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Fachartikel
29. März 2023

Gewässerschutz

Beurteilung der Wasserqualität mittels Biotestbatterie

Zur Entwicklung eines Verfahrens zur Beurteilung der Wasserqualität von Oberflächengewässern mit einer Biotestbatterie wurden insgesamt 15 Proben von Standorten mit unterschiedlicher Landnutzung mit einer umfangreichen Palette von In-vitro- und In-vivo-Biotests untersucht. Ziel des Projektes war es, eine aussagekräftige und kosteneffiziente Teststrategie für zukünftige Monitoringprojekte zu ermitteln.
Cornelia Kienle, Daniel Olbrich, Inge Werner, Etienne Vermeirssen, Nadine Bramaz, Andrea Schifferli, 

Ökotoxikologische Biotests stellen als Screening-Werkzeuge und/oder Frühindikatoren eine wichtige Brücke zwischen der Exposition, d. h. den gemessenen Chemikalien und den damit verbundenen Risiken für Wasserlebewesen, und Effekten auf Organismen in der Umwelt dar. Sie können sowohl mit einzelnen Zellen/einzelligen Organismen und Zelllinien (in vitro) als auch mit ganzen mehrzelligen Organismen (in vivo) und mit Organismen im Freiland (in situ) durchgeführt werden.

In-vitro-Biotests erfassen allgemeine, aber auch spezifische Wirkungen. Eine allgemeine Wirkung, die die Toxizität der Wasserproben als Ganzes analysiert, ist z. B. die Toxizität auf Zellen. Spezifische Wirkungen können dagegen oft auf eine bestimmte Gruppe von Stoffen zurückgeführt werden können (z. B. östrogen-aktive Stoffe, Photosynthese-hemmende Herbizide, neurotoxische Insektizide). Diese Wirkungen repräsentieren Vorgänge, die in Zellen und Organismen ablaufen. Damit können sie Hinweise auf mögliche Effekte auf Organismen in der Umwelt liefern. Ein sehr gut erforschtes und verstandenes Beispiel für solche Rückschlüsse ist die Wirkung von östrogen-aktiven Stoffen auf Wasserlebewesen. Hier wissen wir, ab welchem gemessenen Wert im In-vitro-Biotest Auswirkungen auf Fische im Gewässer zu erwarten sind [1–3]. Dieses Verständnis ist bei anderen Wirkungen noch nicht so weit fortgeschritten, dennoch erlauben In-vitro-Biotests ein kosten- und zeiteffizientes Screening, um das Risiko bestimmter Stoffgruppen für Organismen in der Umwelt abzuschätzen und weitere Untersuchungen zu fokussieren.

Da ein einziger Biotest nicht alle möglichen Effekte auf verschiedene Organismen nachweisen kann, ist es sinnvoll, verschiedene In-vitro- und In-vivo-Biotests in einer «Biotestbatterie» zu kombinieren. Hierfür wurden in den letzten Jahren mehrere Vorschläge erarbeitet [4–11]. Die eingesetzten Biotestbatterien enthielten sowohl Biotests, die die Verstoffwechselung von Schadstoffen (Schadstoffmetabolismus), Störungen der hormonellen Regulation (endokrine Disruption), oxidativen Stress, mutagene Wirkungen, Wirkungen auf das Pflanzenwachstum und die -photosynthese und Wirkungen auf Invertebraten und auch Fische erfassen. Ein Vergleich mit sogenannten effektbasieren Schwellenwerten, d. h. Werten, unterhalb derer schädigende Auswirkungen auf Organismen bezüglich des gemessenen Effekts unwahrscheinlich sind, lässt eine Beurteilung des Risikos für Gewässerorganismen zu [12–14]. Die Anwendung einer solchen Biotestbatterie auf 14 bzw. 45 Fliessgewässerproben mit unterschiedlichen Landnutzungen in den Niederlanden hat gezeigt, dass die Biotestergebnisse ein differenziertes Bild der Belastung ermöglichen [4, 15].

Um ein praxistaugliches Verfahren für das Routinemonitoring mittels ökotoxikologischer Biotests zu entwickeln, wurde im aktuellen Projekt eine umfangreiche Biotestbatterie auf Wasserproben von ausgewählten Probenahmestellen mit unterschiedlichen Landnutzungen angewendet. Parallel dazu wurden zwei weitere Projekte zur Entwicklung einer Biotestbatterie für Sedimente und von Biomarkermethoden für Bachforellen an einer Auswahl der Stellen durchgeführt [16, 17]. Das Risiko für Wasserlebewesen wurde basierend auf effektbasierten, biotestspezifischen Schwellenwerten beurteilt. So wurden möglicherweise problematische Standorte identifiziert. Die Ergebnisse dieser effektbasierten Risikobewertung wurden zudem mit der Mischungsrisikobewertung basierend auf chemischen Messwerten verglichen. Schliesslich wurde die Eignung der eingesetzten Biotests beurteilt und ein Vorschlag für eine Biotestbatterie für weitere Monitoringprojekte in der Schweiz erarbeitet.

