M. (2019): Swiss lake temperature monitoring program. Report commissioned by the Federal Office for the Environment (FOEN). Eawag, Kastanienbaum
[10] BAFU (2018): Hydrologische Daten und Vorhersagen – Messstation «Glatt-Rheinsfelden» (Nr. 2415). Bundesamt für Umwelt, Bern

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