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01. März 2024

Wasserkraft und Flusslebensräume

Fokus auf Fische lässt andere Lebewesen ausser Acht

Eine Studie der TU München an fünf Standorten weist darauf hin, dass auch moderne Wasserkraftwerke die Ökologie von Fliessgewässern schädigen können. Da beim Kraftwerksbau nur auf die Durchlässigkeit für Fische geachtet werde, bleiben Kleinlebewesen, Wasserpflanzen oder Algen ausser Acht. Deren Lebensraum werde durch die erhöhte Wassertiefe und reduzierte Fliessgeschwindigkeit geschädigt. Laut der Studie sollten auch diese Faktoren zukünftig in die Planung von Kraftwerken einfliessen.

Eine Forschungsgruppe der TU München untersuchte an fünf Standorten in Bayern die Veränderungen der komplexen Lebensgemeinschaften in Flüssen nach dem Einbau von Wasserkraftwerken. An allen Standorten wurden signifikante Unterschiede der Lebensbedingungen beobachtet. Dies betreffe sowohl die Situation oberhalb und unterhalb der Kraftwerke als auch vor und nach dem Einbau. «Anders als erhofft und von den Betreibern auch prognostiziert, haben die neuen Kraftwerkstypen die Habitatbedingungen für strömungsliebende Arten nicht verbessert», konstatiert der Studienleiter Prof. Jürgen Geist vom Lehrstuhl für Aquatische Systembiologie an der TU München. Besonders bei der Nachrüstung bestehender Wehre, was mit weiteren Aufstauungen verbunden war, wurden negative Auswirkungen festgestellt.

Mehr Faktoren schon bei der Planung berücksichtigen

Studienobjekte waren nicht nur Fische, sondern auch Kleinlebewesen, Wasserpflanzen und der Algenbewuchs. Jürgen Geist zieht ein Fazit: «Bereits bei der Planung künftiger Anlagen müssen zusätzlich zur Frage der zum Teil erheblichen Schädigung von Fischen bei der Passage von Wasserkraftanlagen, auch die bisher vernachlässigten Auswirkungen auf den Lebensraum und das Nahrungsnetz berücksichtigt werden. Es geht dabei um die ökologische Durchgängigkeit und Verbindung von verschiedenen Flussabschnitten als wichtiges Kriterium für gesunde Flusssysteme».

Wassertiefe und Fliessgeschwindigkeit als wichtige Kriterien

Dämme und Wehre hätten ohnehin negative Auswirkungen auf die Artenvielfalt, so Geist, was durch bestimmte Kraftwerkstypen noch einmal verstärkt werde. Die Anhebung des Stauziels habe die Zahl der Larven von Eintagsfliegen, Steinfliegen und Köcherfliegen im wehrnahen Oberwasserbereich signifikant reduziert. Gemäss Geist verringere eine höhere Wassertiefe und reduzierte Fliessgeschwindigkeit in flussaufwärts gelegenen Bereichen den Austausch von sauerstoffreichem Wasser mit dem sogenannten Kieslückensystem am Gewässerboden. Der reduzierte Sauerstoffgehalt verschlechtert die Lebensbedingungen, insbesondere für anspruchsvolle Kleinlebewesen.

Publikation

Josef Knott, Melanie Mueller, Joachim Pander, Juergen Geist: Habitat quality and biological community responses to innovative hydropower plant installations at transverse in-stream structures erschienen in Journal of Applied Ecology (27.02.2024)

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