STANDORTAUSWAHL UND PROBENAHME

Im Projekt wurden Proben von 15 Standorten in sechs Kantonen mit unterschiedlichen Landnutzungen untersucht (12 Standorte aus den NAWA-Programmen und drei zusätzliche Standorte). Es wurden sowohl Standorte mit extensiver Landnutzung (EXT) als auch Standorte mit landwirtschaftlicher und landwirtschaftlicher und urbaner Landnutzung beprobt (AGR bzw. AGR+URB). Informationen zur Standortauswahl, Probenahme und Probenvorbereitung finden sich im Übersichtsartikel [18]. Die Wasserproben wurden chemisch-analytisch auf organische Stoffe und Metalle sowie mit ökotoxikologischen Biotests untersucht. Des Weiteren wurden abiotische Parameter gemessen und im Rahmen von zwei parallel durchgeführten Projekten Sedimentproben für Biotests und chemische Analytik [16] genommen und juvenile Bachforellen für Biomarkeranalysen beprobt [17]. In den ökotoxikologischen Biotests wurden 14-Tages-Mischproben untersucht. Hierfür wurden die 3,5-Tages-Mischproben mengenproportional zu 14-Tages-Mischproben vereinigt. Während und nach der Probenahme wurden die Proben gekühlt bei 2–8 °C gelagert. Die Proben wurden am Tag nach Ende der Probenahme weiterverarbeitet.

ANGEWENDETE BIOTESTS

Die ausgewählten Tests (Tab. 1) umfassen neben In-vivo-Biotests, in denen die Proben nativ untersucht werden, auch In-vitro-Biotests. Da es sich bei letzteren meist um Kurzzeittests handelt, ist in der Regel eine Anreicherung der Proben nötig, um eine genügend hohe Empfindlichkeit innerhalb kurzer Expositionszeiten zu erreichen. Die Proben für die In-vitro-Biotests wurden daher über eine Festphasenextraktion angereichert und die Extrakte anschliessend in den Biotests evaluiert.

Ein Teil der In-vitro-Biotests und alle angewendeten In-vivo-Biotests sind international standardisiert und wurden, wenn verfügbar, nach den ISO-Versuchsprotokollen am Oekotoxzentrum und bei den externen Laboren aQuaTox-Solutions Ltd (CH), Biodetection Systems (BDS, NL), Soluval Santiago (CH) und Xenometrix AG (CH) durchgeführt.

Die Testbatterie deckt die folgenden wichtigen Schadstoffwirkungen und Stoffgruppen ab:

Allgemeine Toxizität

Schadstoffe können allgemein toxisch auf Zellen wirken und z. B. Membranen, den Zellkern oder weitere Zellbestandteile schädigen [22]. Allgemein toxische Auswirkungen auf Zellen können sowohl mit menschlichen Zelllinien (Cytotox-CALUX®) [23] als auch mit einer Fischzelllinie erfasst werden (Zelllinientest mit Kiemenzellen von Regenbogenforellen (Oncorhynchus mykiss) (RTgill-W1) [24].

Oxidativer Stress

Bei Belastung mit Schadstoffen kann sogenannter «oxidativer Stress» auftreten. Dieser wird durch reaktive Sauerstoffarten (Reactive Oxygen Species, ROS) verursacht, die in den Zellen als Reaktion auf eine Belastung gebildet werden können. Die zelluläre Abwehr gegen oxidativen Stress kann mit dem Nrf2-CALUX® erfasst werden [25].

Auswirkungen auf den Stoffwechsel und die Schadstoffwahrnehmung

Eine Vielzahl von Stoffen werden durch Stoffwechselenzyme entgiftet. Einige können durch den Stoffwechsel auch giftiger werden, wie z. B. polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH) und dioxinähnliche Verbindungen [26]. Mit dem PAH-CALUX® [27], dem DR-CALUX® [14, 27] und dem PFAS-CALUX® [19] wird die Zellantwort auf polyaromatische Kohlenwasserstoffe, dioxinähnliche und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) gemessen. Auch wurde ein Test einbezogen, der Auswirkungen auf die Schadstoffwahrnehmung erfasst (PXR-CALUX®) [12, 28].

Störungen der hormonellen Regulation (endokrine Disruption)

Hormone regeln viele wichtige Vorgänge wie Wachstum, Entwicklung, Fortpflanzung, Stoffwechselaktivität und Verhalten bei Säugetieren, Wirbeltieren und Wirbellosen [26]. Um hormonelle Wirkungen zu erfassen, wurden Zelltests auf Östrogenität (ER-CALUX®) und Anti-Androgenität (Anti-AR-CALUX®) (beides verweiblichende Wirkungen) [23] eingesetzt.

