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Fachartikel
04. November 2019

Gewässerqualität

Task-Force «Pyrethroide»

Aufgrund der Befunde von Pyrethroiden und Organophosphaten in Oberflächengewässern aus den Pilotstudien NAWA SPEZ 2012 und 2015 haben sich Ende 2016 mehrere Kantonale Gewässerschutzlabore mit der Eawag und der VSA-Plattform «Gewässerqualität» zu einer Arbeitsgruppe zusammengeschlossen. Ziel der Task-Force «Pyrethroide» war, Pyrethroide und Organophosphate routinemässig in Fliessgewässern bis in den tiefen Picogramm-pro-Liter-Bereich zu messen. Gut drei Jahre später sind die Erfolge dieser Arbeitsgruppe sichtbar.
Christoph Moschet, Luca Deola, Matthias Ruff, Renate Söser, Samuel Mühlemann, Tanja Altherr, Christian Götz, Andreas Wyss, Heinz Singer, Andrea Rösch, Silwan Daouk, 

Die Untersuchungen im Rahmen von NAWA SPEZ 2012 (Nationale Beobachtung Oberflächengewässerqualität des Bundesamtes für Umwelt BAFU) in fünf mittelgrossen Fliessgewässern in der Schweiz zeigten zum ersten Mal auf, dass Pyrethroide und Organophosphate (insbesondere Chlorpyrifos und Chlorpyrifos-methyl) trotz tiefen Konzentrationen einen grossen Einfluss auf das Risiko für Gewässerorganismen haben [1]. Aufgrund extrem tiefer Qualitätskriterien, die z. T. im unteren Picogramm-pro-Liter-(pg/l-)Bereich (s. Box) liegen, ist die Erfassung des Risikos analytisch jedoch eine sehr grosse Herausforderung. Für eine korrekte Risikobeurteilung müssen die analytischen Bestimmungsgrenzen mindestens im Bereich der Qualitätskriterien liegen. Im Unterschied zu den meisten anderen Pestiziden können Pyrethroide nicht mit ausreichender Nachweisstärke in einer Multi-Methode mittels Flüssigchromatografie gekoppelt an die Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/MS) gemessen werden. Da Pyrethroide sehr unpolar sind, ist eine Analyse mittels Gaschromatografie gekoppelt an die Tandem-Massenspektrometrie (GC-MS/MS) die Methode der Wahl. Klassische GC-MS/MS-Methoden erreichten für Pyrethroide bisher nur Bestimmungsgrenzen von rund zehn Nanogramm pro Liter (ng/l), was 100- bis 1000-fach über den ökotoxikologischen Qualitätskriterien liegt.
Ende 2016 hat sich deswegen eine Arbeitsgruppe im Rahmen des Kompetenznetzwerks «Lab’Eaux» (Gruppierung der kantonalen Gewässerschutz- und Umweltschutzlaboratorien) bestehend aus vier Kantonalen Gewässerschutzlaboren (GBL BE, IKL SH, AWE SG, AWEL ZH), der Eawag und der VSA-Plattform «Wasserqualität» gebildet, die das Ziel hatte, Pyrethroide und Organophosphate routinemässig bis in tiefste Konzentrationen messen zu können. Weil mit der Analyse von Pyrethroiden in Fliessgewässern bisher nur wenige Leute in der Schweiz vertraut waren, stellten sich verschiedene Fragen, die gemeinsam angegangen wurden:

Allgemeine Fragestellungen

Muss für die korrekte Erfassung des Umweltrisikos die Gesamtfraktion oder nur der gelöste Anteil analysiert werden? Welche Substanzen müssen zwingend gemessen werden? Sollen Isomere getrennt oder als Summe quantifiziert werden? Liegt der Fokus auf der Erfassung des akuten Risikos oder des chronischen Risikos?

