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05. Dezember 2023

QUAGGAMUSCHEL

Prognose für betroffene Seen

Der Vergleich von drei Schweizer Seen mit den Grossen Seen Nordamerikas zeigt erstmals, dass sich die invasive Quaggamuschel auf beiden Kontinenten mit einer ähnlichen Dynamik ausbreitet. Das erlaubt Europa einen Blick in die Zukunft.

Die invasive Quaggamuschel hat bereits in zahlreichen Schweizer Gewässern Fuss gefasst. Für drei betroffene Schweizer Seen wurde nun erstmals eine Vorhersage erstellt, in welchem Ausmass sich die Quaggamuschel dort weiter ausbreiten wird. Untersucht wurde dies im Seewandel-Projekt im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen Forschenden des Wasserforschungsinstituts Eawag, der Universitäten Genf und Konstanz und anderen Institutionen.

Vordringen in tiefe Bereiche

Gemäss der Prognose dürfte die Biomasse pro Quadratmeter in Bodensee, Genfersee und Bielersee in den nächsten 22 Jahren um den Faktor 9 bis 20 anwachsen und die Quaggamuschel dürfte vermehrt auch in die tieferen Bereiche der Seen vordringen. In den tiefen Seen des Alpenvorraums wird eine vergleichbare Dynamik erwartet, wie sie in den Grossen Seen Nordamerikas beobachtet wird, wo die Quaggamuschel mehr als 20 Jahre früher als in Europa eingeschleppt wurde. Die Quaggamuschel sorgt hier wie dort für Probleme bei Wasserentnahmesystemen und Anlagen zur Wärme-/Kältenutzung, denn sie verstopft deren Rohre und verursacht so Schaden in Millionenhöhe. Darüber hinaus hat die Quaggamuschel die Nährstoffdynamik in den Grossen Seen verändert: Der Phosphorkreislauf wird nun durch die Populationsdynamik einer einzigen benthischen Art, der Quaggamuschel, gesteuert. In Seen, die bereits besiedelt sind, lässt sich die Dynamik aufgrund der Invasivität der Muschel nicht mehr aufhalten. «Das ist leider eine schlechte Nachricht für die tiefen Seen des Alpenvorraums, die von der Quaggamuschel betroffen sind», sagt der Biologe Piet Spaak, Schweizer Quaggamuschel-Spezialist, von der Eawag. Die Folgen liessen sich jedoch noch abfedern, indem etwa die Infrastruktur so gestaltet werde, dass die Muscheln und ihre Larven nicht eindringen können. «Gleichzeitig ist das aber auch eine Warnung für Seen, in denen die Quaggamuschel noch nicht gefunden wurde, wie der Zürichsee und der Vierwaldstättersee: Mit geeigneten Massnahmen, zum Beispiel einer Reinigungspflicht für Boote und gezielten Informationskampagnen, könnte hier die Ausbreitung in neue Gewässer noch verhindert werden.»

 

Blick über den Atlantik und Blick in die Zukunft

Während die Quaggamuschel in der Schweiz erst 2014 nachgewiesen wurde, breitet sie sich in den Seen Nordamerikas seit den späten 1980er-Jahren aus. In ihrer neuesten Publikation haben die Forschenden um Erstautor Benjamin Kraemer von der Universität Konstanz deshalb die Daten vom Beginn der Ausbreitung aus vier der fünf Grossen Seen Nordamerikas (Huron, Ontario, Michigan und Erie) mit Daten aus drei Schweizer Seen verglichen. Tatsächlich stimmen die Ausbreitungsmuster weitgehend überein. «Wir gehen deshalb davon aus, dass die Ausbreitung der Quaggamuschel in Europa mindestens ähnlich schnell erfolgen wird», so Kraemer. Wie in Nordamerika wird dieser Anstieg wahrscheinlich durch eine Entwicklung hin zu grösseren Individuen – und somit einer höheren Biomasse pro Fläche – und eine Verlagerung in grössere Tiefen gekennzeichnet sein. Kraemer sagt, dass «sich durch die Quaggamuschel die Sichttiefe des Wassers erhöht und Nährstoffe und Kohlenstoff durch den Aufbau ihrer Schale gespeichert werden». Es gibt noch viele Unbekannte, und die «endgültige Auswirkung der Quaggamuschel wird davon abhängen, wie sie mit dem Klimawandel und anderen zukünftigen Umweltveränderungen interagiert.»

 

Wasserforschungsinstitut Eawag

Kontakt: info@eawag.ch, erstellt von Annette Ryser

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