Erbgutschädigende Wirkung

Schadstoffe können das Erbgut schädigen und somit u. a. auch Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen haben [26]. Der Ames-Fluktuationstest [29] misst das Ausmass der vererbbaren Erbgutveränderung (Mutagenität).

Es gibt weitere wichtige Wirkungen, die bisher nur unzureichend mit In-vitro-Biotests abgedeckt werden können, unter anderem die Neurotoxizität (z. B. [7]). Um diese und weitere Wirkungen zu erfassen, wurde die Biotestbatterie mit In-vivo-Biotests und daraus gewonnenen Biomarkeranalysen ergänzt:

Beeinträchtigung des Wachstums und/oder der Fortpflanzung von Wasserwirbellosen

Wasserlebende Insekten und Krebstiere reagieren im Allgemeinen empfindlich auf neurotoxische Insektizide. Solche Wirkungen können durch standardisierte Tests mit Muschelkrebsen (Ostracoden) oder Wasserflöhen (Ceriodaphnia dubia) erfasst werden [20, 21, 30].

Fischtoxizität

Um negative Auswirkungen auf Fische zu untersuchen, wurde ein Test angewendet, der die Frühentwicklung und Sterblichkeit von Zebrabärblingsembryonen und -larven (Danio rerio) erfasst [31]. Solche frühen Lebensstadien reagieren häufig besonders empfindlich auf eine Belastung mit Schadstoffen. Ergänzend wurde in den Larven die Aktivität des Enzyms Acetylcholinesterase als Biomarker für Neurotoxizität gemessen. Dieses Enzym wird durch Organophosphat- und Carbamat-Insektizide, wie z. B. Chlorpyrifos oder Diazinon, gehemmt [32, 33].

Herbizide Wirkung

Wirkungen auf die Photosynthese und das Wachstum von einzelligen Grünalgen (Raphidocelis subcapitata) wurden in einem kombinierten Algentest erfasst, in dem beide oben genannte Parameter in einem Test bestimmt werden können. Dieser Test wurde von Kienle et al. (2015, 2018) für eine Grobbeurteilung von abwasserbelasteten Gewässern vorgeschlagen [13]. Er hat sich als robust erwiesen, zeigt eine sehr gute Korrelation mit den Konzentrationen von Photosystem II-(PSII)-hemmenden Herbiziden (z. B. [3, 34]) und wurde bereits vielfach in Studien zur Beurteilung von Abwasser und Fliessgewässerproben angewendet [13, 34–37]. Da es für den Endpunkt PSII-Hemmung bisher noch keinen standardisierten Test gibt, soll dieser Test in den nächsten Jahren auf ISO-Ebene standardisiert werden.

RISIKOBEURTEILUNG

Effektbasierte Risikobeurteilung

Um die Ergebnisse aller Biotests zu vergleichen, wurde eine effektbasierte Risikobeurteilung durchgeführt. Hierfür wurden effektbasierte Risikoquotienten (RQbio) als Verhältnis von gemessenem Wert im Biotest und dem jeweiligen effektbasierten Schwellenwert berechnet [38]. Somit konnten In-vitro-Biotests, bei denen Äquivalenzkonzentrationen (ng/l) berechnet werden, und In-vivo-Biotests, bei denen Effektkonzentrationen (% native Probe) bestimmt werden, gut in eine Gesamtbeurteilung einbezogen werden. Es ist jedoch zu beachten, dass der maximale RQbio für In-vivo-Biotests 4 bis 5 beträgt, abhängig von den jeweiligen effektbasierten Schwellenwerten (s. Tab. 1), während der RQbio für In-vitro-Biotests mit BEQ-Werten höher sein kann.

Um einen Gesamteindruck über die RQbio aller Biotests zu erhalten und zu evaluieren, ob Unterschiede zwischen den Standorttypen vorhanden sind, wurde die Summe der RQbio je Standort durch Aufaddieren der Risikoquotienten der einzelnen Biotests gebildet [39]. Zusätzlich wurden die RQbio für verschiedene Organismengruppen (Algen, Invertebraten und Fische) evaluiert und mit dem chemischen Risikoquotienten (RQchem, s. unten) verglichen.

Um zu beurteilen, welche Biotests am meisten Effekte in den Wasserproben anzeigten, wurde – neben der Beurteilung mit effekt-basierten Risikoquotienten – auch der Anteil an Überschreitungen von effektbasierten Schwellenwerten bestimmt und verglichen.

Mischungsrisikobeurteilung, basierend auf chemischen Messwerten

Das chronische Risiko, basierend auf den chemisch-analytischen Messwerten (RQchem), wurde berechnet, indem die gemessene Konzentration für eine Einzelsubstanz durch das jeweilige chronische Umweltqualitätskriterium geteilt wurde [40, 41]. Für jeden Stoff wurde sowohl das Gesamtrisiko als auch das Risiko für einzelne Organismengruppen berechnet, d. h. für Pflanzen (RQchem P), für Invertebraten (RQchem I) und für Vertebraten (RQchem V). Für die Berechnung des Gesamt-Mischungsrisikos wurden anschliessend die RQchem der Einzelstoffe aufaddiert (∑RQchem). Auch hierbei wurden das Gesamtrisiko und das Risiko für einzelne Organismengruppen einbezogen.

