Die Wasserversorgung muss als Lebensmittelbetrieb im Rahmen der betrieblichen Selbstkontrolle die Trinkwassersicherheit gewährleisten. Sie ist dabei darauf angewiesen, dass das Grundwasser, das sie zur Trinkwassergewinnung nutzt, die qualitativen Anforderungen der Gewässerschutzgesetzgebung erfüllt. Aufgrund der grossen Bedeutung von Grundwasser für die Trinkwassergewinnung sieht die Gewässerschutzverordnung ausdrücklich vor, dass die Grundwasserqualität so beschaffen sein muss, dass das Wasser nach Anwendung einfacher Aufbereitungsverfahren die Anforderungen der Lebensmittelgesetzgebung einhält. Als einfaches Aufbereitungsverfahren gilt beispielsweise eine Entkeimung mittels UV-Anlage. Damit diese Qualität gewährleistet ist, muss das Grundwasser nicht nur vor mikrobiologischen, sondern insbesondere vor chemischen Verunreinigungen geschützt werden, da sich chemische Verunreinigungen nicht mit einfachen Aufbereitungsverfahren aus dem Rohwasser entfernen lassen. Damit es gar nicht zu Verunreinigungen kommt, stehen verschiedenen Instrumente zum vorsorglichen Schutz der Ressource bereit. Diese beinhalten die Grundwasserschutzzonen, die im fassungsnahen Bereich vor allem vor mikrobiologischen Verunreinigungen schützen, und den Zuströmbereich, der dem Schutz vor chemischen Stoffen dient, welche von weiter weg stammen. In diesen Gebieten gelten Nutzungsbeschränkungen, die Verunreinigungen des Grundwassers und damit eine Gefährdung der Trinkwassersicherheit verhindern sollen.
Die planerischen Instrumente sollen zwar die Ressource vorsorglich schützen, dennoch können Gefahren in diesen Gebieten bestehen, die ein Risiko für die Trinkwasserversorgung darstellen. Die periodische Gefahrenanalyse der Wasserressource ist deshalb ein zentrales Element der Selbstkontrolle. Denn um allfällige Risiken zu evaluieren, muss zuerst einmal bekannt sein, woher das genutzte Wasser stammt. Das Fassungseinzugsgebiet grenzt das Gebiet ab, von dem das Grundwasser zu einer Grundwasserfassung, d.h. Quell- oder Brunnenfassung, gelangen kann. Diese Grundlage ist Voraussetzung, um in diesem Gebiet Gefährdungen, denen die Trinkwasserressourcen ausgesetzt sind, zu erkennen. Dabei können beispielsweise von ober- und unterirdischen Bauten und Anlagen wie Siedlungen, Strassen, Tankstellen, Deponien oder Abwasseranlagen Gefahren ausgehen. Auch Bohrungen für Wärmesonden oder Geothermieanlagen sowie deren Betrieb stellen eine Gefahr für die Wasserversorgung dar. Aber auch Oberflächengewässer, insbesondere in Kombination mit Naturgefahren wie Trockenheit oder Hochwasser, oder auch Renaturierungen können eine Gefahr für das Trinkwasser sein. Und nicht zuletzt landwirtschaftliche Tätigkeiten und die Waldwirtschaft können ein Risiko für die Trinkwasserversorgung darstellen. Es ist für die Wasserversorgung nicht immer einfach, all diese Gefahren zu identifizieren und im Qualitätsmanagement zu handhaben, insbesondere wenn diese ausserhalb der Schutzzonen im Fassungseinzugsgebiet liegen. Neben einer Begehung vor Ort können digitale Karten von Bund und Kantonen hilfreich dabei sein, vorhandene, möglicherweise gefährdende Tätigkeiten, Anlagen, Objekte oder Nutzungen zu lokalisieren. Gerade Brunnenmeisterinnen und Brunnenmeister können einen wichtigen Beitrag bei der Lokalisierung von Gefahren leisten. Wird gerade an einem Ort gebaut? Hatte man in der Vergangenheit schon Probleme mit einer Abwasserleitung? Wo kam es beim letzten Hochwasser zu Überschwemmungen? Solche Informationen sind äusserst hilfreich und sollten, wenn immer möglich, in die Analyse einbezogen werden.
Sind die Gefahren bekannt, kann in einem zweiten Schritt ihr jeweiliges Risiko bewertet werden. Das Risiko, das von Anlagen oder Nutzungen bzw. Tätigkeiten ausgeht, hängt einerseits vom Schadensausmass ab, welches sie verursachen könnten, und andererseits von der Wahrscheinlichkeit, mit welcher ein gefährdendes Ereignis eintritt. Wie zahlreich oder häufig ist ein bestimmtes Ereignis? Dementsprechend geht nicht von jedem Nutzungskonflikt ein gleich grosses Risiko für die Trinkwassernutzung aus. Das Risiko, das von einer Gefahrenquelle wie einer Strasse neben einer Trinkwasserfassung ausgeht, hängt beispielsweise davon ab, wie stark sie befahren wird, auf welche Art die Strassenentwässerung realisiert wurde, in welchem Zustand die Strasse ist und welche geologische Beschaffenheit der Untergrund aufweist. Zwar lassen sich Risiken, die infolge vorhandener Gefährdungen für die Wasserversorgung bestehen, nicht exakt kalkulieren. Eine nachvollziehbare Abschätzung der Risiken ist dennoch wichtig, damit Massnahmen zur Risikobeherrschung am richtigen Ort und mit einer wirkungsvollen Priorisierung getroffen werden. Je besser die Grundlagen zur Bewertung sind, desto mehr Sicherheit kann bei der Risikoabschätzung erreicht werden.
Mit der W2 «Richtlinie für die Qualitätssicherung in Grundwasserschutzzonen» bietet der SVGW bereits heute eine Grundlage, um Gefahren in der Schutzzone zu identifizieren und deren Risiko zu bewerten. Die W2 wird aktuell überarbeitet und deckt künftig bezüglich der Qualitätssicherung nicht nur die Schutzzonen, sondern das gesamte Fassungseinzugsgebiet ab. Die revidierte W2, die voraussichtlich Anfang 2026 in Kraft gesetzt wird, zeigt die rechtlichen Vorgaben und Instrumente des planerischen Grundwasserschutzes für die Trinkwasserversorgung auf. Sie thematisiert den Umgang mit den verschiedenen Instrumenten des planerischen Gewässerschutzes, wie Grundwasserschutzzonen und Gewässerschutz- und Zuströmbereiche. Insbesondere erläutert sie, wie die Gefahrenanalyse der Wasserressourcen gemäss den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen durchgeführt und dokumentiert werden kann und wie deren Ergebnisse in das betriebliche Selbstkontrollkonzept der Wasserversorgung einbezogen werden. Die Richtlinie enthält zudem zwei Arbeitshilfen zur Durchführung der Gefahrenanalyse für Wasserressourcen und erläutert die Weiterbearbeitung der Ergebnisse dieser Gefahrenanalyse.
Dieser Artikel ist zuerst im Magazin Wasserspiegel erschienen.
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