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Fachartikel
10. November 2025

Reservoir Gantenstein

Trinkwasserspeicher aus Edelstahl

Das Reservoir Borscht in Schellenberg musste aufgrund seines zu klein gewordenen Volumens ersetzt werden. Um auch die unzureichenden Druckverhältnisse zu verbessern, beschloss die Wasserversorgung Liechtensteiner Unterland (WLU), den Neubau an einer höheren Lage zu erstellen. Das neue Reservoir «Gantenstein» besteht aus zwei Edelstahlbehältern à 280 m3 mit einer Gebäudeumhausung.
Georg Matt 

Das nun ausser Betrieb stehende alte Reservoir Borscht im liechtensteinischen Schellenberg wurde 1932 mit einem Wasservolumen von 240 m3 erstellt. Mit 679 m ü. M. war es das höchstgelegene Reservoir im Gebiet der Wasserversorgung Liechtensteiner Unterland (WLU). Die Höchstzone wies Betriebsdrücke zwischen 2 und 12,5 bar auf. Im etwas höher gelegenen Gebiet waren die Betriebsdrücke im Normalfall also knapp ausreichend, im Brandfall jedoch eingeschränkt. Zudem war das Reservoirvolumen nicht mehr ausreichend. Gespeist wurde das Reservoir mittels Pumpen von den beiden tiefer liegenden Reservoiren samt Pumpwerken Oxner und Spitaler. So die Ausgangslage des Reservoirs Borscht.

Die Versorgungssicherheit, die Betriebsdrücke und die Abdeckung eines Brandfalls sollten verbessert werden. Erhöht werden sollten sowohl das Speichervolumen von bislang 240 m3 auf neu 560 m3 als auch der Standort um rund elf Meter und damit die Betriebsdrücke im Versorgungsnetz um gut 1 Bar. Im Brandfall kann zusätzlich von zwei unabhängigen, tiefer gelegenen Druckzonen Wasser mit je zwei Pumpen hochgepumpt werden (2 × 370 l/min und 2 × 480 l/min). Laufen alle vier Pumpen, können bis zu 1500 l/min. gefördert werden.

Ein Neubau sollte die Versorgungssicherheit der Höchstzone sowie der Hochzone, insbesondere in der Gemeinde Schellenberg, die in den vergangenen Jahren stetig wuchs, erhöhen. Das neue Reservoir dient der Wasserbereitstellung für Brauch- und Löschwasser sowie der Druckhaltung der Höchstzone der WLU. Mit der Wasserspeicherung soll der Ausgleich zwischen Einspeisung und Wasserentnahme gewährleistet werden, zudem sollen Reserven für Notfälle (z. B. Brandfall) bereitgehalten werden.

Standort - Einbindung

Namensgeber des neuen Reservoirs war das Gebiet seines neuen Standorts: Gantenstein in der Gemeinde Schellenberg. Die Bauarbeiten für die Erschliessungsleitungen begannen im April 2023. Dabei handelte es sich um Hauptleitungen mit Nennweite 150 mm, über die der neue Behälter einerseits in das Netz bei der Strasse Obergut und andererseits in das Netz bei der Strasse Hinterschloss eingespeist wird.

Vorwiegend wird während der Nacht Quellwasser von den Eschner- und Gamprinerquellen aus dem Reservoir Oxner in Mauren hochgepumpt. Im Bedarfsfall, z. B. Brandfall, kann auch Wasser in die Hochzone von Schellenberg und Gamprin abgelassen werden.

Der neue Behälter

Mit der Wahl des Speichertyps für das neue Reservoir Gantenstein betrat die WLU Neuland. Während der Planungsstudie fiel der Entscheid auf zwei Edelstahltanks mit einer Wandstärke von 4 mm (Werkstoff V4A – 1.4404) in einem Holzgebäude (Fig. 1 und 2). Die Vorteile der Edelstahltanks übertrafen die der klassischen Erdbehälter: weniger Felsaushub, Erhöhung des Netzdruckes durch die Wasserspiegellage, Oberfläche der Wasserkammern sowie mutmassliche Lang­lebigkeit. Ein weiterer Grund, die Variante Edelstahltanks zu bevorzugen, waren die langjährigen Erfahrungen mit Edelstahltanks in der Lebensmittelindustrie.

Mittels Ausschreibung wurde ein im Behälterbau versiertes Unternehmen gesucht, entscheidend sollten Qualität und Referenzen sein. In Liechtenstein und in der Schweiz war kein Unternehmen zu finden, das Erfahrungen mit solchen Behälterbauten vorweisen konnte. In Süddeutschland, wo solche Reservoire vermehrt realisiert werden, wurde die WLU fündig. Das beauftragte Unternehmen aus dem Allgäu bestach nicht zuletzt durch seine sehr guten Referenzen.

Selbst für Fachleute nur schwer vorstellbar – für Laien erst recht –, wurden die auf Coil angelieferten 4 mm dünnen und 1,50 m hohen, sperrigen Bleche im Radius von genau 9 m zehntelmillimetergenau senkrecht aufeinandergestellt und innen wie aussen gleichzeitig sehr sauber verschweisst – und dies auf einem Boden mit Gefälle.