ERGEBNISSE

Effektbasierte Risikobeurteilung aller Standorte

Betrachtet man die Summe der RQbio je Standort, zeigten sich Unterschiede zwischen den drei Standorttypen. So war die Summe der RQbio bei Standorten mit landwirtschaftlicher und urbaner Landnutzung (AGR+URB) am höchsten, gefolgt von Standorten mit landwirtschaftlicher Landnutzung (AGR) und jenen mit extensiver Landnutzung (EXT) (Fig. 1, Tab. 2). Unter den EXT-Standorten zeigte der Lochgraben (LOG) das höchste Risiko, bei den AGR-Standorten war es der Ruisseau de Gi (RG), und bei den AGR+URB-Standorten war es Boiron de Morges (BOI). LOG und BOI waren auch die einzigen Standorte mit Effekten auf Sedimentinvertebraten (Chironomus riparius) im Projekt «Biotestbatterie Sediment» [16].

Boiron de Morges, aus der Gruppe der AGR+URB-Standorte, war der einzige Standort, bei dem eine Mutagenität im Ames-Fluktuationstest gemessen wurde, auch konnten eine sehr hohe Zelltoxizität (Cytotox-CALUX®, RQbio = 15), Auswirkungen auf die Schadstoffwahrnehmung (PXR-CALUX®, RQbio = 5) und die Entwicklung von Fischembryonen (RQbio = 2), ebenso wie Matrixeffekte auf die Fischzelllinie (RQbio = 1) gemessen werden. Zwei weitere AGR+URB-Standorte mit deutlichen Effekten waren der Landgrabe und der Furtbach: Der RQbio war bei neun bzw. sieben Parametern ≥1, wobei die höchsten Werte für den PXR-CALUX® gemessen wurden (RQbio = 4,1 bzw. 2,6). Im Landgrabe wurden auch eine hohe Wachstumshemmung der Algen (RQbio = 4) und Auswirkungen auf Fischembryonen (RQbio = 2,5-2,8) gemessen. Bei den AGR-Standorten zeigte der Ruisseau de Gi die deutlichsten Effekte mit RQbio ≥1 bei sieben Parametern. Die stärksten Überschreitungen traten hier für den Nrf2-CALUX® (RQbio = 3,6) und den PXR-CALUX® (RQbio = 2,4) auf. EXT-Standorte wiesen grösstenteils weniger Effekte auf als die anderen beiden Standorttypen. Hier war der Lochgraben der Standort mit den stärksten Effekten (RQbio ≥1 bei fünf Wirkungen). Der Standort mit den geringsten Effekten in den Biotests war der Hemishoferbach mit nur zwei von 25 gemessenen Parametern über dem effektbasierten Schwellenwert (RQbio = 1,9 im PXR-CALUX® und 1,3 bei sublethalen Effekten im Fischembryotest).

Vergleicht man den Anteil an Überschreitungen von effektbasierten Schwellenwerten (EBS) (Fig. 2), um einen Gesamtüberblick über die Reaktionen in den Biotests zu bekommen, wird deutlich, dass von insgesamt 25 gemessenen Parametern 17 Parameter in 10 Biotests Überschreitungen der jeweiligen EBS anzeigten. Die Biotests mit den meisten Überschreitungen waren der PXR-CALUX®, der Fisch-Embryo-Toxizitätstest (FET), der Test mit der Fischzelllinie und der kombinierte Algentest (Endpunkt Wachstumshemmung). An AGR+URB- bzw. AGR-Standorten traten insgesamt mehr Überschreitungen von EBS auf als an EXT-Standorten.
Keine Überschreitungen von EBS wurden in Tests mit Wasserwirbellosen, im Anti-AR-CALUX® und im DR-CALUX® gemessen. Beim Test mit Muschelkrebsen entspricht das den bisherigen Erfahrungen mit Oberflächengewässerproben.

Beispiele von Ergebnissen – Algen und Fische

Im kombinierten Algentest wurde der effektbasierte Schwellenwert für PSII-Hemmung von 70 ng Diuronäquivalenten (DEQ)/l an zwei AGR+URB-Standorten überschritten (Landgrabe und Furtbach) (Fig. 3A). Die DEQ-Werte dieser Standorte unterschieden sich signifikant von den AGR- und EXT-Standorten. Die Biotestergebnisse deuten somit auf eine sehr gute bis gute Wasserqualität in Bezug auf PSII-Hemmung an allen EXT- und AGR-Standorten und auf eine mässige Wasserqualität an zwei AGR+URB-Standorten hin.