Probenahme und Lagerung

Gibt es Sorption an Schläuche während der automatischen Probenahme? Welches Material ist am besten geeignet? Sind Pyrethroide während der Probenahme von Mischproben stabil? Wie sollen die Proben im Labor gelagert werden?

Extraktion

Wie können Pyrethroide effizient aus der Wasserprobe extrahiert werden? Wie gross kann die Aufkonzentrierung der Extrakte maximal sein? Braucht es eine Aufreinigung der Extrakte?

Messung

Welche Messprinzipen (d. h. Ionisierungstechniken) sind geeignet? Wie erhält man die grösstmögliche Empfindlichkeit ohne Störungen durch die komplexe Matrix?

Blindwerte

Wie können Blindwerte aus dem Labormaterial und dem Analysensystem vermieden werden?

Qualitätssicherung

Wie lassen sich die äusserst tiefen Werte über einen langen Zeitraum in verschiedenen Laboren mit unterschiedlichen Methoden qualitativ absichern?

Die gegründete Task-Force «Pyrethroide» hatte zum Ziel, all diese Fragen bis Ende 2018 geklärt zu haben, um 2019 mit Routinemessungen beginnen zu können. Dazu wurden Aufgaben auf die verschiedenen Labore verteilt. Die Task-Force hat sich mehrmals jährlich zum Austausch getroffen.
In diesem Artikel werden die wichtigsten Erkenntnisse aus der Arbeitsgruppe aufgezeigt, Resultate einer ersten Vergleichsmessung vorgestellt sowie die ersten Messergebnisse aus den Jahren 2018 und 2019 in Schweizer Fliessgewässern präsentiert. Details zu den Analysenmethoden werden dabei bewusst ausgelassen, da die Methoden von Labor zu Labor zwar harmonisiert, in der Umsetzung jedoch sehr individuell sind.

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KLĂ„RUNG DER OFFENEN FRAGEN

Allgemeine Fragestellungen

Nach Abklärungen mit dem Oekotoxzentrum sowie Rücksprache mit dem BAFU wurde relativ früh festgehalten, dass analog zur EU-Wasserrahmenrichtlinie auch in der Schweiz die Gesamtfraktion analysiert werden soll. Diese Entscheidung ist ökotoxikologisch motiviert, da Organismen durch gelöste und partikelgebundene Pyrethroide belastet werden [3]. Die Qualitätskriterien beziehen sich demnach auf die Gesamtfraktion. Dies war für die Entscheidung des Extraktionsverfahrens (s. unten) entscheidend.
Das BAFU hat aufgrund theoretischer Überlegungen (Verkaufszahlen, Sorption, Abbaubarkeit, Toxizität) sowie ersten Befunden in Fliessgewässern die beiden Organophosphate Chlorpyrifos und Chlorpyrifos-methyl sowie die Pyrethroide Cypermethrin und Lambda-cyhalothrin als verpflichtend für das Gewässermonitoring definiert. Das Pyrethroid Deltamethrin soll, falls möglich, mitgemessen werden (optional). Alle diese Substanzen waren zu diesem Zeitpunkt als Pflanzenschutzmittel zugelassen, die drei Pyrethroide zusätzlich als Biozide notifiziert (Details zur Zulassung, s. [2]). Aufgrund ihrer Anwendungshäufigkeit hat die VSA-Plattform zusätzlich folgende Substanzen als wichtig definiert: Bifenthrin, Cyfluthrin, Etofenprox, Permethrin und Tefluthrin. Die meisten Labore haben daraufhin mindestens diese zehn Substanzen in ihre Methode integriert.
Bezüglich Isomere hat man sich darauf geeinigt, dass diese als Summe quantifiziert werden. Zwar werden Ökotox-Tests häufig mit den spezifischen Isomeren durchgeführt. Jedoch kann es in der Umwelt sowie während der Lagerung aufgrund von Lösungsmitteleffekten zu Verschiebungen der Isomerenverteilung kommen. Ausserdem können einige Isomere analytisch schlecht getrennt werden, was eine getrennte Quantifizierung der Isomere erschwert.
Im Rahmen der BAFU-Monitoringprogramme NAWA Trend und Erfolgskontrolle Aktionsplan Pflanzenschutzmittel werden Fliessgewässer über das gesamte Jahr mittels Zweiwochen-Mischproben beprobt, um die chronische Belastung der Gewässer zu beurteilen. Zusätzlich gibt es einzelne Fliessgewässer, bei denen zwischen April und Juli 3,5-Tages-Mischproben entnommen werden, um auch mögliche akute Belastungen während der Hauptapplikationszeit abprüfen zu können. Für die Analytik war es folglich wichtig, nicht nur die akuten, sondern auch die wesentlich tiefer liegenden chronischen Qualitätskriterien abdecken zu können.