Das Reservoir Gantenstein weist eine nutzbare Wassertiefe von 4,40 m auf und ist in zwei zylindrische Edelstahlbehälter von je 280 m3 aufgeteilt. Beide sind mit einem vollautomatischen Reinigungs­system ausgestattet. Die beiden hermetisch geschlossenen Tanks können parallel (Normalbetrieb) oder einzeln (Wartungsbetrieb) betrieben werden. Die Wasserbehälter wurden mit einem gut isolierten Holzbau in der Grösse von ca. 14 m × 24 m eingehaust. Das Dach wurde als Gründach ausgeführt. Mit der Baugrube, die ausschliesslich im Felsen lag, wurde im September 2023 begonnen. Noch vor Weihnachten war die Gebäudehülle fertiggestellt. Die gesamte Anlage wurde am 22. Juli 2024, nach dem Vorliegen der positiven Laborbefunde, ihrer Bestimmung übergeben (Fig. 3–6).

 

Aufgrund Simulationen zum Wärmeaustausch dürfte das Volumen der Tanks auf Temperatur und Kondensation nur einen minimalen Einfluss haben. Die Wassermasse in den Tanks macht das ganze System sehr träge. Somit sollten die Temperaturen nur bei sehr langen Hitze- oder Kälteperioden leicht von der normalen Temperatur abweichen. Die Zufluss- bzw. die Durchflussrate sowie die Temperatur des zufliessenden Wassers hat auf die Temperatur der Tanks den grössten Einfluss. Empfohlen wurde lediglich ein Mindestdämmstandard der Gebäudehülle, aber die WLU entschied sich trotzdem für einen Minergie-Standard. Dies, obschon der Einfluss der Dämmstärke auf die Tanktemperatur gering ist. Die Wassertemperaturschwankung in den Behältern wird laufend gemessen und aufgezeichnet. Sie unterliegt trägen, jahreszeitlich bedingten Schwankungen zwischen 8 und 18 Grad. Diese Schwankungen wurden auch schon beim alten, klassischen Erdbehälter im gleichen Ausmass über mehrere Jahre gemessen.

Da nur die Dichtheit der Gebäudehülle (Aussenluftwechsel) die Kondensat­menge bestimmt, wurde eine möglichst dichte Gebäudehülle realisiert.

Aufgrund des erwähnten Druckanstieges von gut 1 Bar konnte nicht ausgeschlossen werden, dass dies bei der Inbetriebnahme der neuen Behälter zu Rohrbrüchen und/oder Leckstellen im Netz von Schellenberg mit einer Länge von gut 26 km führen würde. Aufgrund dessen wurden alle von dieser Druckerhöhung betroffenen Kundinnen und Kunden darüber informiert, dass sie auffällige Geräusche an den Wasserinstallationen umgehend der Wasserversorgung melden sollen.

Es wurden keine Schäden gemeldet, das Netz blieb auch nach der Umstellung nachweislich dicht. Dies weiss die WLU wegen der täglichen Ablesungen aller Wasserzähler in den Gebäuden ihrer Kunden: Wie viel Wasser abgegeben respektive wie viel Wasser eingespeist wird, ist also durchaus bekannt.

Der durchschnittliche Tagesverbrauch in dieser Druckzone beträgt rund 180 m3. Würde sich in dieser Druckzone die Differenz, also der Verlust, zum Beispiel lediglich auf 20 m3 pro Tag erhöhen (von normalerweise sehr wenigen Kubikmetern an Wochenenden), was bei 10 Bar Druck einer Leckgrösse von rund 4 mm entspräche, wäre dies für die WLU bereits ein Alarmzeichen für Leckagestellen, nach denen umgehend gesucht werden würde.

Baukosten

Für diesen Reservoirneubau wurden 2 150 000 Franken, für die Erschliessungsleitungen 700 000 Franken veranschlagt. Der Gesamtkostenvoranschlag betrug somit rund 2,8 Mio. Franken. Erfreulicherweise konnten die veranschlagten Kosten für beide Positionen eingehalten werden. Der Behälter wurde mit 2 115 000 Franken abgerechnet. Dies lag nicht zuletzt an den tadellosen und einwandfreien Arbeiten, welche die beauftragten Unternehmen zu den vereinbarten Konditionen ablieferten. Ohne deren Tatkraft wäre es nicht möglich gewesen, dieses Schmuckstück zu realisieren.

Der alte Behälter «Borscht»

Das alte Reservoir Borscht wird belassen. Es dient fortan als Notreserve für Mangellagen und als zusätzlicher Behälter für Löschwasser.

Allgemeine Bemerkungen

Der Neubau des Reservoirs verlief reibungslos. Zu verdanken ist dies auch dem beauftragten, versierten und ortsansässigen Ingenieurbüro. Der Leistungsauftrag beinhaltete im Wesentlichen ein Rundum-sorglos-Paket für die Bauherrin. Die vorab durchgeführten gemeinsamen Besichtigungen ähnlicher Behälter im Allgäu und das Verständnis des Ingenieurbüros für die Belange der Bauherrin haben zu diesem grossartigen Werk geführt. Bisher weiss der Brunnenmeister nur von positiven Erfahrungen zu berichten.

Mit dem Neubau hat die WLU einen weiteren wichtigen Schritt in der Versorgungssicherheit für die Unterländer Gemeinden gemacht – speziell für die Gemeinde Schellenberg – und damit eine weitere Lücke im Sicherheitsdispositiv der Trinkwasserversorgung geschlossen.

Entstehung des Neubaus im Zeitraffer

Aussengebäude (Video)

Innenausbau (Video)

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