Beim Endpunkt Wachstumshemmung wurde der effektbasierte Schwellenwert von 130 ng DEQ/l an vier AGR+URB-Standorten und an drei AGR-Standorten überschritten, wohingegen die Werte für die EXT-Standorte alle unterhalb des Schwellenwertes lagen (Fig. 3B). Die Wasserqualität in Bezug auf die Hemmung des Algenwachstums war damit an allen EXT-Standorten gut, wohingegen die Mehrzahl der AGR- bzw. AGR+URB-Standorte eine mässige bis ungenügende Wasserqualität aufwiesen.

Die in dieser Studie gemessenen Werte sind vergleichbar mit früheren Messungen in Oberflächengewässern in der Schweiz z. B. im Rahmen der Projekte EcoImpact [34], AquaSan und NAWA SPEZ [36]. Negative Auswirkungen auf Fische (Sterblichkeit ≥10%) wurden mit dem Fisch-Embryo-Toxizitätstest an allen AGR+URB-Standorten, an vier AGR-Standorten und an drei EXT-Standorten gemessen (Fig. 4). Des Weiteren traten auch Auswirkungen auf die Entwicklung der Fischembryonen und -larven an zehn dieser Standorte auf, ebenso wie Hemmungen des Enzyms Acetylcholinesterase an drei Standorten (Beggingerbach, Ruisseau de Gi und Furtbach). Die Ergebnisse im FET zeigen eine teilweise Übereinstimmung mit den Ergebnissen im Fischzelllinientest (Tab. 2): An acht von zehn Standorten mit gemessenen Effekten ≥ EBS im FET wurden auch Wirkungen im Fischzelllinientest gemessen, an zwei Standorten zeigte nur der FET an und an fünf Standorten nur der Fischzelllinientest. Beide Biotests zeigen eine akute Toxizität der Umweltproben an.

Mischungsrisikobeurteilung auf Basis von chemischen Messwerten 

Die chemische Analytik zeigte chronische ökotoxikologische Mischungsrisiken an allen drei Standorttypen auf, an EXT-Standorten für Invertebraten und Vertebraten und an AGR- und AGR+URB-Standorten für Pflanzen, Invertebraten und Vertebraten (Tab. 3). Es zeigte sich, dass vor allem Pyrethroid-Insektizide wie Cypermethrin, Deltamethrin, lambda-Cyhalothrin und Permethrin ebenso wie teilweise auch Tefluthrin für das hohe bis sehr hohe chronische Mischungsrisiko an den Standorten verantwortlich waren. Überschreitungen von Umweltqualitätskriterien gab es ausserdem auch für die Insektizide Chlorpyrifos, Fenvalerat, Thiachloprid, Fipronil und Fenoxycarb, für die Herbizide Metazachlor und Propyzamid und für das Schmerzmittel
Diclofenac.

Im Folgenden werden die Ergebnisse der ökotoxikologischen Risikobeurteilung für die einzelnen Standorttypen basierend auf einerseits Biotests und andererseits chemischer Analytik verglichen und diskutiert.

Standorte mit extensiver Landnutzung

Bei den EXT-Standorten wurden Überschreitungen von chronischen Umweltqualitätskriterien an drei von fünf Standorten gemessen (Tab. 4). Hierfür waren maximal ein bis zwei Stoffe verantwortlich. Es wurde kein chronisches Mischungsrisiko für Pflanzen basierend auf der chemischen Analytik (∑RQchem P) erwartet. Dieses Ergebnis spiegelt sich gut in den Ergebnissen des kombinierten Algentests wider, RQbio war immer <1 (Tab. 2 und Fig. 3).

Dahingegen identifizierte die chemische Analytik chronische Mischungsrisiken für Invertebraten an drei Standorten (Hemishoferbach, Lochgraben und Möhlinbach). Es wurden jedoch kaum Effekte in den Invertebraten-Tests gemessen: Im Fortpflanzungstest mit Wasserflöhen wurde eine signifikant verringerte Nachkommenzahl im Möhlinbach gemessen (Daten nicht gezeigt), Auswirkungen auf Muschelkrebse traten keine auf. Mischungsrisiken konnten auf wenige Stoffe zurückgeführt werden. Im Hemishoferbach überschritt die Konzentration des Pyrethroids Deltamethrin das chronische Umweltqualitätskriterium mit Risiken für Invertebraten und Vertebraten, und die Pyrethroide Cypermethrin und Tefluthrin bestimmten das chronische Mischungsrisiko für Invertebraten im Lochgraben. Im Möhlinbach war das Insektizid Fenoxycarb für das chronische Risiko für Invertebraten verantwortlich. Die Erklärung für die Unterschiede in der Risikobewertung durch Biotests und chemische Analytik liegt hier bei den in den Biotests eingesetzten Arten und deren Empfindlichkeit für die risikoreichste Stoffgruppe der Pyrethroid-Insektizide. Die im Projekt eingesetzten Testorganismen sind im Vergleich zu Amphipoden relativ unempfindlich (100-1000fach) gegenüber Pyrethroiden [42]. Hier zeigt sich eine Einschränkung der angewendeten Biotestbatterie, für die, vor allem aus Gründen der Robustheit und Reproduzierbarkeit, standardisierte Biotests mit Wasserflöhen und Muschelkrebsen als Vertreter der Invertebraten ausgewählt wurden. Für Amphipoden, die die empfindlichste Organismengruppe für Pyrethroide darstellen [42], gibt es derzeit noch keinen standardisierten Biotest. Amphipoden sind jedoch ökologisch äusserst bedeutsam, daher sollten in Zukunft unbedingt auch Tests mit Amphipoden standardisiert und durchgeführt werden.