Probenahme und Lagerung

Für die Entnahme der Wasserproben aus Fliessgewässern (z. B. 3,5-Tages- bzw. Zweiwochen-Mischproben) werden in der Regel automatische Feldsammler eingesetzt. Verschiedene Versuche haben gezeigt, dass Teflonschläuche bei automatischen Probenehmern am wenigsten zu Sorption führen. Es kann davon ausgegangen werden, dass je höher der Gehalt an organischen Partikeln in einer Probe ist, desto grösser der Anteil der Substanzen, die an Partikel sorbiert sind. Die Wahrscheinlichkeit der Sorption an Schläuche während der kurzen Zeit der Probenahme ist damit als gering einzuschätzen.
Kritischer zu werten ist, dass eine Woche Lagerung im Kühlschrank bei +4 °C im Durchschnitt 40% Verlust für die meisten Pyrethroide zur Folge hat, wie Lagerversuche der Eawag gezeigt haben [4]. Aufgrund der geforderten Entnahme von zeitproportionalen Zweiwochen-Mischproben für das Gewässermonitoring ist eine Verweilzeit der Proben im Sammler über mehrere Tage bis zwei Wochen kaum zu vermeiden. Durch den Verlust werden die gemessenen Pyrethroid-Konzentrationen folglich unterschätzt. Bei 3,5-Tages-Mischproben wurde vereinbart, dass diese mindestens wöchentlich eingesammelt werden müssen, um den Abbau so gering wie möglich zu halten.
Wegen der raschen Abbaubarkeit der Substanzen dürfen Proben im Labor nicht lange im Kühlschrank gelagert werden. Einige Labore frieren deshalb die Proben nach der Entnahme sofort bis zur Extraktion bei –20 °C ein. Andere Labore extrahieren die Proben sofort mit Lösungsmitteln und lagern dann die Extrakte bis zur Analyse im Kühlschrank oder Tiefkühler. Der direkte Vergleich dieser Varianten an realen Umweltproben hat gezeigt, dass sich beide Methoden bewähren und vergleichbare Resultate generiert werden.

Extraktion

Alle Labore haben eine Extraktionsmethode basierend auf der Flüssig-Flüssig-Extraktion entwickelt (s. auch [2]). Der Vorteil im Vergleich zur Festphasenextraktion bzw. Passivsammlern besteht darin, dass dabei die Gesamtfraktion extrahiert wird und keine Verluste durch Anhaftung an Oberflächen wie z. B. bei der Festphasenextraktion auftreten können. Die verschiedenen Labore extrahieren dabei ein oder zwei Mal mit 10–20 ml Lösungsmittel (z. B. Heptan, Hexan, Cyclohexan) ein Probevolumen zwischen 0,2 und 1,0 Liter. Alle konnten dabei gute absolute Wiederfindungen erreichen. Danach erfolgt bei allen Laboren eine Aufkonzentrierung der Extrakte durch Entzug des Lösungsmittels. Insgesamt erreichen damit die verschiedenen Labore eine Aufkonzentrierung der Extrakte von Faktor 500–5000 im Vergleich zur Probe. Diejenigen Labore, die weniger stark aufkonzentrieren, spritzen tendenziell mehr Extrakt ins Messgerät ein. Die Einspritzvolumina zwischen den Laboren reichen von 1 bis 100 µl. Auf eine Aufreinigung der Extrakte haben alle Labore verzichtet, um Verluste zu vermeiden. Dies bedingt aber eine höhere Wartungsfrequenz der Geräte (z. B. Liner- und Vorsäulen-Wechsel, Reinigung der Ionenquelle usw.), was insbesondere im Routinebetrieb nicht immer ganz einfach umzusetzen ist.

