Viele Fragen beziehen sich auf die Schutzzone. Das erstaunt nicht, da Schutzzonenkonflikte oft ausschlaggebend dafür sind, dass der Versorgung die Konzession für die Trinkwassernutzung einer Quelle entzogen wird. Es kommen aber auch Fragen zu überliefertem Wissen, zu denen ich keine Antwort habe – beispielsweise zum Einfluss des Vollmonds auf die Quellschüttung. Solche Fragen zeigen aber, dass Quellen nicht nur für die Wasserversorgung eine grosse Bedeutung haben, sondern auch tief in unserer Kultur verankert sind. Es sind jahrhundertealte Traditionen und Praktiken, die gerade bei Quellen noch heute gelebt werden.
Quellwasser darf nur als Trinkwasser genutzt werden, wenn eine rechtskräftige Schutzzone besteht. Bei Konflikten in der Schutzzone wird vom Vollzug verlangt, dass die Mängel beseitigt und nicht etwa über eine Aufbereitung abgesichert werden. Das kann dazu führen, dass die Quellen aufgegeben werden, weil keine konforme Schutzzone ausgeschieden werden kann. Auch der Klimawandel trägt dazu bei, dass Quellen an Bedeutung für die Versorgung verlieren. Die Verfügbarkeit von Quellwasser ist vielerorts gegenläufig zur Nachfrage. Im Winter ist die Schüttung gross und im Sommer geht sie zurück. Genau dann also, wenn man auf die zusätzliche Ressource angewiesen wäre. Mit zunehmenden Trockenperioden verschärft sich diese Diskrepanz zusätzlich.
Oft zeigt sich bei der Erarbeitung des generellen Wasserversorgungsprojekts (GWP), dass Quellschüttungen nicht genügend hoch sind, um eines der zwei geforderten Standbeine einer Wasserversorgung abzudecken. Hat die Versorgung dann Quellfassungen, die saniert werden müssen, stellt sich schnell die Frage, ob der Erhalt überhaupt wirtschaftlich ist. Das lässt sich auf den ersten Blick einfach berechnen: Was ist der Kubikmeterpreis des Quellwassers im Vergleich mit anderen Wasserquellen? Vielerorts lohnt sich der Erhalt der Quellen rein monetär betrachtet nicht. Vor allem dann nicht, wenn zusätzlich ein zweites Standbein für die Wasserversorgung erschlossen werden muss. Bezieht man aber weitere Aspekte in die Betrachtung mit ein, zeichnet sich ein anderes Bild. Quellwasser muss oft nicht gepumpt werden und kann ohne grossen Energieaufwand ins System gespeist werden. Neben dem Nachhaltigkeitsaspekt können solche Quellen auch sehr wertvoll sein für die Versorgung in schweren Mangellagen (VTM), da sie auch bei Stromausfall Wasser liefern. Quellen haben zudem beispielsweise in Bezug auf Spurenstoffe meist ein anderes Risikoprofil als Grund- und Oberflächenwasser, was sie zu einer sinnvollen Ergänzung für eine Versorgung machen kann. Und zu guter Letzt darf man den emotionalen Wert einer Quelle nicht ausser Acht lassen: Bei der Bevölkerung hat das Quellwasser einen guten Ruf.
Das grösste Risiko ist: Weg ist weg. Wurde die Quelle samt Schutzzone einmal aufgegeben, wird man diese sehr wahrscheinlich nie mehr für die Trinkwassergewinnung nutzen können. Immer öfter wird zudem verlangt, dass die Quelle revitalisiert wird. Das kann auch Kosten auslösen. Es braucht zudem eine Lösung für das abfliessende Quellwasser. Nicht überall kann man dieses mit der vorhandenen Landnutzung und Infrastruktur wie einst natürlich aus dem Boden sprudeln lassen. Auch die Aufgabe einer Quelle muss daher gut geplant werden.
Quellen waren schon immer sehr wichtig für die Trinkwasserversorgung. Es erstaunt daher nicht, dass im Mittelland praktisch alle Quellfassungen, die sich für die Trinkwasserversorgung eignen, bereits gefasst wurden. Aus meiner Erfahrung sind die Erschliessungen von neuen Quellen daher in dicht besiedelten Regionen eher selten und aufgrund der Anforderungen an Schutzzonen auch schwierig. Natürlich gibt es hier von Kanton zu Kanton Unterschiede, da diese die Konzessionen erteilen. Die Situation präsentiert sich auch im alpinen Raum anders, wo im Gegensatz zum Mittelland noch vermehrt neue Quellen gefasst werden.
Wir sind uns oft gar nicht bewusst, was für ein Luxus Quellwasser ist. Das Erstaunen bei den Kolleginnen und Kollegen im Ausland ist jeweils gross, wenn sie erfahren, dass wir Quellwasser in der Schweiz ohne Aufbereitung als naturnahes Trinkwasser abgeben können.
Dieses Interview erschien zuerst im Wasserspiegel (Ausgabe 01/2025).
![]() |
Corine Uhlmann hat an der ETH Umweltingenieurwissenschaften studiert und ist heute als Technologieleiterin Wasserversorgung bei der Holinger AG tätig. In ihrer Funktion verbindet sie verschiedene Abteilungen und Länder innerhalb von Holinger. Während ihr Fokus früher auf der Erarbeitung von GWPs und QS-Systemen lag, rückt heute das Thema Aufbereitung und Anlagenbau stärker in den Vordergrund. Sie unterrichtet im Brunnenmeisterkurs des SVGW die angehenden Brunnenmeisterinnen und -meister zum Thema Quellen. |
«AQUA & GAS» gibt es auch als E-Paper. Abonnenten, SVGW- und/oder VSA-Mitglieder haben Zugang zu allen Ausgaben von A&G.
Den «Wasserspiegel» gibt es auch als E-Paper. Im SVGW-Shop sind sämtliche bisher erschienenen Ausgaben frei zugänglich.
Kommentare (0)