Betrachtet man die chronischen Mischungsrisiken für Vertebraten, so bestand aufgrund der chemischen Analytik nur an einem EXT-Standort ein chronisches Risiko (Hemishoferbach) (Tab. 3). An diesem Standort wie auch am Lochgraben und Möhlinbach traten im Biotest jedoch deutliche sublethale Effekte bei Fischembryonen auf, teilweise wurden auch Auswirkungen auf den Schlupf und das Überleben gemessen, ebenso wie eine erhöhte Toxizität im Fischzelllinientest (Tab. 2 u. 3, Fig. 4). Diese Ergebnisse deuten klar auf akute Risiken für Fische hin, die dafür verantwortlichen Stoffe wurden jedoch von der chemischen Analytik nicht erfasst. Auch die gemessenen Werte von abiotischen Parametern und Metallen lieferten keine Erklärung für die erhöhte Toxizität.

An drei EXT-Standorten (Aubonne, Hemishoferbach und Lochgraben) wiesen Ergebnisse des Tests für Schadstoffwahrnehmung (PXR-CALUX®) auf erhöhte Schadstoffkonzentrationen hin (Tab. 2). Effekte in diesem Test können nicht einer bestimmten Schadstoffgruppe zugeordnet werden, da er auf eine Vielzahl von Stoffen reagiert und daher lediglich anzeigt, ob Schadstoffe präsent sind oder nicht. Des Weiteren war der RQbio ≥1 im Möhlinbach beim Nrf2-CALUX®, der oxidativen Stress anzeigt, und im Glariseggerbach beim PFAS-CALUX®, der eine Zellantwort auf polyfluorierte Alkylverbindungen anzeigt. Die Ergebnisse der chemischen Analytik liefern hier keine Information über die Ursachen, jedoch deuten die Biotestergebnisse auf mögliche Auswirkungen dieser Stoffgruppen auf Wasserorganismen hin.

Standorte mit landwirtschaftlicher Landnutzung

An allen AGR-Standorten bestand in den Wasserproben ein chronisches Mischungsrisiko. Grundsätzlich waren an diesen Standorten ein bis drei Stoffe hauptverantwortlich für Überschreitungen von Umweltqualitätskriterien. Chronische Mischungsrisikoquotienten für Pflanzen waren am Beggingerbach und am Chrümmlisbach ≥1 (Tab. 3). Das deckt sich gut mit den Ergebnissen des Biotests mit Grünalgen: An beiden Standorten wurde der effektbasierte Schwellenwert für Algenwachstum überschritten (Tab. 2 und Fig. 3). Dies bedeutet, dass die Analytik alle relevanten Stoffe erfasst hat und der Biotestorganismus sensitiv auf diese Stoffe reagiert.

Chronische Mischungsrisikoquotienten für Invertebraten waren an vier von fünf AGR-Standorten ≥1 (Tab. 3), wobei Ruisseau de Gi (∑RQchem I = 47) und Le Combagnou (∑RQchem I = 21) die höchsten Werte zeigten. Dieses erhöhte Mischungsrisiko spiegelte sich nur zu einem geringen Teil in den Biotests mit Invertebraten wider. Zwar war das Wachstum von Muschelkrebsen beim Ruisseau de Gi signifikant verringert (Daten nicht gezeigt), der zugehörige effektbasierte Schwellenwert wurde jedoch nicht überschritten (Tab. 2). Auch hier kann die Art der Stoffe, die für Überschreitungen verantwortlich waren, eine mögliche Erklärung für die Unterschiede liefern. Die Risiken waren, wie bei EXT-Standorten, überwiegend auf Pyrethroid-Insektizide zurückzuführen, auf die weder Muschelkrebse noch Wasserflöhe am empfindlichsten reagieren. Am Beggingerbach waren das die Pyrethroide Cypermethrin und lambda-Cyhalothrin, am Ruisseau de Gi kam zu diesen beiden Stoffen noch das Insektizid Fipronil dazu. Am Chrümlisbach basierten die Risiken auf den Pyrethroiden lambda-Cyhalothrin und Permethrin. Eine Ausnahme stellte der Eschelisbach dar, wo das gemessene Risiko auf das Neonicotinoid Thiacloprid zurückzuführen war.