Messung

Analytisch kommt in allen Laboren die Gaschromatografie mit einer DB5-Säure zur chromatografischen Trennung zum Einsatz. Die Temperaturprogramme zur Trennung wurden den verwendeten Lösungsmitteln angepasst und dauern meist etwa 30 Minuten. Für einige Pyrethroide können Isomere getrennt werden (z. B. Permethrin), wogegen bei anderen Wirkstoffen eine Isomerentrennung nicht vollständig gelingt (z. B. Cyper-methrin).
Abhängig vom Analysengerät, das die einzelnen Labore zur Verfügung haben (Hersteller, Typ, Alter, vorhandene Ionisationsquellen usw.), ist das gewählte Messprinzip (d. h. Ionisierungstechnik) unterschiedlich. Die Eawag hat mittels GC-APCI-MS/MS eine effiziente Methode für die Analyse von Pyrethroiden entwickelt [4]. Drei Kantonale Gewässerschutzlabore haben ihre Methode basierend auf negativer chemischer Ionisation (NCI) mit Ammoniak als Kollisionsgas entwickelt. Dieses Messprinzip wird in der Spurenanalytik ansonsten sehr selten angewendet. Vorteile von NCI sind jedoch, dass halogenierte Substanzen, wie es die meisten Pyrethroide sind, besser ionisiert werden und dass es nur wenig Hintergrundbelastung durch organische Matrix gibt. Ein Labor hat eine Methode mit der klassischen Elektronenstoss-ionisations-Technik (EI) gewählt und hat mit ihrem System gute Erfahrungen gemacht. Es hat sich gezeigt, dass mit einer sogenannten Analyte Protector-(AP-)Lösung die Empfindlichkeit der Pyrethroide deutlich verbessert werden kann. Dies ist eine Lösung mit zuckerähnlichen Verbindungen, die eine künstliche Matrix simuliert und zudem sicherstellt, dass die relativen Signalstärken bei Proben und bei Standards ähnlich sind. Zudem verwenden alle Labore mehrere strukturidentische, isotopenmarkierte interne Standards (ISTD), um die Quantifizierung zu verbessern.

Blindwerte

In allen Schritten der Probenahme bis zur Analyse ist zu vermeiden, dass es zu Kontamination durch Labormaterialien oder durch das Analysensystem kommt. Obwohl dies eine Selbstverständlichkeit in der Spurenanalytik ist, ist es für die Pyrethroid-Analytik speziell zu erwähnen. Die Bestimmungsgrenzen müssen rund einen Faktor 100 tiefer liegen als in der klassischen Spurenanalytik von Pestiziden in Gewässern. Eine gute Reinigung aller Glaswaren mit Lösungsmitteln bzw. durch Ausglühen sowie eine aufmerksame Pflege des Analysensystems sind dabei folglich von grösster Bedeutung.

Qualitätssicherung

Für die Qualitätssicherung ist eine Zusammenarbeit der Labore essenziell. Diese wird durch die Task-Force sichergestellt und künftig fortgesetzt. Bereits jetzt werden Standardlösungen ausgetauscht und gegenseitig gemessen, um Ungereimtheiten rechtzeitig erkennen zu können. Da kommerzielle Ringversuche für Pyrethroide in diesem tiefen Konzentrationsbereich noch kaum verfügbar sind, hat die Gruppe Anfang 2019 eine Vergleichsmessung organisiert und beurteilt (s. nächstes Kapitel). Im Herbst 2019 folgt eine zweite Vergleichsmessung.