Für Vertebraten bestand auf der Grundlage der chemischen Daten an keinem der AGR-Standorte ein chronisches Mischungsrisiko. Jedoch zeigte der Fischembryotest am Eschelisbach, ebenso wie an Le Combagnou und Ruisseau de Gi sublethale Effekte und teilweise auch eine erhöhte Sterblichkeit der Embryonen bzw. Larven (Tab. 2 und Fig. 4). Am Ruisseau de Gi trat zusätzlich eine Hemmung des Enzyms Acetylcholinesterase auf. Am stärksten waren diese Beeinträchtigungen am Eschelisbach, was auch durch den Fischzelllinientest bestätigt wurde (Daten nicht gezeigt). Dieser Befund lässt sich mit den Ergebnissen der chemischen Analytik von organischen Stoffen nicht erklären (Tab. 3). Erhöhte Konzentrationen von Metallen und anderen abiotischen Parametern könnten hier jedoch eine Rolle gespielt haben. Beispielsweise überschritt Kupfer an allen drei Standorten den Grenzwert der Gewässerschutzverordnung (bis zu 2,3fach). Im Eschelisbach war zusätzlich der Nitratwert über dem Grenzwert (1,5fach). Solche Überschreitungen konnten allerdings z. B. nicht im Lochgraben als EXT-Standort gemessen werden. Hier wurden ähnlich hohe Effekte auf Fischembryonen- und -larven wie im Eschelisbach gemessen.

Standorte mit landwirtschaftlicher und urbaner Landnutzung

Auch bei den AGR+URB-Standorten war bei allen Standorten ein chronisches Mischungsrisiko vorhanden (Tab. 3). Basierend auf den Ergebnissen der chemischen Analytik zeigte sich, dass an diesen Standorten meist nicht einzelne, sondern mehrere Stoffe hauptverantwortlich für chronische Einzel- und Mischungsrisikoquotienten ≥1 waren –im Landgraben waren das z. B. neun verschiedene Stoffe. Die ∑RQchem lag bei bis zu 1000, einem Vielfachen davon, was an AGR-Standorten gemessen worden war.
Das chronische Mischungsrisiko für Pflanzen war an drei Standorten, dem Furtbach, dem Landgraben und der Urtenen ≥1. Im kombinierten Algentest wurden bei den AGR+EXT-Standorten effektbasierte Schwellenwerte für PSII-und Wachstumshemmung im Landgraben und im Furtbach überschritten und jener für Wachstumshemmung an den Standorten Glatt und Urtenen (Tab. 2
und Fig. 3). Das heisst, die Risiken basierend auf chemischer Analytik und Biotests stimmten i.d.R. gut überein.

Für die Gruppe der Invertebraten war der chronische Mischungsrisikoquotient an allen fünf Standorten ≥1. Hier spiegelte sich dieses erhöhte Risiko kaum in den Ergebnissen der Biotests wider: Im Test mit Muschelkrebsen trat ein signifikant verringertes Wachstum der Testorganismen am Standort Boiron de Morges auf, auch wurde ein leicht verringertes Überleben der Testorganismen im Landgraben gemessen (Daten nicht gezeigt). Effektbasierte Schwellenwerte wurden jedoch nicht überschritten (Tab. 2). Meist waren mehrere Stoffe für ∑RQchem-Werte ≥1 verantwortlich: In der Glatt war es das Schmerzmittel Diclofenac und bei Boiron de Morges das Pyrethroid Permethrin und das Insektizid Fipronil. Beim Furtbach wurden das Pyrethroid lambda-Cyhalothrin, das Insektizid Fipronil, die Herbizide Metazachlor und Propyzamid und Diclofenac in Werten über dem chronischen Umweltqualitätskriterium gemessen und an der Urtenen die Pyrethroide Cypermethrin und Permethrin und die Insektizide Chlorpyrifos und Fipronil. Beim Landgraben kamen zu den bereits genannten Stoffen noch weitere dazu: die Pyrethroide Deltamethrin und Fenvalerat und das Insektizid Thiacloprid.

Für Vertebraten wurden basierend auf der chemischen Analytik chronische Mischungsrisiken an vier Standorten (Boiron de Morges, Furtbach, Glatt, Landgraben und Urtenen) identifiziert, wobei Landgraben (∑RQchem V = 950, hauptverantwortlich Deltamethrin) und Furtbach (∑RQchem V = 7, hauptverantwortlich Diclofenac) die höchsten Risiken aufwiesen. Beim Fisch-Embryo-Toxizitätstest wurden die höchsten sublethalen Effekte in Boiron de Morges, Furtbach und Landgraben gemessen, die Probe vom Landgraben bewirkte zudem eine Sterblichkeit von 50% und die Probe vom Furtbach eine Hemmung des Enzyms Acetylcholinesterase in den Fischembryonen und -larven (Tab. 2 und Fig. 4). Die gemessenen Effekte korrespondieren somit gut mit den chronischen Mischungsrisiken, obwohl es eigentlich Tests zur Bestimmung einer akuten Toxizität sind. Insgesamt erwies sich der Landgraben als am stärksten belasteter Standort.