DIE METHODEN SIND BEREIT

Erreichte Nachweisgrenzen

Ende 2018 waren alle fünf Labore so weit, dass sie eine Methode entwickelt hatten, mit der sie die ersten Messungen durchgeführt haben. Die Bestimmungsgrenzen für die zehn Substanzen, die praktisch alle Labore analysieren, sind dabei tief genug, um mit Ausnahme von Deltamethrin alle akuten Qualitätskriterien (AQK) abzudecken. Der AQK von Deltamethrin ist mit 17 pg/l so tief wie für keine andere gemessene Substanz. Die chronischen Qualitätskriterien (CQK) werden für Cypermethrin, Lambda-cyhalothrin und Permethrin von einzelnen Laboren noch nicht erreicht.
Zurzeit stellen die erreichten Bestimmungsgrenzen das technisch Machbare mit den in den Laboren vorhandenen Instrumenten und den entwickelten Methoden dar. Neben weiteren Verbesserungen bei der Aufbereitung und der Aufkonzentrierung der Proben können zukünftig vor allem durch den Einsatz von weiterentwickelten Analysengeräten (GC-MS/MS) Empfindlichkeitssteigerungen erzielt werden. Das Potenzial dieser Leistungssteigerung wird von der Task-Force «Pyrethroide» in den nächsten Jahren weiter ausgelotet.

Auswertung der Vergleichsmessung

Um die unterschiedlichen Methoden und Ergebnisse zu vergleichen, wurde im Januar 2019 eine erste Vergleichsmessung mit Standards, aufgestockten Trinkwasserproben und aufgestockten Bachwasserproben im relevanten Konzentrationsbereich (40–4000 pg/l) durchgeführt. Die Resultate dieser Vergleichsmessung sind in Figur 1 dargestellt. Die Ergebnisse der Labore zeigen ein zufriedenstellendes Bild und die Vergleichsmessung kann als erfolgreich beurteilt werden. Die Ursachen für die wenigen, beobachteten Ausreisser konnten nach eingehender Diskussion zwischen den Laboren geklärt und Massnahmen zur Behebung getroffen werden (z. B. Verringerung der verwendeten ISTD-Konzentration). Wie aus Figur 1 ersichtlich ist, konnten die aufgestockten Konzentrationen durch die Teilnehmer in den meisten Fällen wiedergefunden werden (Vergleich blaue mit grüner Linie). Erfreulicherweise konnte Cypermethrin, mengenmässig das am häufigsten als Pflanzenschutzmittel angewendete Pyrethroid, auch in tiefen Konzentrationen sehr reproduzierbar und exakt quantifiziert werden. Andere Substanzen zeigten jedoch eine relativ hohe Streuung zwischen den Teilnehmern. So wurden für Chlorpyrifos, Chlorpyrifos-methyl, Lambda-cyhalothrin und Permethrin relative Standardabweichungen von > 25% festgestellt. Insgesamt zeigte sich, dass die Reproduzierbarkeit bei Doppelbestimmungen leicht schlechter war als für andere Analyten, die mittels LC-MS/MS oder GC-MS/MS bestimmt werden. Die hierfür zugrunde liegenden Ursachen werden durch zukünftige Messungen weiter eruiert. In einer nicht aufgestockten Trinkwasserprobe, welche die Blindprobe darstellte, wurden mit Ausnahme eines erklärbaren Ausreissers keine Substanzen nachgewiesen. Dies zeigt, dass die Labore die Gefahr von Querkontamination im Griff haben.

MESSUNGEN IN DEN KANTONEN ZWISCHEN 2018 UND 2019

Neben den von der Eawag durchgeführten Messungen in ausgewählten Einzugsgebieten [2] haben auch die vier Kantone Bern, Schaffhausen, St. Gallen und Zürich seit dem Jahr 2018 insgesamt bereits ca. 800 Analysen auf Pyrethroide und Organophosphate in rund 20 verschiedenen Fliessgewässern durchgeführt. Da noch nicht alle Analysen fertig ausgewertet und validiert sind, ist der jetzige Zeitpunkt noch zu früh, um detaillierte Auswertungen der Ergebnisse darstellen zu können. Erste Aussagen können jedoch bereits getroffen werden.
Chlorpyrifos wies bisher eine hohe Detektionshäufigkeit von z.T. über 50% auf. Chronische Qualitätskriterien wurden dabei in mehr als 10% der Proben überschritten, zu Überschreitungen von akuten Qualitätskriterien kam es jedoch selten. Analog verhält es sich mit Chlorpyrifos-methyl, nur waren Detektionshäufigkeiten und Überschreitungen von Qualitätskriterien seltener. Einige der Produkte mit den Wirkstoffen Chlorpyrifos und Chlorpyrifos-methyl dürfen seit August 2019 nicht mehr verwendet werden [5]. Ein generelles Verbot für diese Wirkstoffe ist geplant. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Konzentrationen in Zukunft sinken werden.
Die Pyrethroide Bifenthrin, Cypermethrin, Lambda-cyhalothrin und Permethrin wurden durch mehrere Kantone an verschiedenen Standorten über ihren CQK bzw. z. T. auch über ihren AQK gemessen. Weniger häufig nachgewiesen wurden Cyfluthrin, Deltamethrin, Eto­fenprox und Tefluthrin. Diese Ergebnisse decken sich mit den Messungen der Eawag [2]. Nachweise von Permethrin waren weniger häufig im Vergleich zur Eawag-Studie, was vermutlich an den höheren Bestimmungsgrenzen der Kantone lag. Auch für Deltamethrin und Etofenprox haben die meisten Kantone höhere Bestimmungsgrenzen als die Eawag. Diese beiden Substanzen wurden in der Eawag-Studie jedoch nur selten (im Fall von Deltamethrin) bzw. nur in Konzentrationen unterhalb des CQK (im Fall von Etofenprox) nachgewiesen.
Diese Ergebnisse zeigen, dass die Messungen der Kantone die Belastungen im Gewässer bereits gut abdecken. Es ist wichtig, dass die Bestimmungsgrenzen auch in den Routinemessungen noch verbessert werden, sodass für alle Pyrethroide die CQK abgeprüft werden können.

SCHLUSSFOLGERUNG

Die gute Zusammenarbeit und der rege Informationsaustausch zwischen den Kantonalen Umweltlaboren und der Eawag im Rahmen der Pyrethroid-Task-Force hat zur Etablierung von nachweisempfindlichen und robusten Messmethoden für Pyrethroid- und Organophosphat-Insektizide in umweltrelevanten Konzentrationen geführt. Zum heutigen Zeitpunkt gibt es damit in der Schweiz fünf Labore, die Pyrethroide und Organophosphate bis in den Picogramm-pro-Liter-Bereich messen können. Es hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, dass Labore sich untereinander austauschen und ihr unterschiedliches Wissen offen und aktiv miteinander teilen. Dies ist eines der wichtigsten Ziele des Kompetenznetzwerks «Lab’Eaux», in dem die Task-Force «Pyrethroide» diesen Austausch intensiv vorgelebt hat. Schliesslich haben alle Labore das gleiche Ziel, nämlich die Belastung der Schweizer Fliessgewässer möglichst umfassend zu detektieren, sodass im Falle von Überschreitungen Massnahmen eingeleitet werden können.
Die Analyse von Pyrethroiden und Organophosphaten im Ultraspuren-Bereich ist in der Routine immer noch eine Herausforderung, weil sie die Messsysteme bis an ihr Limit ausreizt. Optimierungen in der Zukunft sind nötig. Einige der Labore konnten ihre bestehenden Messgeräte bereits mit Instrumenten der neusten Gerätegeneration ersetzen bzw. werden dies in naher Zukunft tun. Auch gibt es weitere Kantonale Gewässerschutzlabore, die in Zukunft Pyrethroid-Analysen durchführen möchten und sich dazu ein neues Messgerät gekauft haben.
Die Ergebnisse der Eawag-Studie [2] und die ersten Messresultate der Kantone zeigen, dass Pyrethroide und Organophosphate regelmässig chronische und z. T. auch akute Qualitätskriterien überschreiten. Pyrethroide und Organophosphate haben einen grossen Einfluss auf die Belastung der Fliessgewässerqualität mit Pestiziden und müssen in der Risikobeurteilung unbedingt mitberücksichtigt werden. Umso wichtiger ist, dass die Zusammenarbeit der verschiedenen Labore in Zukunft so erfolgreich aufrechterhalten bleibt.