Basierend auf den Ergebnissen der angewendeten Biotests und dem Vergleich mit der chemischen Analytik wurde ein Vorschlag für eine Biotestbatterie für weitere Montoringprojekte ausgearbeitet, der im Folgenden vorgestellt wird.

Biotestbatterie zum Monitoring von Oberflächengewässern

Für die Auswahl der Biotestbatterie lag der Fokus auf standardisierten und bald standardisierten Tests, da damit eine möglichst grosse Robustheit und Reproduzierbarkeit der Ergebnisse erzielt werden kann. Basierend auf den Ergebnissen der Messkampagne schlagen wir folgendes Set vor:

  • zwei bis vier Reportergentests (CALUX® Panel) z. B. für oxidativen Stress, östrogene Aktivität und Schadstoffmetabolismus
  • den kombinierten Algentest
  • den Fischzelllinientest und/oder Fischembryo-Toxizitäts-Test mit Zebrabärblingen über 120 Stunden
  • Einen Test mit Invertebraten, am besten Crustaceen, da diese in vielen Fällen die Organismengruppe mit den höchsten Mischungsrisiken darstellte. Hierfür kann z. B. der Fortpflanzungstest mit Wasserflöhen angewendet werden, die u. a. empfindlich auf viele Insektizide reagieren. Für Pyrethroid-Insektizide sind Amphipoden nach bisherigem Kenntnisstand die empfindlichste Gruppe, allerdings gibt es für diese Organismengruppe derzeit noch keinen standardisierten Biotest für Wasserproben. Daher sollte diese Insektizidgruppe weiterhin mit der chemischen Analytik erfasst werden. Zudem ist es wichtig, dass Biotests mit Amphipoden standardisiert werden.


Abhängig von der spezifischen Fragestellung kann die Testbatterie mit zusätzlichen CALUX®-Tests auf z. B. weitere endokrine Wirkungen, die Aktivität von polyfluorierten Alkylverbindungen und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen und/oder einem Test auf Mutagenität/Gentoxizität erweitert werden. Dies ist vor allem dann sinnvoll, wenn es Hinweise auf das Vorhandensein solcher Stoffe an den zu untersuchenden Stellen gibt. Insgesamt sollte die Auswahl von Biotests für eine Biotestbatterie zum Monitoring der Wasserqualität von Oberflächengewässern auf die projektspezifische Fragestellung und die verfügbaren finanziellen Ressourcen angepasst werden.

SCHLUSSFOLGERUNGEN

Ökotoxikologische Biotests ermöglichen die Bewertung von Schadstoffgemischen in Umweltproben, da nicht alle vorhandenen Stoffe gemessen werden können. Sie stellen als Screening-Werkzeuge und/oder Frühindikatoren eine wichtige Brücke zwischen der Exposition, d. h. den gemessenen Chemikalien, und den damit verbundenen Risiken für Wasserlebewesen und Effekten auf Organismen in der Umwelt dar. Zudem erlauben sie ein kosten- und zeiteffizientes Screening, um das Risiko bestimmter Stoffgruppen für Organismen in der Umwelt abzuschätzen und weitere Untersuchungen zu fokussieren.

Basierend auf den Ergebnissen dieses Projekts und von früheren Studien kann der Algentest als Screeningtool für Herbizideffekte empfohlen werden. Die Resultate zeigen eine gute Übereinstimmung mit der Chemie. Des Weiteren werden Fischzelllinientests bzw. Tests mit Fischembryonen und -larven empfohlen, da diese Biotests Risiken anzeigen, die durch die chemischen Messungen übersehen werden. Umweltproben mit unbekannter Zusammensetzung stellen für die chemische Analytik im Routinemonitoring häufig eine Herausforderung dar. Die Aussagekraft der chemischen Risikobewertung ist immer nur auf die gemessenen Konzentrationswerte und dazu passende Qualitätskriterien beschränkt. Bei den Invertebraten können im Moment vor allem die Wirkungen von Pyrethroid-Insektiziden nicht mit einem adäquaten Biotest abgedeckt werden, da keine standardisierten Biotests für Amphipoden als empfindlichste Organismengruppe vorhanden sind.

Die Studie hat somit auch gezeigt, wie wichtig weitere Standardisierungen und Validierungen von Biotests sind. Auch neue Methoden, wie z. B. molekulare Ansätze können zum weiteren Verständnis der Schadstoffwirkungen beitragen (s. auch Arbeiten im Projekt «Biomarker» [17]). Ebenso bedürfen die effektbasierten Schwellenwerte teilweise noch einer weiteren Validierung anhand von Studien mit Einzelstoffen und weiteren Feldstudien.

Bibliographie

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