Bibliographie

[1] Moschet, C. et al. (2015): Insektizide und Fungizide in Fliessgewässern. Wichtig zur Beurteilung der Gewässerqualität. Aqua & Gas 4/15
[2] Rösch, A. et al. (2019): Geringe Konzentrationen mit grosser Wirkung – Nachweis von Pyrethroid- und Organophosphat-Insektiziden in Schweizer Bächen. Aqua & Gas 11/2019: 54-66
[3] Ă–kotoxzentrum (2017): Pyrethroide in der Umwelt, Infoblatt. www.oekotoxzentrum.ch/news-publikationen/infoblaetter/
[4] Rösch, A. et al. (2019): Picogram per liter quantification of pyrethroid and organophosphate insecticides in surface waters: a result of large enrichment with liquid–liquid extraction and gas chromatography coupled to mass spectrometry using atmospheric pressure chemical ionization. Analytical and Bioanalytical Chemistry 411(14): 3151-64. doi:10.1007/s00216-019-01787-1
[5] BLW (2019): Pflanzenschutzmittelverzeichnis. Stand 1.8.2019

Was ist ein Picogramm pro Liter?

Rückstände von Pestiziden im Oberflächengewässer werden häufig als Mikroverunreinigungen oder Spurenstoffe bezeichnet. Die Vorsilbe «Mikro» bezieht sich dabei auf die tiefen Konzentrationen, in denen sie im Wasser vorkommen, d. h. entweder in der Grössenordnung von Mikrogramm pro Liter (= ein Millionstel Gramm pro Liter) oder von Nanogramm pro Liter (= ein Milliardstel Gramm pro Liter). Die meisten Pestizide haben Qualitätskriterien, die im Bereich von Mikrogramm pro Liter oder Nanogramm pro Liter liegen.
Pyrethroide und Organophosphate hingegen sind nochmals in einer Dimension tiefer wirksam. Ihre Qualitätskriterien liegen im Bereich von Picogramm pro Liter (= ein Billionstel Gramm pro Liter). Solch tiefe Konzentrationen sind nicht greifbar. Zur Visualisierung:
– 1 Nanogramm pro Liter entspricht 50 Kilogramm einer Substanz im Bodensee (Volumen ca. 50 km3)
– 1 Picogramm pro Liter entspricht somit 50 Gramm einer Substanz im Bodensee. Das sind gerade noch 12,5 Würfelzucker verteilt im gesamten See.

Dies zeigt eindrücklich auf, wie wenig es braucht, um ein Gewässer mit diesen giftigen Insektiziden zu belasten. Die Zahl gibt aber auch ein Gefühl dafür, wie empfindlich eine Analysenmethode sein muss, damit solch tiefe Konzentrationen im Gewässer noch verlässlich nachgewiesen werden können.

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